Jack Scarlatti weiter führen wird!"
"Fragen Sie ihn doch am besten selbst. Ich nehme an, dass er Fax und Telefon hat."
"Sie können uns da nicht weiter helfen?", hakte ich nach.
"Tut mir leid. Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Jack und ich waren privat ein Paar - aber in seine Geschäfte hatte ich keinen Einblick. Da war Jack sehr konservativ. Mit Frauen redete er aus Prinzip nicht über das Business."
"Dass er so ein Macho war, hat Sie nicht gestört?"
"Er war ein Gentleman. Ein wunderbarer Mann, der einer Frau jeden Wunsch von den Augen ablesen konnte!"
Das Timbre ihrer Stimme vibrierte leicht. Ihr Gesicht wirkte traurig. Aber mein Instinkt sagte mir, dass sie übertrieb.
Milo ergriff das Wort. "Hat Jack Scarlatti irgendwann einmal den Namen Alex Shkoliov erwähnt?"
"Wer soll das sein?"
"Jemand, der geschäftliche Differenzen mit Jack Scarlatti hatte", erklärte Milo. "Wenn man es so ausdrücken will.
"Sie meinen, dieser Shkoliov steckt hinter dem Anschlag?"
"Einige Mitglieder der Scarlatti-Familie scheinen das anzunehmen. Und jetzt erzählen Sie mir nicht, dass Sie von der explodierten Villa auf den Brooklyn Heights nichts gehört haben! Die Nachrichten waren voll davon."
"Seit Jacks Tod habe ich den Fernseher nicht mehr eingeschaltet", murmelte Evita Jackson mit leiser, belegter Stimme. "All diese reißerischen Bilder von Gewalt, Tod und Verbrechen... Wissen Sie, wenn man selbst von davon betroffen ist, dann kann man sich so etwas einfach nicht mehr ansehen."
Sie schluchzte leise.
Milo warf mir einen Blick zu. Ein Blick, der nichts anderes sagte als: "Es hat keinen Sinn, Jesse!"
Aber ich dachte noch nicht daran aufzugeben.
Aus der Innentasche meiner Lederjacke holte ich ein paar Fotos. Sie zeigten den langen Westernmantel sowie das Kreuzamulett mit dem gehörnten Skelett, die die SRD-Kollegen auf dem untersten Deck des Parkhauses gefunden hatten.
"Auch, wenn es schwer fällt: Sie müssen sich noch einmal an den Augenblick des Überfalls erinnern..."
"Ich denke dauernd daran, Mister..."
"Trevellian."
"Diese Typen in ihren lächerlichen Mänteln stehen mir immer vor Augen. Das Grinsen in ihren Gesichtern. Man konnte nur die Mundpartie sehen, der Rest war bedeckt. Aber das habe ich alles schon ausgesagt."
"Könnte das einer der Mäntel gewesen sein, die bei dem Attentat benutzt wurden?"
Sie sah sich die Bilder an und nickte.
"Ja, schon möglich. Warten Sie..." Sie stockte, dann deutete sie auf einen Aufnäher, der sich in Höhe der Schulter befand. "Fuck U!!" stand darauf. "Daran erinnere ich mich. Ja, diesen Mantel hat der Typ getragen, der mich dazu zwang, Jack die Brieftasche abzunehmen, als er schon tot war..."
Wenn Evita Jacksons Aussage der Wahrheit entsprach, brachte uns das ein ganzes Stück weiter. Möglicherweise hatte Rico Jarmaine doch mehr mit der Sache zu tun, als er uns hatte glauben machen wollen.
"Gegenüber den Kollegen haben Sie nur erklärt, auf dem Helm des Haupttäters habe 'Wild Eagle' gestanden."
"Ja, das ist richtig. Aber das mit Aufnäher ist mir jetzt erst wieder eingefallen, als Sie mir das Foto gezeigt haben."
"Und was ist mit diesem Kreuz?", hakte Milo nach. "Hat der Kerl so etwas vielleicht auch getragen."
"So etwas habe ich nie gesehen."
"Haben Sie eine Ahnung wer Los Santos sind?", fragte ich.
"Es ist Spanisch und bedeutet 'die Heiligen'."
"Sie sprechen Spanisch?"
"Meine Mutter ist Puertoricanerin." Sie sah mich an. "Wer sind diese sogenannten Heiligen?"
"Eine Gang aus der Bronx, die mit dem Attentat in Zusammenhang steht."
"Wenn Sie schon so viel über die Hintergründe von Jacks Tod wissen, dann verstehe ich nicht, weshalb Sie Ihre Zeit hier bei mir verschwenden, G-man! Fahren Sie in die Bronx und nehmen Sie die Schuldigen fest. Ich hoffe, man gibt ihnen die Giftspritze!"
Ich reichte der jungen Frau eine Karte. "Hier, vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas ein. Es könnte sein, das wir noch einmal mit Ihnen sprechen müssen."
"Und ich hoffe, dass bei Ihrer Arbeit endlich etwas herauskommt!"
12
"Die G-men sind weg! Du kannst rauskommen, Oleg!", sagte Evita Jackson aufatmend.
Ein breitschultriger Mann mit dunklem Vollbart trat in das Wohnzimmer. Er hatte vom Bad aus Evitas Unterhaltung mit den beiden FBI-Agenten mitangehört.
Oleg trug nichts weiter als ein Handtuch um die Hüften und eine Beretta in der Rechten.
Er grinste über das ganze Gesicht.
"Wie schön du die trauernde Witwe spielen kannst, Baby!"
"So wie ich ihm vorher das anschmiegsame Kätzchen mimen konnte!"
"Du hättest Talent für den Broadway!"
"Nur dass man da nicht halb so gut bezahlt wird, Oleg!"
Evita strich mit den Fingern über Olegs behaarte Brust. Wie beiläufig ließ sie dabei den Seidenkimono über die Schultern gleiten. Olegs Blick richtete sich auf Evitas festen Busen, der sich ihm entgegenreckte.
"Nicht ganz ungefährlich, dass du hier aufgetaucht bist", hauchte sie.
"Welche Gefahr meinst du?"
"Immerhin hätten hier auch Ray Neverios Leute auftauchen können!"
"Wie gut, dass es nur harmlose FBI-Agenten waren!", lachte Oleg.
Er warf die Beretta in einen der Sessel.
"Als nächstes sorgen wir dafür, dass der alte Scarlatti aus Marokko ausgeschaltet wird!", hauchte sie und schmiegte sich dabei an seinen Oberkörper. Er spürte den warmen Druck ihrer Brüste auf seiner Haut. "Ich schätze, dein Vater wird sehr mit uns zufrieden sein, Oleg Shkoliov!"
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