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Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter


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um in regelmäßigen Intervallen die stoffwechselbedingten Risiken zu erfassen: Gewicht, Bauchumfang, Blutdruck, Blutzucker, Blutfette.

      2.4.1.4 Risikofaktor Bluthochdruck

      Patienten mit einer Schizophrenie zeigen in 20 % bis 58 % (de Hert et al. 2011a) einen pathologisch erhöhten Blutdruck, der als schwerwiegender Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen überwacht und behandelt werden sollte unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils des Patienten. Bei hochnormalem Blutdruck ohne weitere Risikofaktoren empfehlen sich nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie Gewichtsreduktion, Bewegung, Raucherentwöhnung, regelmäßige Überwachung des Stoffwechsels. Bei manifesten Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder bereits bestehenden Endorganschäden empfiehlt sich die Einleitung einer medikamentösen Behandlung zur Normalisierung des Blutdrucks, wobei besonders auf mögliche Wechselwirkungen mit den verordneten Psychopharmaka zu achten ist. Akute Blutdrucksteigerungen können im Zusammenhang mit akuten Exazerbationen, mit Erregungszuständen bei psychisch erkrankten Menschen auftreten. Nach Abklingen der Symptomatik sollte daher durch wiederholte Messung der Blutdruck kontrolliert werden.

      2.4.1.5 Risikofaktor Rauchen

      Die relative Sterberate ist insbesondere für Raucher erhöht; im Vergleich zur Gesamtbevölkerung wird bei chronisch psychisch kranken Menschen die doppelte Anzahl von Lungenkarzinomen diagnostiziert (Brown et al. 2000). Über 70 % der Bewohner in stationären Einrichtungen rauchen. Mitarbeiter stellen fest: »Hauptsache, sie haben Zigaretten.«

      Die höchste Prävalenz (74 %) finden Cormac et al. (2004) bei psychotischen Patienten, davon sind 52 % schwere Raucher, d. h., sie rauchen mehr als 20 Zigaretten täglich. Ebenso zeigt sich unter psychisch kranken Frauen ein hoher Anteil an Raucherinnen (63 %) (Dickerson et al. 2002). In einer Arbeit von Lores et al. (2018) wird der Anteil von Rauchern bei stationären Patienten mit Schizophrenie mit 87,7 % dokumentiert, bei Patienten mit einer Depression oder Angststörung sind es 54,3 %. In der Gesamtbevölkerung ist der Anteil der Raucher deutlich geringer, insbesondere in den höheren Altersgruppen von 50 bis 64 Jahren rauchen 24,8 %, mit 65 bis 79 Jahren sind es 9,1 % (Robert Koch-Institut 2019).

      Der hohe Anteil an schweren Rauchern bei Menschen mit einer Schizophrenie kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass negative Symptome wie Motivationslosigkeit, Anhedonie (das Fehlen positiver Emotionen), sozialer Rückzug und Isolation durch Nikotin gemildert und das Gedächtnis, die Konzentrationsfähigkeit sowie die kognitive Leistungsfähigkeit verbessert werden können. Die Ursache dafür liegt in neuropharmakologischen Mechanismen, in der Beeinflussung der Nikotinrezeptoren durch Rauchen. Nikotinrezeptoren spielen eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Schizophrenie (Leonard et al. 2001). Einen signifikanten Zusammenhang zwischen Rauchen und aggressivem und impulsivem Verhalten sowie Alkoholabhängigkeit konnten Mallet et al. (2017) nachweisen. Auch sie weisen auf eine mögliche besondere Vulnerabilität gegenüber Nikotin bei Patienten mit Schizophrenie hin, die in einem Zusammenhang stehen könnten mit genetischen Varianten von D2-Dopaminrezeptoren.

      2.4.2 Erkrankungen der Atemwege

      Aufgrund der sehr hohen Raucherquote bei Menschen mit Schizophrenie treten Erkrankungen der Atemorgane gehäuft auf. Lores et al. (2018) untersuchten eine Stichprobe von Rauchern und fanden in 46 % schweren Husten, in 41 % Expektorationen, in 36,6 % eine chronische Bronchitis und in 28,9 % konnte eine COPD diagnostiziert werden. COPD ist eine der häufigsten somatischen Komorbiditäten bei schweren psychiatrischen Erkrankungen und führt im Rahmen von Infekten zu Komplikationen, die für den Patienten wegen der bestehenden Ateminsuffizienz lebensgefährlich sein können. Daher ist darauf zu achten, dass die Patienten gegen Pneumokokken geimpft werden und darüber hinaus die jährliche Grippeimpfung wahrnehmen (Hewer et al. 2016).

      Aufgrund der Schwere der Erkrankung und der Symptomatik ist der Zugang zu Maßnahmen der Prävention für Patienten mit Schizophrenie nicht barrierefrei, sodass Screening-Untersuchungen der Lunge oder Therapien zur Raucherentwöhnung nicht regulär angeboten und ausgeführt werden. Bei der Raucherentwöhnung sollte der psychische Status der Patienten beobachtet, ggf. sollte die Dosierung von Psychopharmaka angepasst werden. Eine Zustandsverschlechterung ist dabei nicht zu erwarten (Hewer et al. 2011).

      2.4.3 Substanzmissbrauch

      Komorbide Suchterkrankungen treten bei Menschen mit Schizophrenie im Lebenslauf bei etwa der Hälfte der Betroffenen auf. Ein allgemein anerkanntes Modell zu Erklärung über mögliche Zusammenhänge gibt es bisher nicht. Etwa ein Drittel der Patienten zeigen einen Alkoholmissbrauch, etwa ein weiteres Viertel sind abhängig von anderen Suchtmitteln (Moggi 2018).

      In einer Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass die Prävalenz von Suchterkrankungen aller Art bei Menschen mit Schizophrenie über alle Altersgruppen 41,7 % beträgt, davon sind 48 % Männer und 22,1 % Frauen. Illegale Drogen werden anteilmäßig von 27,5 % genommen, Cannabis von 26,2 %, Missbrauch von Alkohol liegt in 24,3 % und von Stimulantien in 7,3 % vor (Hunt et al. 2018).

      Der Konsum von Alkohol in den höheren Altersgruppen ist bei schizophrenen Patienten nicht differenziert untersucht worden. Die Prävalenz des Alkoholmissbrauchs über den Lebenslauf ist in der Gesamtbevölkerung der BRD deutlich niedriger, er wird bei Männern mit 4,7 %, bei Frauen mit 1,5 % angegeben (Fachverband Sucht e. V. 2015).

      2.4.4 Nebenwirkungen Antipsychotischer Arzneimittel

      In den vorangehenden Abschnitten wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Einnahme von antipsychotischen Arzneimitteln mit schweren Nebenwirkungen für das Herz-Kreislaufsystem verbunden ist, welche zu einer erhöhten Mortalität führen: zwei Drittel der Patienten mit Schizophrenie sterben an Herz-Kreislauferkrankungen. Diese Substanzen führen zu Gewichtszunahme, zur Entwicklung eines Diabetes mellitus oder eines Metabolischen Syndroms und in Verbindung mit einer ungesunden Lebensweise entwickeln sich Schäden an den größeren Gefäßen und an den Kapillaren, die langfristig nicht nur (a) zu Spätschäden am Herzen führen, sondern auch (b) das Gehirn betreffen mit erhöhtem Risiko für einen Schlaganfall, (c) die Augen mit der Gefahr der Erblindung, (d) die Nieren, die langfristig ihre Funktion nicht mehr aufrecht erhalten können und schließlich (e) das periphere Nervensystem, welches Schmerzen verursacht und die sensible Versorgung des Organismus nicht mehr leisten kann.

      In einer Metaanalyse wissenschaftlicher Arbeiten untersuchten Foley und Morley (2011) die Entwicklung von kardiovaskulären Risikofaktoren bei Patienten mit Schizophrenie, die zu Beginn ihrer Erkrankung erstmals Antipsychotika erhielten. Vor Beginn der Therapie fanden sich in den analysierten Daten keine signifikanten Unterschiede mit Bezug auf Gewicht, Blutfette, Glukose, Insulin und Leptin. Nach Beginn der Therapie wurden über drei Jahre das Gewicht und die genannten Parameter dokumentiert. Das Ausmaß der Gewichtszunahme war am größten bei Gaben von Olanzapin, gefolgt von Risperidon und Haloperidol.

      Nach 3 bis 4 Monaten zeigte sich eine Gewichtszunahme von bis zu 9 kg, ebenso eine Zunahme des abdominellen Fettes.

      Nach einem Jahr konnte eine unterschiedliche Gewichtszunahme den verschiedenen Präparaten zugeordnet werden: Olanzapin: 11 bis 17 kg, Clozapin und Quetiapin 10 kg, Risperidon 8 bis 9 kg. Es fand sich zu diesem Zeitpunkt eine signifikante Erhöhung des Insulinspiegels, der Insulinresistenz, des Gesamtcholesterins, der Triglyceride und von Leptin. Als Prädiktoren für eine Gewichtszunahme wurden ein prämorbider niedriger BMI, jüngere Altersgruppen, eine ausgeprägte Negativsymptomatik sowie die Einnahme von weiteren Arzneimitteln und Antidepressiva genannt.

      In einer weiteren Studie wurde eine Stichprobe von Patienten, die am Beginn ihrer schizophrenen Erkrankung standen, untersucht und drei Jahre lang begleitet (Pérez-Iglesias et al. 2014). Die Patienten erhielten jeweils Haloperidol, Olanzapin oder Risperidon. Die Medikation wurde jedoch im Verlauf der Untersuchung bei Bedarf umgesetzt, sodass 88 % der Stichprobe nach drei Jahren Antipsychotika der zweiten Generation einnahmen. Die größte Gewichtszunahme erfolgte im ersten Jahr der Behandlung, 85 % der nach drei Jahren erreichten Gewichtszunahme und 86 % der BMI-Erhöhung fanden sich schon nach einem Jahr. Hinzu kamen eine signifikante Erhöhung der Triglyceride