aus dem Dorf waren gekommen und nahmen an den niederen Tischen Platz.
Karl aus Zweibrücken war mit seiner Gattin angereist. Er wandte sich an Philipp: „Es tut mir so leid, was mit Simon geschehen ist. Vor nur wenigen Tagen waren wir hier und haben mit ihm gelacht und Pläne für seine Zeit in Zweibrücken geschmiedet und jetzt ist alles vorbei!“
„Ich kann es auch kaum glauben und Margareta geht es gar nicht gut. Ich hoffe, dass sie sich bald wieder fängt“, entgegnete Philipp.
Karls Frau Marlene erhob sich: „Ich werde mal nach Margareta sehen. Sie tut mir so leid.“
Als Marlene gegangen war, kam Walther herein und setzte sich an die Tafel des Grafen. Er machte ein ernstes und trauriges Gesicht.
Abt Stephanus, der ebenfalls mit zur Homburg gekommen war und nicht weit entfernt von ihm saß, begrüßte ihn und fragte: „Na, Walther, wirst du im Frühjahr endlich zu uns kommen?“
Noch bevor Walther antworten konnte, schaltete sich Philipp ein: „Abt Stephanus, verzeiht uns bitte, dass wir unsere Pläne noch einmal überdenken müssen. In der jetzigen Lage werden wir Walther wohl auf der Burg brauchen, wo unser einziger Sohn und Erbe verstorben ist. Walther ist immerhin der Sohn meines Bruders.“
„Ich verstehe“, entgegnete der Abt, „doch ihr müsst auch an uns denken. Wir haben schon fest mit den Merburger Ländereien gerechnet. Eigentlich können wir nicht ohne Entschädigung darauf verzichten.“
Philipp runzelte die Stirn. Mit einer solchen Habgier und Unverfrorenheit der Klosterbrüder hatte er nicht gerechnet. Doch der Verlust seines Sohnes hatte seinen Kampfesgeist gebrochen, sodass er nur resignierend erklärte: „Ihr sollt die Merburger Ländereien trotzdem bekommen, aber dafür schuldet ihr uns einen Gefallen und haltet immer einen Platz für Walther frei.“
„Wir wissen Eure Großzügigkeit sehr zu schätzen, werter Graf“, erwiderte Stephanus und senkte ehrerbietend den Kopf.
Walther, der das Gespräch mit angehört hatte, atmete erleichtert auf. Der Plan war aufgegangen! Als ihn der Graf mit dem Schultheiß verhört hatte, dachte er schon, dass Philipp so wütend auf ihn wäre, dass er ihn von der Burg jagen würde, weil er Simon begleitet hatte. Doch nun sah doch alles ganz anders aus! Umso mehr musste er sich zusammennehmen und den Schein wahren. Was seine Freude ein wenig trübte, war die Tatsache, dass das Land seines Vaters trotzdem ans Kloster fiele, doch ein großer Teil der ursprünglichen Merburger Besitztümer gehörten ohnehin schon zur Homburg, was den Verlust wieder schmälerte.
Indes Walther sich über seine neue Zukunft heimlich freute, war Marlene bei Margareta angekommen. Diese lag in ihrem Bett und blickte abwesend an die Decke. Marlene ließ sich neben dem Bett der Gräfin auf einem Schemel nieder und umschloss ihre Hand.
„Margareta, es tut mir so leid, was würde ich nur dafür geben, um dir deinen Schmerz ein wenig zu erleichtern!“
Marlene begann leise zu schluchzen und verbarg ihr Gesicht in der Bettdecke.
„Keine Mutter sollte je ihr Kind verlieren!“
Margareta strich Marlene leicht über den Kopf und die beiden Frauen verharrten in ihrer Trauer, bis Grete eintrat und einen Krug mit frischem Wasser hereinbrachte.
„Herrin, wenn ich irgendetwas für Euch tun kann, sagt mir Bescheid. Ich bin immer für Euch da.“
„Ist schon gut Grete, du kannst gehen“, murmelte Margareta schwach. Grete verließ leise das Zimmer. Ihre Herrin tat ihr unendlich leid. Sie war zwar erst seit wenigen Jahren auf der Burg, doch sie hatte die Grafenfamilie lieb gewonnen. Sie waren nicht so überheblich, wie andere hohe Herren, die sie kennengelernt hatte. Außerdem waren sie zu ihrem Gesinde immer gerecht und stellten keine unmöglichen Forderungen. Vielleicht würde Margareta doch noch einmal schwanger werden. Noch war sie nicht zu alt dafür.
Am Abend traf sich Walther mit Jakob auf seinem Zimmer.
„Siehst du Jakob, unser Plan ist aufgegangen! Der lästige Simon ist aus dem Weg geschafft und Philipp hat dem Abt gesagt, dass ich doch nicht ins Kloster komme. Der gierige Hund hat gleich darauf bestanden, dass er die Merburger Ländereien trotzdem bekommt und Philipp hat ihm, ohne etwas entgegen zusetzen, nachgegeben. Aber was kümmert mich das, es bleibt noch genug!“
„Lasst uns das bei einem Becher Wein feiern, Herr! Doch vergesst nicht, vorsichtig zu sein! Niemand darf je auf den Gedanken kommen, dass wir etwas mit dem Unfall zu tun hatten. Ich bin nur froh, dass uns niemand gesehen hat und dass sich der Schultheiß so leicht täuschen ließ.“
Jakob schenkte zwei Becher Wein aus und die beiden prosteten sich zu.
„Ich glaube, Philipp wird mich als Erben hinnehmen. Nur Margareta müssen wir jetzt noch auf unsere Seite kriegen. Ich glaube, bei ihr wird es schwieriger, aber das werden wir auch noch hin bekommen! Prost Jakob! Auf unseren gelungenen Plan!“
Wieder prosteten sich die beiden zu. So ging es eine Weile weiter, bis Jakob betrunken ins Gesindehaus torkelte und Walther sich auf sein Bett fallen ließ und einschlief.
Kapitel 7
Einige Wochen, nachdem Simon zu Grabe getragen worden war, zog wieder Alltag in die Burg ein. Der Winter hatte sich des Landes bemächtigt und überall lag hoher Schnee. Die Fenster der Burg waren fest verschlossen und mit dicken Tüchern verhangen. Nur am Morgen ließ man frische Luft ein. Auf dem Burghof lag hoch Schnee und zwischen den einzelnen Gebäuden hatte man Wege freigeschaufelt. Die Tiere waren in den Ställen, wohin sich auch die Gaukler zurückgezogen hatten, als der Schneefall Anfang Dezember einsetzte. Eigentlich war nicht geplant, dass das fahrende Volk über den Winter bleiben sollte, doch nach den Ereignissen auf der Jagd hatten Philipp und Margareta nicht die Kraft sie einfach wegzuschicken. So mussten diese nun auch durchgefüttert werden. Im Gegenzug unterhielten sie die Tafel am Abend mit traurigen Weisen. Lustige Lieder, oder Trinklieder und Tänze duldete Margareta nicht. Dafür betrübte sie der Tod ihres Sohnes zu sehr.
Nach der Morgenmahlzeit traf sich Margareta mit den Edelfrauen in ihrem Gemach. Sie wollten ihre Näharbeiten fortsetzen. Nach langer Überwindung hatte sie sich dazu entschlossen, aus den Stoffen, die eigentlich für Simon bestimmt waren, ein neues Wams für Philipp zu nähen, sowie Wams und Hosen für Walther. Der hatte bei dem Brand vor einem halben Jahr alles verloren und trug die alten Sachen von Simon auf, die ihm nicht so gut passten.
Mittlerweile hatte sie sich zwar an Walther gewöhnt, konnte ihn aber einfach nicht in ihr Herz schließen, etwas an seiner Art, vor allem wie er manchmal das Gesinde umherhetzte, missfiel ihr.
Margareta hängte die Tücher von den Fenstern ihres Gemachs ab, damit genug Licht für die Näharbeiten hereinkam. Sie sah, dass es wieder zu schneien begonnen hatte. Die weißen Schneeflocken tanzten über den Dächern der Burg.
„Heute werde ich mit dem grünen Stoff beginnen. Ich glaube, es bleibt noch ein großes Stück übrig. Möchte jemand von diesem Stoff?“, fragte Margareta die vier Edelfrauen.
Hannelore, die Frau von Ritter Thomas meldete sich als Erste: „Das ist wirklich ein sehr schöner Stoff, Herrin. Thomas hat etwas zugenommen, seine Hose ist an einer Naht aufgeplatzt, als er sich gebückt hatte, um seine Schuhe an zuziehen. Ich habe sie wieder gestopft, aber weiter ist die Hose trotzdem nicht.“
„Das heißt, sie kann jederzeit wieder platzen und das könnte leicht peinlich werden, wenn er vor dem Grafen stehen würde“, machte sich Mabilia über Thomas lustig. „Eigentlich hätte mir der Stoff für Rupert auch gut gefallen, aber ich glaube, dein Mann hat die neuen Hosen wirklich nötiger.“
„Mir ist auch schon aufgefallen, dass Thomas ganz schön zugenommen hat! Er schlägt abends auch ordentlich zu, immer hat er den Teller vollgeladen. Vielleicht solltest du in die Hosen Abnäher einfügen, damit er sie weiterstellen kann, falls er noch mehr zunimmt“, merkte Eleonore an.
„Ach, im Frühjahr, wenn er wieder mehr Bewegung hat, wird das schon wieder“, entgegnete Hannelore.
Margareta,