Hall George

Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch


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      Lully war ein talentierter Musiker, Tänzer und Schauspieler, und dies zeigt sich in seinen Kompositionen. Anstatt nur die Sänger zu begleiten, unterstreicht Lullys Orchester die Dramatik seiner Werke, kommentiert die Handlung der Figuren und schafft ein Gefühl von Ort und Anlass. Sein früheres Ballet des Muses (1666) nahm die Entstehung des Concertos vorweg, indem es instrumentale Solo- mit Orchesterpassagen abwechselte.

      Beispiele für Komplexität und Virtuosität finden sich viele in Der Bürger als Edelmann, besonders im flotten Austausch der Figuren, in den wirbelnden Violinen- und Flötenornamenten der spanischen Melodien und den prunkvollen Ausschmückungen der Ouvertüre. In den fünf Akten nutzt Lully die unterschiedlichsten Mittel, von beliebten Tanzformen wie Gigue und Menuett über Trinklieder bis hin zu einem grandiosen »türkischen« Marsch mit auffälligem Einsatz des Schlagwerks. Obwohl Lully den musikalischen »Orientalismus« nicht erfand, wird ihm seine Verbreitung im 18. Jahrhundert zugeschrieben. Lullys Ouvertüren, orchestrale, marschartige Einleitungen, die Gelegenheit für royale Huldigung boten, waren lange Zeit stilbestimmend.

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      Als fähiger Violinist trat Lully mit seinen eigenen Werken auf. Man nimmt an, dass er der Mann mit der Violine in François Pugets Gemälde von 1688 ist.

       Auftritt als Dirigent

      Lullys größere Instrumentierung mit fünf Stimmen für Streicher, Holzbläser und Schlaginstrumente machte Der Bürger als Edelmann zu einem der ersten Musikstücke, bei denen ein Dirigent nötig war, um das Timing von Sängern und Orchester zu koordinieren. In der Tat zeigt eine Radierung von Lullys späterer Oper Alceste, die 1674 uraufgeführt wurde, einen Mann, der mit einem Stab auf den Boden klopfend den Takt angibt. Unglücklicherweise war es diese energische Methode der musikalischen Regieführung, die Lullys vorzeitigen Tod herbeiführte. Er starb im März 1687 an einer brandigen Wunde, die er sich durch einen Schlag auf den Zeh beim Dirigieren seines eigenen Te Deum zuzog. image

       Jean-Baptiste Lully

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      Giovanni Battista Lulli wurde 1632 in eine florentinische Müllerfamilie geboren und begann seinen Aufstieg in der französischen Gesellschaft, als er im Alter von 14 Jahren eine Stelle als Diener am französischen Hof erlangte. Er erregte die Aufmerksamkeit Ludwigs XIV., mit dem er später bei höfischen Anlässen tanzte. Ab 1661 war er für die höfische Musik zuständig, woraufhin er seinen Namen französisierte. Durch sein Monopol auf die französische Oper (Tragédie en musique) konnte er eigene Werke häufig aufführen. Bis zu seinem Tod 1687 schrieb er auch Kammer- und Sakralmusik.

       Weitere Hauptwerke

      1663 Miserere mei Deus

      1674 Alceste

      1677 Te Deum

      1686 Armide

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      ER HATTE EIN … GENIE, DIE ENERGIE DER ENGLISCHEN WORTE AUSZUDRÜCKEN

      DIDO AND AENEAS (UM 1683–1689), HENRY PURCELL

       IM KONTEXT

      SCHWERPUNKT

       Barockoper in England

      FRÜHER

      1617 Lovers Made Men, ein Maskenspiel von Ben Jonson, wird von Nicholas Lanier im italienischen Rezitativstil vertont.

      1656 The Siege of Rhodes gilt als erste englische Oper, erscheint jedoch als »Rezitativmusik«, um das puritanische Theaterverbot zu umgehen.

      Um 1683 John Blows Venus and Adonis wird am Hof Karls II. uraufgeführt.

      1685 Albion and Albanius, mit einem Libretto von John Dryden, ist die erste erhaltene englische Oper in voller Länge.

      SPÄTER

      1705 Jakob Grebers Gli amori d’Ergasto ist die erste in London aufgeführte italienische Oper.

      1711 Händels Oper Rinaldo wird uraufgeführt.

      »Bei kaum einer Oper offenbart sich Genie so sehr wie bei Dido and Aeneas.«

       Gustav Holst

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      Verächtlich schauende Puritaner und extravagant gekleidete Cavaliers in einer Kneipenszene aus dem 17. Jh. Cromwell schloss viele Kneipen und Theater, die er Bastionen »lüsterner Freude« nannte.

      Die Größe von Henry Purcells (1659–1695) Dido and Aeneas liegt in der Perfektion seiner Charaktere und in der musikalischen Tiefe. Obwohl als Kammeroper konzipiert, ist es die bedeutendste frühe englische Oper und ein Meisterwerk der Barockzeit.

      Als Dido and Aeneas im späten 17. Jahrhundert komponiert wurde, steckte die Oper in England noch in den Kinderschuhen. Die Oper hatte sich um 1590 in Florenz aus einer Form der Privatunterhaltung entwickelt, die von Künstler- und Musikergruppen organisiert wurde, die als »Akademien« bekannt waren. Von dort breitete sie sich durch Aufführung an vielen kleinen Höfen in ganz Italien aus. Erst mit der Eröffnung des Teatro di San Cassiano 1637 in Venedig wurden Opern für die breitere Öffentlichkeit zugänglich. Zu dieser Zeit hatte das neue Genre auch Deutschland sowie um 1640 Frankreich erreicht und sich in beiden Ländern schnell etabliert.

      In England schritt die Oper langsamer voran, teilweise aufgrund von Vorbehalten gegenüber gesungenen Dramen, da hier das gesprochene Drama vorherrschte. England fehlte auch ein königlicher Hof, an dem sich eine Operntradition hätte bilden können, da der künftige König Karl II. nach der Niederlage der Cavaliers (Royalisten) im Englischen Bürgerkrieg (1642–1651) und der Errichtung eines Protektorats unter der Herrschaft des Puritaners Oliver Cromwell ins Exil geflüchtet war. Zu dieser Zeit waren englische Komponisten wenig fremden Einflüssen ausgesetzt, und ihre Musik war national geprägt. Formen wie das Verse-Anthem, bei dem Solostimmen und Chor abwechselnd sangen, wurden in der anglikanischen Liturgie bevorzugt. Zur weltlichen Musik gehörte der »Catch«, ein einfacher, oft derber Kanon, der meist in Kneipen gesungen wurde und keine direkte Entsprechung auf dem Kontinent hatte.

       Mysteriöse Entstehung

      Die Wiederherstellung der Monarchie unter Karl II. im Jahr 1660 brachte England näher an Europa und dessen Musik. Dies beeinflusste Purcell, der im Alter von 16 Jahren begann, meisterhafte Anthems und Lieder zu schreiben.

      Überraschend wenig ist zur Entstehung von Dido and Aeneas bekannt. Die frühesten erhaltenen Manuskripte entstanden mehrere Jahrzehnte nach Purcells Tod, und einiges Material, wie die Musik für den Prolog seines Librettisten Nahum Tate, ging verloren. Auch Zeit und Ort der Erstaufführung ist ein Rätsel. Obwohl es eine Aufführung im Josias Priests Mädcheninternat in Chelsea in den späten 1680er-Jahren gab, glauben einige, dass das Werk ursprünglich für den Hof Karls II. in Auftrag gegeben wurde. Es gibt jedoch keinen Beweis für eine Aufführung im betreffenden Zeitraum (1683/84). Josias Priest war selbst Choreograf und Tanzmeister, der Purcell von gemeinsamen Bühnenproduktionen kannte. John Blows Venus and Adonis, das Vorbild für Dido and Aeneas