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Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter


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regelmäßige Kontrolle der Risikofaktoren und ggf. deren Behandlung, sowie eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung.

      Die Einnahme von Antipsychotika sollte streng überwacht und ausschließlich bei psychiatrischer Erkrankung verabreicht werden. Durch Absetzen dieser Medikamente bei unsachgemäßer Anwendung, beispielweise bei Verhaltensstörungen, werden die Stoffwechsellage verbessert und das Risiko eines Herzinfarkts vermindert (de Kuijper 2013).

      1.4.5 Erkrankungen der Atemwege

      Der Schweregrad der geistigen Behinderung bestimmt das Risiko für Atemwegserkrankungen, das deutlich über jenem der Gesamtbevölkerung liegt. Bei leichter geistiger Behinderung ist das Risiko um das 2,6-fache erhöht, bei einer sehr schweren geistigen Behinderung um das 5,8-fache. Es besteht ein Zusammenhang mit Verformungen des Thorax, die die Atmung erschweren und mit Schluckstörungen, die zu Aspiration von Flüssigkeiten oder Speiseresten führen, schweren Hustenreiz auslösen und Entzündungen verursachen können.

      Lungenentzündungen werden in 83 % der Todesfälle festgestellt, sie werden durch Fremdkörper in der Lunge oder durch Aspiration ausgelöst. Erkrankungen der Atemwege stehen an zweiter Stelle der Todesursachen bei Menschen mit geistiger Behinderung (Patja 2001).

      1.4.6 Hauterkrankungen

      Erkrankungen der Haut treten bei Menschen mit Down-Syndrom in 20–25 % der Fälle auf. Es handelt sich vorwiegend um Veränderung der Nägel, um eine trockene Haut, die besonderer Pflege bedarf, Ekzeme und ein erhöhtes Risiko für Pilzerkrankungen.

      1.4.7 Erkrankungen des Bewegungsapparats

      Geistig behinderte Menschen zeigen ein deutlich erhöhtes Risiko für Erkrankungen des Bewegungsapparats. Missbildungen des Skelettsystems finden sich insbesondere bei schweren Behinderungen, als deren Folge schwere Einschränkungen der Motilität bis hin zur Bettlägerigkeit auftreten können. Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit aufgrund von Fehlbildungen des Bewegungsapparats finden sich bei über 90 % schwer geistig behinderter Menschen (Gittins et al. 2007).

      Nach Bland et al. (2003) finden sich bei etwa der Hälfte älterer Menschen mit geistiger Behinderung eine verminderte Mobilität und Erkrankungen oder Beschwerden im Bereich der Knochen und Gelenke. Häufig treten in diesem Zusammenhang schwere Schmerzzustände auf, die einerseits oft nicht adäquat geäußert werden können, andererseits zu einer zusätzlichen Vermeidung körperlicher Aktivität führen. Bewegungsmangel und Übergewicht führen auch bei leichten Schweregraden zur Ausbildung einer Osteoporose mit erhöhter Frakturanfälligkeit, die bei geistig behinderten Menschen etwa dreimal häufiger auftritt als in der Gesamtbevölkerung.

      1.4.8 Erkrankungen der Verdauungsorgane

      Im Vordergrund stehen bei Menschen mit geistiger Behinderung die chronische Obstipation und der gastroösophageale Reflux.

      Chronische Obstipation wird bei 30 % bis 50 % der geistig behinderten Menschen beobachtet, sie tritt umso häufiger auf, je tiefer die geistige Behinderung und je schwerer die sie begleitende körperliche Behinderung ausgeprägt sind (Robertson et al. 2017). Ein weitgehender Verlust der Mobilität und Einschränkungen der körperlichen Aktivität, eine Zerebralparese, eine Verlangsamung des Stoffwechsels durch eine Hypothyreose verstärken die Symptomatik. Antipsychotika zur Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen führen ebenfalls zu Darmträgheit, daher sollten sie nur mit strenger Indikation verabreicht werden.

      Häufig ist die Flüssigkeitsbilanz nicht ausgeglichen, es werden wenig Obst und Gemüse, d. h. wenig ballaststoffreiche Nahrungsmittel gegessen. Verstopfung verursacht häufig Unwohlsein, Bauchschmerzen oder Schmerzen beim Absetzen des verhärteten Stuhls. Bei erschwerter Kommunikation können diese unangenehmen Beschwerden in Unruhe oder Aggressivität zum Ausdruck kommen oder in einer Verweigerungshaltung beim Besuch der Toilette. Durch eine verbesserte Flüssigkeitszufuhr, ballaststoffreiche Kost, Bewegung und ggf. Laxantien oder Klistiere kann der Stuhlgang reguliert werden.

      Gastroösophagealer Reflux tritt bei über 50 % geistig schwerbehinderter Menschen mit einem IQ < 35 auf (de Veer et al. 2008). Durch den Reflux gelangt säurehaltiger Mageninhalt in die Speiseröhre und kann von dort bis in die Mundhöhle gelangen. Die Zähne werden durch die Säure angegriffen und werden kariös, die Säure führt zu Entzündungen der Schleimhaut, die sich als Halsschmerzen oder als Brennen hinter dem Brustbein äußern können. Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, mit Zerebralparese oder Skoliose sind vermehrt betroffen. Die Patienten erbrechen sich, bei fortgeschrittener Entzündung der Schleimhaut kann es zu Bluterbrechen kommen. Ein länger andauernder Blutverlust kann zu Eisenmangel und Anämien führen. Als weitere Symptome treten Appetitlosigkeit, Rumination und Regurgitation sowie Schlafstörungen auf, die zu einer allgemeinen Unruhe führen, wenn die Patienten ihre Symptomatik nicht verbal adäquat ausdrücken können und daher keine Therapie erfolgt.

      1.4.9 Krebserkrankungen

      Das Risiko, an Krebs zu erkranken, nimmt mit zunehmendem Alter in der Gesamtbevölkerung zu. Bösartige Tumoren treten in bestimmten Bereichen des Verdauungstrakts bei Menschen mit geistiger Behinderung dreimal häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung. Das erhöhte Risiko eines Speiseröhrenkrebses ist möglicherweise auf den häufig auftretenden Ösophagusreflux (Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre) zurückzuführen, der bei etwa der Hälfte der Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung vorliegt. Hinzu kommt das sog. Barrett-Syndrom (chronisch-entzündliche Veränderung des distalen Ösophagus als Komplikation des Refluxes), das bei jedem vierten schwer behinderten Menschen vorliegt und die Ausbildung eines Adenokarzinoms zur Folge haben kann.

      Chronische Entzündungen der Gallenblase oder Gallensteine, die gehäuft auftreten bei Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, bilden ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Karzinoms der Gallenwege. Das Risiko, an einem Schilddrüsenkrebs zu erkranken, ist bei der Personengruppe, die Störungen des Schilddrüsenstoffwechsels aufweist, um ein Zweifaches erhöht, und Menschen mit schwerer geistiger Behinderung zeigen eine um das 3,5-fache höhere Gefährdung, an einem Karzinom des Nervensystems zu erkranken (Patja et al. 2001).

      Eine erhöhte Mortalität durch Tumorerkrankungen, wie beispielsweise Kolonkarzinome, kann möglicherweise auch auf eine verzögerte Diagnosestellung bei nur selten ausgeführten Vorsorgeuntersuchungen zurückgeführt werden (Sappok T. 2019). Tumore werden bei bestimmten genetischen Syndromen vermehrt diagnostiziert, beispielsweise tritt die akute lymphoblastische Leukämie bei Menschen mit Down-Syndrom 20-mal häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung.

      1.4.10 Relatives Sterberisiko bei ausgewählten Krankheitsbildern

      Abb. 5 stellt das relative Sterberisiko für ausgewählte Krankheitsbilder bei geistig behinderten Menschen über 60 Jahren im Vergleich zur Gesamtbevölkerung dar. Deutlich erhöht ist das Risiko für Erkrankungen der Atemorgane und des Verdauungsapparats. Das Infektionsrisiko ist etwa doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung; häufig führt eine eingeschränkte Kommunikation dazu, dass Schmerzen und Beschwerden nicht mitgeteilt werden können und damit wird das Problem nicht erkannt. Das Risiko von Krebserkrankungen und Erkrankungen des Herzkreislaufsystems ist geringer als in der Gesamtbevölkerung.

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      Abb. 5: Relatives Sterberisiko für ausgewählte Krankheitsbilder bei geistiger Behinderung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (nach Patja et al. 2001)

      Schmerzen sind eine subjektive Erfahrung, denn jeder Mensch nimmt seinen Schmerzzustand anders wahr, verarbeitet ihn auf andere Weise und geht anders damit um, daher können Schmerzen nicht objektiviert oder gemessen werden. Menschen mit geistiger Behinderung leiden in gleicher Weise unter akuten oder chronischen Schmerzzuständen wie Menschen ohne Behinderung. Da sie häufig nicht in der Lage sind, ihre Schmerzen adäquat mitzuteilen, werden