Группа авторов

Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter


Скачать книгу

Lebensalter. Die Anzahl der Diagnosen nimmt mit dem Schweregrad der geistigen Behinderung zu. In der Altersgruppe der 16- bis 24-jährigen Männer mit unterschiedlichem Schweregrad wurden 8 bis 12 Diagnosen gestellt, bei Frauen derselben Altersgruppe waren es 8 bis 13. In der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren wurden bei Männern 9 bis 12 Diagnosen dokumentiert, bei Frauen waren es 12 bis 14.

      Die häufigsten Diagnosen bei Menschen mit geistiger Behinderung mit oder ohne Down Syndrom wurden von Kinnear et al. (2018) erhoben, die Ergebnisse zeigt Tabelle 1.

      Die Diagnosen treten bei Menschen mit geistiger Behinderung mit und ohne Down-Syndrom nicht mit gleicher Häufigkeit auf, da die Ursachen der geistigen Behinderung bei beiden Gruppen jeweils grundsätzlich andere sind. Während das Down-Syndrom auf eine Fehlverteilung der Chromosomen zurückzuführen ist, die zu einer Trisomie des Chromosoms 21 führt, gibt es viele unterschiedliche Ursachen für die Entstehung einer geistigen Behinderung ohne Down-Syndrom, wie beispielweise chromosomale Anomalien (in 20 %), intrauterine Intoxikationen (Alkohol, Drogen), Malnutrition, intrauterine Infektionen, perinatale Infektionen, Geburtskomplikationen (intrazerebrale Blutungen) oder Stoffwechselstörungen (Hypothyreose, Phenylketonurie).

Images

      DiagnoseMenschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom (N = 837)Menschen mit Down-Syndrom (N = 186)

      Neurologische Symptome wie Epilepsie, Ataxie, Gangstörung oder Zerebralparese treten deutlich häufiger bei Menschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom auf, während Erkrankungen der Haut wie Verdickung der Haut, Trockenheit der Haut, Störung der Nägel als Hautanhangsgebilde, Pilzinfektionen, Dermatitiden und Ekzeme häufiger bei Menschen mit Down-Syndrom auftreten. Einschränkungen der Sehfähigkeit sind in beiden Personengruppen in fast der Hälfte der Fälle vorhanden, Einschränkungen der Hörfähigkeit sind bei Menschen mit Down-Syndrom mit fast 40 % deutlich häufiger als bei Menschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom, die nur etwa zu einem Viertel betroffen sind.

      Das Erkrankungsrisiko einiger Organsysteme ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bei Menschen mit geistiger Behinderung erhöht, dazu gehören die Sinnesorgane, die Schilddrüse, die Haut, das Herz-Kreislaufsystem und die Atemwege, sowie die Verdauungsorgane.

      1.4.1 Einschränkungen des Sehvermögens

      Einschränkungen des Sehvermögens finden sich bei Menschen mit geistiger Behinderung häufiger im höheren Lebensalter und bei höherem Schweregrad der Behinderung (Evenhuis 1995a), insbesondere bei Menschen mit Down-Syndrom. Bei 65–74-jährigen Menschen ohne Behinderung liegt die Prävalenz bei 6,5 %, bei Menschen dieser Altersgruppe mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom bei 17,4 %, bei Menschen dieser Altersgruppe mit Down-Syndrom bei 70 % (Kapell et al. 1998). Menschen mit einer (sehr) schweren geistigen Behinderung sind zu 23–37 % blind, 15–30 % zeigen eine Sehbeeinträchtigung (Warburg 2001).

      Einschränkungen der Sehfähigkeit bei jüngeren geistig behinderten Menschen werden durch eine angeborene Linsentrübung, pathologische Veränderungen der Hornhaut oder durch Erblindung, die auf eine Schädigung der Hirnrinde zurückzuführen ist, verursacht. In der Gruppe der älteren geistig behinderten Menschen fanden sich überwiegend senile Katarakte (Linsentrübung) oder Glaukome (grüner Star); dies sind Veränderungen, die mit höherem Alter auch in der Gesamtbevölkerung gehäuft auftreten.

      Die Versorgung von geistig behinderten Menschen mit einer Einschränkung der Sehfähigkeit ist häufig unzureichend, da es schwierig ist, eine Sehminderung einzuschätzen. Selbst eine Erblindung kann bei schwerer geistiger Behinderung mit erschwerter Kommunikation unbemerkt bleiben.

      1.4.2 Einschränkungen des Hörvermögens

      In der Gesamtbevölkerung sind 37 % der 60–70-Jährigen und 60 % der über 70-Jährigen von einer Hörminderung betroffen. In einer Untersuchung von Evenhuis (1995b) bei über 60-jährigen Menschen mit geistiger Behinderung findet sich in etwa der Hälfte der Fälle eine Hörminderung; nach fünf Jahren fand sich in derselben Gruppe ein Zuwachs auf 62 %, nach weiteren fünf Jahren wurde ein Hörverlust unterschiedlichen Grades bei 75 % der untersuchten Personen festgestellt. Als Ursachen der Höreinbußen fanden sich

      a) angeborene Schwerhörigkeit/Taubheit unbekannter Genese,

      b) pränatale und perinatale Schädigungen durch Infektionskrankheiten (Syphilis, Röteln, Toxoplasmose), teratogene Substanzen, Kernikterus, Sauerstoffmangel oder Infektionskrankheiten im Kindesalter (z. B. Meningitis),

      c) Folgezustände nach chronischer Mittelohreiterung. Mittelohrentzündungen treten relativ häufig auf und werden sehr oft übersehen, da sie nicht immer Schmerzen bereiten und geistig behinderte Menschen ggf. Schmerzen nicht adäquat zum Ausdruck bringen können.

      Regelmäßige fachärztliche Untersuchungen und das Anpassen eines Hörgeräts mit entsprechendem Training sollten für Menschen mit geistiger Behinderung bei entsprechender Indikation selbstverständlich sein.

      1.4.3 Dysfunktion der Schilddrüse

      Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung treten gehäuft endokrine Störungen im Sinne einer Unterfunktion der Schilddrüse auf. Die Prävalenz liegt in der Altersgruppe von 65–74 Jahren in der Gesamtbevölkerung bei 3,7 %, bei Menschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom bei 9,1 %, bei Menschen mit Down-Syndrom bei 45,5 % (Kapell et al. 1998); diese Patientengruppe zeigt ebenso ein erhöhtes Risiko, Schilddrüsenkrebs zu entwickeln.

      1.4.4 Herzerkrankungen

      Erkrankungen des Herzens, die nicht auf eine Minderdurchblutung des Herzmuskels zurückzuführen sind, treten bei Menschen mit geistiger Behinderung häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung. Bei Menschen mit Down-Syndrom liegen bei der Geburt in 40–60 % der Fälle Herzfehler vor. Diese werden heute operativ angegangen, dadurch kann die durchschnittliche Lebenserwartung erheblich verlängert werden.

      Erkrankungen des Herzkreislaufsystems – koronare Herzkrankheiten, Herzinfarkt, Schlaganfall – verursachen etwa ein Drittel der Todesfälle. Das Risiko, an den Folgen atherosklerotischer Veränderungen der Gefäße zu sterben, wird durch einen ungesunden Lebensstil bei geistig behinderten Menschen deutlich erhöht. Nach Emerson (2005) zeigen Menschen mit geistiger Behinderung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung signifikant weniger körperliche Aktivität in allen Altersgruppen, besonders im höheren Alter. Übergewicht (BMI 25–30 und darüber) bestand bei 55 % der untersuchten Population von geistig behinderten Menschen, insbesondere bei Frauen in höheren Altersgruppen. Melville et al. (2005) zeigten einen höheren Anteil an übergewichtigen Probanden bei Menschen mit Down-Syndrom im Vergleich zu Menschen mit geistiger Behinderung anderer Ursache. Untersuchungen von Janicki et al. (2002) zeigten, dass etwa die Hälfte der untersuchten geistig behinderten Menschen einen Body Mass Index von über 27 kg/m² hatten, d. h., über die Hälfte der Stichprobe war übergewichtig und übte keinerlei sportlichen Aktivitäten aus.

      Ein ungesunder Lebensstil, unausgewogene Ernährung und zu wenig Bewegung sind die Ursachen für das Übergewicht und die sich daraus entwickelnden Folgeerkrankungen. Übergewicht und Bewegungsmangel dürfen nicht als Normalzustand betrachtet werden, Mitarbeiter sollten stets versuchen, durch eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und einen gesunden Lebensstil auch bei Menschen mit geistiger Behinderung Alternsprozesse zu verzögern und chronische Krankheiten im Alter zu vermeiden.

      Kardiovaskuläre Erkrankungen treten bei Menschen mit geistiger Behinderung nicht häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung (de Winter et al. 2016). Die Risikofaktoren für den Herzinfarkt entsprachen jenen der Gesamtbevölkerung. In der Gruppe der geistig behinderten Menschen trat der Gebrauch von Antipsychotika bei psychischer Erkrankung aufgrund der schweren Nebenwirkungen als weiterer bedeutsamer Risikofaktor hinzu. Diese Substanzgruppe erhöht das Risiko einer Gewichtszunahme und der Entstehung von Stoffwechselstörungen