zeigt sich, dass neben der Institutionalisierung des hier beschriebenen Prozesses auch noch erhebliche verwaltungstechnische Vorbereitungen erforderlich sind. Die Einführung einer neuen Aufgabe in die kommunale öffentliche Verwaltung ist kein trivialer Vorgang, so dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz klar ist, in welchem Zeitfenster das Gesamtkonzept vollumfänglich umgesetzt und das eGBR betriebsbereit sein wird. Nach Einschätzungen der handelnden Akteure wird in NRW aktuell davon ausgegangen, dass die Architektur bis zum Sommer 2021 bereitstehen soll und dann zeitnah auch der Betrieb aufgenommen werden kann. In diesem Fall könnte der gesetzliche Zeitplan zur Einbindung der ersten gesundheitsfachberuflichen Leistungserbringer in die Telematikinfrastruktur funktionieren.
Eine zweite zentrale Hürde für die effiziente Einbindung der Gesundheitsfachberufe in die Prozesse der Telematikinfrastruktur, neben der Authentifizierungsfrage, ist nach wie vor die passende technische Zugriffstechnologie. Wie bereits erwähnt, arbeitet ein Großteil der gesundheitsfachberuflichen Leistungserbringer nicht in einer Praxis, sondern im häuslichen Umfeld des Patienten. Das gilt besonders für die freiberuflichen GeburtshelferInnen (Hebammen) und die ambulanten Pflegekräfte. Aktuell existiert noch keine, durch das Bundesamt für Informationstechnik (BSI) zertifizierte, mobile Zugriffstechnologie. Es existieren bis dato lediglich Überlegungen und Forschungen in diese Richtung. In Anbetracht der gesetzlichen Zeitfenster für die Anbindung der Gesundheitsfachberufe könnte hier die Zeiterfordernis für die Zulassung durch das BSI zum Flaschenhals des rechtzeitigen Rollouts der TI im Feld der Gesundheitsfachberufe werden. Dieser Aspekt wird auch im nächsten Jahr genau zu beobachten sein.
Die Abbildungen 2d und 2e zeigen exemplarisch die jüngste Generation der aktuell zugelassenen Hardware. Abb. 2d zeigt ein Gerät des Typs „Einboxkonnektor (EBK)“, wie er üblicherweise im Praxisbetrieb zum Einsatz kommt. Die Abb. 2e zeigt ein Gerät des Bautyps „Rechenzentrumskonnektor (RZK)“. Beide Bautypen sind für den Einsatz in den meisten gesundheitsfachberuflichen Praxisfeldern nicht wirklich geeignet, weil sie nicht für eine mobile Nutzung ausgerichtet sind.
Die Telematikinfrastruktur verspricht vor allem durch die verbesserte ad hoc Verfügbarkeit von relevanten Patientendaten einen echten Mehrwert für Patienten und Leistungserbringer. Beispiel: die Veränderung der Medikation eines ambulanten Pflegepatienten stellt regelmäßig eine Herausforderung für den ambulanten Pflegedienst dar. Insofern scheint die Verfügbarkeit eines stets aktuellen elektronischen Medikationsplans, wie er als Anwendung der Telematikinfrastruktur verfügbar sein soll, eine echte Verbesserung für die ambulante Pflegepraxis dar. Ein anderes Beispiel lässt sich aus der Praxis der freiberuflichen Hebammen herausarbeiten. Die freiberufliche Hebamme ist im Rahmen einer Entbindung ohne Hinzuziehung eines Arztes berechtigt, der werdenden Mutter ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel zu verabreichen. Für den behandelnden Gynäkologen ist die Information über die Verabreichung eines Arzneimittels an seine Patientin ebenfalls relevant. Das Konzept der Telematikinfrastruktur umfasst aus genau diesem Grund auch schon seit der ersten Stunde die Bereitstellung eines elektronischen Medikationsplans. Damit diese Anwendung im Sinne der Idee funktioniert, muss mit der technischen Umsetzung aber auch ein ausgewogenes Zugriffsrechtekonzept umgesetzt werden. Es liegt auf der Hand, dass der maximale Nutzen für Patienten und Leistungserbringer mit der Ausgestaltung des „feingranularen Zugriffsrechtekonzepts“ steht und fällt. Auf dieser regulativen Ebene kann die optimale Verzahnung der unterschiedlichen Leistungsansätze am Patienten abgebildet werden. Neben diesen, für die Telematikinfrastruktur relevanten Aspekten des PDSG, wurden mit dieser Norm weitere Digitalisierungsthemen auf den Weg gebracht.
2.4 Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG)7
Mit dem Referentenentwurf werden die rechtlichen Grundlagen für die Einführung von „Digitalen Pflegeanwendungen (DIPAs)“ gelegt. Die DIPA `s sollen im Sinne digitaler Helfer über mobile Endgeräte oder aber auch als browserbasierte Webanwendung die Pflegepraxis unterstützen. Sie sollen von den Pflegebedürftigen genutzt werden können, um zum Beispiel den eigenen Gesundheitszustand durch Übungen zu konsolidieren und/oder zu verbessern.8
Mit der geplanten Norm soll auch die Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA) weiter vorangetrieben werden. Zum einen sollen die Versicherten in Zukunft die Möglichkeit erhalten, Daten, aus der DIGA Nutzung unkompliziert in ihre elektronische Patientenakte zu übertragen. Zum anderen sollen Leistungen, die von Heilmittelerbringern oder GeburtshelferInnen im Zusammenhang mit DIGA `s erbracht werden, künftig auch vergütet werden.
Darüber hinaus wird auch das Thema der Informationssicherheit rund um die digitalen Gesundheitsanwendungen weiter geschärft. Zu diesem Zweck ist die Einführung eines verpflichtenden Informationssicherheitszertifikat für DIGA-Anbieter geplant, außerdem werden DIGA-Anbieter einer Verschwiegenheitspflicht unterworfen.
Mit dem Entwurf des DVPMG soll auch das telemedizinische Angebot für gesetzlich Versicherte verbessert werden. Es soll dazu die Vermittlung von Vor-Ort-Arztterminen um die Vermittlung telemedizinischer Leistungen ergänzt werden. Dadurch sollen die Versicherten ein Angebot aus einer Hand erhalten. Außerdem soll der kassenärztliche Bereitschaftsdienst telemedizinische Leistungen anbieten.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) wird beauftragt, die formalen Grundlagen für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung zu schaffen.
Auch mit Blick auf die Telematikinfrastruktur steuert das DVPMG erkennbar nach. Neben den bereits im DVG definierten Berufsgruppen (Physiotherapie, Geburtshilfe und Pflege) ist im nun vorliegenden DVPMG Entwurf erstmals auch die Rede davon, „Heil- und Hilfsmittelerbringer“ in den Kreis der TI-Teilnehmer aufzunehmen. Damit sind dann auch die Ergotherapeuten, Logopäden u.a. Heilmittelerbringer benannt. Des Weiteren sollen nun auch perspektivisch Leistungserbringer aus dem Bereich der Soziotherapie an die TI angebunden werden. Es werden aber auch konzeptionelle Anpassungen eingesteuert. Demnach soll die Gesundheitskarte künftig nicht mehr als Datenträger verwendet werden. Der elektronische Medikationsplan und der Notfalldatensatz sollen dann nur noch in der elektronischen Patientenakte geführt werden. Die Abgabe, Änderung und der Widerruf einer Organspendeerklärung wird in dem vom BfArM zu errichtenden Organspenderegister über eine Versicherten-App der Krankenkassen getätigt werden. Dies soll auch dann funktionieren, wenn die Versicherten keine elektronische Patientenakte nutzen.
Vielversrechend klingt auch die Ankündigung, dass Versicherte und Leistungserbringer ab 2023 jeweils eine digitale Identität zur sicheren Authentifizierung im Rahmen digitaler Transaktionen erhalten sollen. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Instrument zur weiteren Ausgestaltung der Telematikanwendungen. Damit können sich dann beispielsweise Patienten und Leistungserbringer für eine digitale Sprechstunde sicher authentifizieren. Es soll auch für Hebammen und Heilmittelerbringer eine Videobehandlung ermöglicht werden.
Mit dem DVPMG Entwurf wird die Berufsgruppe der Hilfsmittelerbringer nicht nur zum ersten Mal im Kontext der hier betrachteten Digitalisierungsgesetzgebung (DVG, PDSG, DVPMG) als perspektivische Teilnehmer an der Telematikinfrastruktur genannt, sondern der Gesetzgeber macht auch deutlich, dass die Anbindung an die Telematikinfrastruktur mittelfristig verpflichtend wird. In den Ausführungen zur e-Verordnung werden die Hilfsmittelerbringer in einer Reihe mit den häuslichen Krankenpflegediensten, der außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie, den Heilmittelerbringern und den Apotheken aufgeführt. Dabei steht für den Gesetzgeber die flächendeckende Nutzbarkeit der e-Verordnung im Vordergrund.
Die ganzheitliche Beförderung der digitalen Vernetzung im deutschen Gesundheitssystem wird mit dem DVPMG ebenfalls