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Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter


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et al. (2000) untersuchten in einer Longitudinalstudie die Lebenserwartung in Abhängigkeit vom Schweregrad der geistigen Behinderung. Menschen mit einer leichten geistigen Behinderung haben eine Lebenserwartung, die weitgehend derjenigen der Gesamtbevölkerung entspricht. Menschen mit einer sehr schweren geistigen Behinderung zeigen in allen Altersgruppen eine erhöhte Mortalität, und es gibt nur wenige, die ein sehr hohes Alter erreichen. Das relative Sterberisiko aufgrund von Erkrankungen wie beispielsweise Epilepsie, körperliche Missbildungen oder angeborene Herzerkrankungen ist in dieser Gruppe bis zum 30. Lebensjahr erhöht. Abb. 2 zeigt das Sterbealter in Abhängigkeit des Schweregrades der geistigen Behinderung.

      Patja et al. (2001) geben eine Prävalenz der geistigen Behinderung von 0,7 % an. Das durchschnittlich erreichte Lebensalter lag für Männer mit geistiger Behinderung bei 56 und für Frauen bei 59,3 Jahren; bei leichtem Schweregrad wird die durchschnittliche Lebenserwartung ohne Differenzierung der Geschlechter mit 58,5 Jahren angegeben, bei mäßigem Schweregrad mit 60,2 Jahren, bei schwerem mit 54,5 Jahren und bei sehr schwerem Schweregrad mit 46,8 Jahren.

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      Abb. 1: Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung nach Alter (nach Maaskant et al. 2002)

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      Abb. 2: Sterbealter von Menschen mit geistiger Behinderung nach Schweregrad (nach Patja et al. 2000)

      Da geistig behinderte Menschen während des Dritten Reichs systematisch getötet worden sind, ist in den kommenden Jahren ein zahlenmäßiger und anteilsmäßiger Anstieg älterer geistig behinderter Menschen, die nach dem Krieg geboren worden sind, zu erwarten. Da weder geistige Behinderung noch psychische Erkrankung meldepflichtig sind, sind die betroffenen Personengruppen nur teilweise statistisch erfasst.

      Das Statistische Bundesamt erhebt regelmäßig Daten derjenigen Menschen mit Behinderung, die als schwerbehindert anerkannt sind. Für das Jahr 2017 wurden vom Statistischen Bundesamt (2019) 6.487.429 schwerbehinderte Menschen erfasst. Davon leiden 310.238 Personen unter einer »Störung der geistigen Entwicklung (z. B. Lernbehinderung, geistige Behinderung)«, 40,4 % sind weiblich und 59,6 % männlich. Ihr Anteil an der Gruppe der schwerbehinderten Menschen beträgt 4,8 %, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung der BRD beträgt 0,37 %.

      Die Altersverteilung bei geistig behinderten Menschen wird in Abb. 3 dargestellt.

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      Abb. 3: Altersverteilung bei geistig behinderten Menschen 2017 (Quelle: Statistisches Bundesamt 2019)

      Der Kennzahlenvergleich der überörtlichen Träger der Sozialhilfe des Bundesgebietes für 2017 befasst sich mit den Themen Wohnen und Arbeit (BAGüS 2019). 2017 wurden 413.179 Menschen mit Behinderungen, die Leistungen der Eingliederungshilfe erhielten, stationär oder ambulant oder in einer Pflegefamilie betreut.

      Etwa die Hälfte von ihnen lebt in einer stationären Wohneinrichtung, davon sind etwa zwei Drittel (63,6 %) Menschen mit einer geistigen Behinderung, ein gutes Viertel (28,5 %) sind Bewohner mit einer seelischen Behinderung und etwas weniger als ein Zehntel sind Menschen mit einer körperlichen Behinderung. Der Anteil der über 50-Jährigen nimmt im stationären Bereich beständig zu, dagegen nimmt der Anteil der jüngeren Altersgruppen ab.

      Die ambulant betreuten Wohnformen zeigen einen stetigen Zuwachs: seit 2008 findet sich ein jährlicher durchschnittlicher Anstieg von 8,8 %, von 2016 auf 2017 waren es 4,4 %. Frauen leben häufiger im ambulanten betreuten Wohnen als in stationären Einrichtungen, der Anteil der über 50-Jährigen hat leicht zugenommen. Die Verteilung der Art der Behinderungen in ambulanten Wohnformen ist seit Jahren konstant geblieben und unterscheidet sich deutlich von jener in stationären Einrichtungen: 25,3 % der Bewohner sind geistig behindert, 70,6 % sind chronisch psychisch krank.

      2017 lebten 5.023 Menschen mit Behinderung in Pflegefamilien, davon waren 40 % Kinder, die Anzahl der Personen, die in Pflegefamilien leben, nimmt leicht zu.

      275.110 Personen mit Behinderung waren 2017 in einer Werkstatt oder in einer Tagesförderstätte beschäftigt. Die größte Altersklasse sind die über 50-Jährigen mit einem Anteil von 33,2 %. Mit 73,1 % sind Menschen mit einer geistigen Behinderung am häufigsten in einer WfB beschäftigt. 19,7 % der Beschäftigten sind seelisch, 6,5 % sind körperbehindert. Die Anzahl der Beschäftigten hat sich seit 2008 jährlich um durchschnittlich 5,4 % erhöht.

      Dieckmann und Metzler (2013) haben für Baden-Württemberg den privaten Wohnkontext von Menschen mit Behinderung untersucht. 63,5 % leben bei den Eltern, 23 % bei Geschwistern oder sonstigen Verwandten, 5,6 % leben allein. Der höchste Anteil von Personen, die in der Familie leben, findet sich in der Altersgruppe der 45- bis 54-Jährigen (68,5 %), mit 55 bis 64 Jahren sind es nur noch 29,9 %. Menschen mit Down-Syndrom leben zu 22,3 % und Menschen mit einer geistigen Behinderung ohne Down-Syndrom zu 59,6 % im familiären Umfeld, Personen mit einer seelischen Behinderung nur in 1,1 %.

      Die Eltern der geistig behinderten Menschen waren im Durchschnitt 75 Jahre alt, 54,8 % der Mütter und 68,85 % der Väter waren 71 bis 80 Jahre alt. Wenn die Eltern die Unterstützung und Betreuung ihrer Kinder nicht mehr leisten können, werden die Betroffenen in einer anderen Wohnform untergebracht. Der Grund für den Umzug in die aktuelle Einrichtung war bei 20,7 % Alter und/oder Pflegebedürftigkeit der bisherigen Betreuungsperson, in 16,1 % der Fälle war die Betreuungsperson verstorben.

      Das Aufnahmealter in eine stationär betreute Wohneinrichtung unterscheidet sich nach Altersgruppe. Die heute über 70-Jährigen wurden zu 28 % im Alter bis zu 20 Jahren stationär aufgenommen, weitere 48 % kamen im Alter von 40 bis 60 Jahren dazu. Dagegen wurden bei den heute 45- bis 54-Jährigen nur 10 % im Alter bis zu 20 Jahren stationär untergebracht, weitere 87 % wechselten ab dem 21. bis zum 50. Lebensjahr in eine stationär betreute Einrichtung.

      Diese oben beschriebenen Entwicklungen sind bei der Planung von Angeboten oder tagesstrukturierenden Maßnahmen zu berücksichtigen. Sechzig Jahre nach Ende des Krieges treten zunehmend Menschen mit geistiger Behinderung oder chronisch psychischer Erkrankung in den Ruhestand, und die Versorgung durch die Familie ist aufgrund des Alters der Angehörigen nicht mehr möglich. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine adäquate Versorgung und Unterkunft und eine angemessene Beschäftigung auch nach der Erwerbsphase bereitzustellen.

      Mitarbeiter in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe wurden mittels Fragebögen und in Fokusgruppen befragt zu ihren Erfahrungen mit dem Prozess des Älterwerdens von Menschen mit geistiger Behinderung, zu Veränderungen, Bedürfnissen, zu Merkmalen von Kompetenz, zu Gewinnen und Verlusten und zu Merkmalen der Lebensqualität, die sie beobachtet haben. Die Ergebnisse werden im Folgenden zusammengefasst.

      Geistig behinderte Menschen unterscheiden sich im Prozess des Älterwerdens nicht grundsätzlich von der Gesamtbevölkerung, insbesondere wird darauf hingewiesen, dass sich mit zunehmendem Alter eine große interindividuelle Variabilität mit Bezug auf die körperliche und psychische Entwicklung zeigt. Im Vergleich zu Senioren, die nicht in einer stationären Einrichtung leben, wirken sie nach Aussagen der Mitarbeiter ausgeglichener und ausgeruhter, da sie in der Einrichtung geschont werden und nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen.

      Die älteren Bewohner werden aufgrund ihres Soseins, das von der Gesellschaft überwiegend als Anderssein negativ interpretiert wird, weder als gesellschaftsfähig anerkannt noch integriert. Viele von ihnen wurden in ihrer Jugend zur Ausführung von Dienstleistungen herangezogen, mussten schwere körperliche Arbeit unter schwierigen Bedingungen leisten, wurden kaum oder schlecht entlohnt, lebten unter schlechten räumlichen und gesundheitlichen Bedingungen und waren der unkontrollierten Gewalt der Umwelt ausgesetzt. Frauen wurden häufig sexuell missbraucht, und die Vergewaltiger profitierten davon, dass die Frauen nicht mit Worten ausdrücken konnten, was ihnen angetan worden war; sie wurden darüber hinaus als abgestumpft und unempfindlich eingeschätzt. Letzten Endes wurden Menschen