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Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter


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mit einer Schizophrenie sind in vielfacher Weise gesundheitlich gefährdet. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, da internistische Erkrankungen häufig nicht diagnostiziert werden. Die Patienten tragen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen durch einen erhöhten Alkohol- und Nikotinkonsum, einen ungesunden Lebensstil, eine zusätzliche Gefährdung entsteht durch Nebenwirkungen antipsychotischer Medikamente und deren Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem. Nach Fontaine et al. (2001) ist das Mortalitätsrisiko für Erkrankungen des Herzkreislaufsystems um das Zweifache erhöht im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Ein weiteres Risiko liegt bei den Infektionskrankheiten, insbesondere bei HIV und Hepatitis C.

      Abb. 7 zeigt das Sterberisiko für Erkrankungen verschiedener Organsysteme bei schizophrenen Patienten im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung. Ein Sterberisiko von 1,0 würde bedeuten, dass die Gruppe der psychisch Erkrankten und die Gesamtbevölkerung das gleiche Risiko tragen.

      2.4.1 Herz-Kreislauferkrankungen und Risikofaktoren

      Die Verkürzung der Lebenserwartung und erhöhte Morbidität sowie Mortalität bei Menschen mit einer Schizophrenie sind zu einem Anteil von 60 % auf natürlich Ursachen, auf Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und Diabetes mellitus und deren Folgen zurückzuführen. Die Risikoerhöhung für eine koronare Herzerkrankung beträgt 2,0 bis 3,6 – hinzukommt, dass die Erkrankung oft einen ungünstigen Verlauf aufgrund einer qualitativ defizitären Diagnostik und Therapie zeigt (Lederbogen et al. 2015). Insbesondere sind jüngere Patienten vermehrt betroffen wegen einer hohen Prävalenz von modifizierbaren Risikofaktoren.

      Daten der CATIE-Studie (Clinical Antipsychotic Trials of Intervention Effectiveness) belegen, dass selbst nach Diagnosestellung von kardiovaskulären Risikofaktoren bei Patienten mit einer Schizophrenie eine Therapie nicht bei allen Patienten erfolgt. Der Anteil von Patienten, die eine spezifische an dem Krankheitsbild ausgerichtete Therapie erhielten, lag bei Diabetes mellitus am höchsten; der Anteil behandelter Patienten bei Bluthochdruck und bei Hyperlipidämie lag deutlich unter dem Versorgungsdurchschnitt der Gesamtbevölkerung (Nasrallah et al. 2007).

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      Abb. 7: Krankheitsspezifisches Sterberisiko bei Patienten mit Schizophrenie nach Geschlecht im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (nach Fontaine et al. 2001)

      Tab. 6 zeigt die Prävalenzen von Diabetes mellitus, Hypertonie und Hyperlipidämie bei Patienten der CATIE-Studie und den Anteil jener Patienten, die einer Therapie zugeführt/nicht zugeführt wurden.

      Tab. 6: Prävalenz und Anteil behandelter/nicht behandelter Patienten mit Schizophrenie (nach Nasrallah et al. 2007)

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      Diagnose RisikofaktorenGesamt-stichprobeAnzahl Patienten mit RisikofaktorPrävalenzTherapiertNicht therapiertN(%)N(%)

      Die hohe Prävalenz der Herz-Kreislauferkrankungen ist verursacht durch eine Vielfalt von modifizierbaren Risikofaktoren, die die Entwicklung von atherosklerotischen Veränderungen an den Gefäßen beschleunigen, des Weiteren durch genetische Faktoren, einen ungesunden Lebensstil, sowie die Gabe von Antipsychotika, die negative Effekte auf den Stoffwechsel haben. Sie werden in der Folge aufgeführt.

      Bei der Betreuung dieser Patienten muss beachtet werden, dass relevante internistische Befunde wie Vorhofflimmern oder ausgeprägte myokardiale Einschränkungen vorliegen können, ohne dass die Patienten über Beschwerden klagen oder von sich aus ärztliche Behandlung beanspruchen. Daher sind diese Patienten besonders gefährdet, sie sind häufig unterversorgt, Risikofaktoren werden nicht untersucht, werden nicht erkannt und werden daher nicht behandelt. Es werden seltener chirurgische Eingriffe an Patienten mit einer Psychose vorgenommen, um beispielsweise verengte Koronargefäße durchgängig zu machen durch das Einsetzen von Stents oder durch eine Bypass-Operation (De Hert et al. 2011a, Lederbogen et al. 2015).

      Diese schwierige Situation erklärt die Übersterblichkeit der Patienten mit Schizophrenie. Bei angemessener gesundheitlicher Versorgung, Diagnostik und Behandlung der Risikofaktoren sowie Unterstützung und Schulung der Patienten zur Etablierung eines gesunden Lebensstils könnte sie deutlich gesenkt werden.

      2.4.1.1 Risikofaktor Übergewicht

      Das Risiko, Übergewicht zu entwickeln, ist nach de Hert (2011a) bei Patienten mit einer Schizophrenie schon in der Frühphase der Erkrankung um das 3-Fache erhöht, in der Literatur wird die Prävalenz anteilmäßig mit 15 % bis 72 % dokumentiert. Gewichtszunahme ist eine bekannte unerwünschte Nebenwirkung der antipsychotischen Medikation, die Einnahme von Clozapin oder Olanzapin ist mit einem deutlich erhöhten Risiko verbunden, Risperidon und Quetiapin führen ebenfalls zu Gewichtszunahme, doch in geringerem Ausmaß.

      Der Zuwachs an Körpergewicht stellt ein großes Risiko dar für das Auftreten einer Hypertonie, ebenso für die Entwicklung einer Insulinresistenz, deren Folge ein Diabetes mellitus ist.

      Fontaine et al. (2001) dokumentieren über einen Zeitraum von 10 Jahren nach Beginn einer Therapie mit Antipsychotika die Anzahl zusätzlicher Fälle von Diabetes mellitus und Hypertonie, die bei psychisch kranken Patienten auftreten. Die Inzidenz zusätzlicher Fälle ist bei Hypertonie doppelt so hoch wie bei Diabetes mellitus, mit zunehmender Gewichtszunahme steigt die Anzahl erkrankter Patienten linear an.

      Fontaine et al. (2001) stellen einen Zusammenhang zwischen einer Gewichtszunahme auf der Grundlage unerwünschter Nebenwirkungen antipsychotischer Medikamente und einer erhöhten Mortalität bei Patienten mit einer Schizophrenie über einen Zeitraum von 10 Jahren her. Sie dokumentieren ein linear zunehmendes Sterberisiko bei Übergewichtigen bei einer Gewichtszunahme von 2,5 bis 12,5 kg.

      Übergewicht geht einher mit Bewegungsmangel. Das empfohlene Minimum von 150 Min. pro Woche Bewegung mäßiger Intensität wird nur von etwa einem Viertel der Patienten mit Schizophrenie aktiv ausgeführt, 75 % sind weitgehend körperlich inaktiv (de Hert et al. 2011b). Die Prävalenz körperlicher Inaktivität in der Gesamtbevölkerung liegt bei 55 % (Robert Koch-Institut 2019). Daher sollten täglich Phasen körperlicher Aktivität geplant werden, Spaziergänge, die mit der Zeit an Dauer und Intensität gesteigert werden. Eine Sedierung durch Medikamente sollte vermieden werden. Ebenso empfiehlt sich eine Überprüfung der Ernährung und ggf. Schulung der Patienten und Umstellung auf gesunde und ballaststoffreiche Kost.

      2.4.1.2 Risikofaktor Metabolisches Syndrom

      Die Prävalenz des Metabolischen Syndroms bei Patienten mit Schizophrenie wird in der wissenschaftlichen Literatur mit 20 % bis 68 % angegeben. Lebensstil und Gesundheitsverhalten spielen eine wichtige Rolle in der Entstehung des Syndroms sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch in dieser Patientengruppe.

      Die Behandlung mit Clozapin und Olanzapin stellen für den Patienten mit Schizophrenie ein hohes, mit Quetiapin ein mäßiges, mit Risperidon ein niedrigeres Risiko dar bezüglich der Entstehung des Metabolischen Syndroms. Mit den aufgeführten Medikamenten werden Patienten bei entsprechender Symptomatik über längere Zeiträume behandelt. Wegen der beschriebenen unerwünschten Nebenwirkungen sollten die erforderlichen Blutparameter zur Kontrolle regelmäßig bestimmt und die Notwendigkeit der Medikation laufend überprüft werden.

      2.4.1.3 Risikofaktor Diabetes mellitus

      Diabetes mellitus gehört zu den schwersten Risikofaktoren für die Entwicklung einer Atherosklerose, deren Folgen koronare Herzerkrankungen, Herzinfarkt oder Schlaganfall sind. Bei der Entstehung eines Diabetes mellitus spielen die oben bereits mehrfach erwähnten Antipsychotika wegen ihres diabetogenen Effekts eine bedeutsame Rolle in der Entwicklung der Stoffwechselerkrankung. Nach Hewer et al. (2009) beträgt die Prävalenz des Diabetes mellitus das 2- bis 3-Fache im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. De Hert et al. (2011a) nennen eine Prävalenz von 25 % bei 44- bis 65-jährigen psychisch Kranken. Zum Vergleich: Eine Prävalenz von 25 % liegt in der deutschen Gesamtbevölkerung in der Gruppe der über 75-Jährigen vor (Deutsche Diabetes Gesellschaft,