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Panitzsch


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Dort zeugt noch heute der Name der Stadt Hoyerswerda von den Friedeburgern als Stadtgründer. Von 1243 bis 1317 verfügten die Herren von Friedeburg über ganz enge Beziehungen zu den Merseburger Bischöfen,9 die u. a. auch zur Veräußerung der Schkeuditzer Burgen führte. Dem Merseburger Bischof gelang es vielfach jedoch erst nach zähen Auseinandersetzungen mit den wettinischen Markgrafen von Meißen, die neu erworbenen Besitzrechte zu sichern. Der Erwerb Panitzschs mit weiteren zugehörigen Dörfern bildete einen wichtigen Baustein, um die merseburgischen Ansprüche im Leipziger Land durchzusetzen.

      Erst durch Verträge von 1270 und neuerlich 1271 vertrug sich der Wettiner Dietrich, Markgraf von Landsberg mit Bischof Friedrich I. über Panitzsch und die umliegenden Dörfer,10 die nunmehr unangefochten Merseburger Besitz sein sollten. 1270 werden die Dörfer mit Zweenfurth, Borsdorf, Althen, Wolfshain (halb), Schönefeld und Volkmarsdorf einzeln aufgeführt. Dabei handelt es sich offenbar um das „weitere Zubehör“ der Urkunde von 1267. Ein Teil dieser Dörfer, soweit sie zum Kirchspiel Panitzsch gehörten,11 sollen in die Betrachtung mit einbezogen werden, um ein Bild vom Siedlungsgang in der Landschaft um Panitzsch zu gewinnen.

      Heinz Quirin ist eine ausführliche Ortsgeschichte Panitzschs zu verdanken,12 ferner hat Max Müller 1937 für den Ostteil der Leipziger Tieflandsbucht eine Siedlungsgeschichte vorgelegt.13 Beide sind auf die Bedeutung der Urkunde von 1267, ihre Stellung im Ringen zwischen den Bischöfen von Merseburg und den Wettinern um das Leipziger Land sowie auf Panitzsch eingegangen. Ihre Ansicht, bei Müller nur vorsichtig geäußert, die Herren von Friedeburg hätten rings um Panitzsch durch die Besiedlung ein kleine Gerichts- bzw. Grundherrschaft aufgebaut, soll im Folgenden einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Dabei sind archäologische, schriftliche und siedlungskundliche Quellen gleichermaßen zu befragen.

      Letztere Quellen, also die Dorf- und Flurformen der Orte aber auch die Kirchenorganisation14 erlauben Aussagen über die Zeit vor der Ersterwähnung Panitzsch von 1267. Als stabilste Strukturen des Mittelalters haben sich die Kirchensprengel erwiesen, deren Veränderung sich zudem aufgrund der besseren Überlieferungslage kirchlicher Archive gut nachweisen lässt. Die Panitzscher Kirche bildete bis 1529 die Pfarrkirche für die Filialkirchen in Althen, Sommerfeld und Zweenfurth. In letztere Kirche war zudem Borsdorf, das nicht über eine eigene Kirche verfügte, eingepfarrt. Die meisten dieser Orte werden erstmals im Zusammenhang mit den Friedeburgschen Besitzveränderungen in den 1260er bzw. 1270er Jahren genannt. Als Pfarrkirche stellte die Panitzscher Kirche zweifelsohne die älteste Kirche dieses Sprengels dar. Zudem müssen die eingepfarrten Dörfer in einer herrschaftlichen Beziehung zu Panitzsch gestanden haben, sonst wären sie nicht in die dortige Kirche gepfarrt worden. Vom hohen Alter der Panitzscher Kirche zeugen archäologische Funde.15 So lässt sich nachweisen, dass es vor dem Bau einer steinernen Kirche zwei aufeinanderfolgende Holzkirchen an dieser Stelle gab. Offenbar stammt der Steinbau aus der Mitte des 12. Jahrhunderts spätestens jedoch aus der Zeit um 1220. Aus diesem Jahr stammt die Ersterwähnung Sommerfelds16 – sie ist die früheste im gesamten Panitzscher Kirchspiel. Markgraf Dietrich von Meißen übereignete in jenem Jahr Sommerfeld an das eben gegründete Heilig Kreuz-Kloster in Meißen. Dabei können zwei für den Siedlungsgang bemerkenswerte Tatsachen beobachtet werden. Zum einen hatte der Markgraf die Sommerfelder Güter von Heinrich Vogt von Schkeuditz gekauft. Zum anderen ist mit den in der Urkunde genannten 32 Hufen, der Gesamtumfang Sommerfelds wohl annähernd umrissen.17 Gemäß der mittelalterlichen Dorf- und Flurverfassung bildete der Besitz einer an eine Hofstelle gebundenen Hufe die Grundlage für die Teilhabe des Hofstellenbesitzer am Gemeinderecht. Eine Hufe war zudem eine wirtschaftliche Einheit, die die Möglichkeit bot, eine Familie (im weiteren Sinne mit Gesinde und Auszüglern) zu ernähren. Da es im 16. Jahrhundert in Sommerfeld nur noch 26 Höfe gab, muss es bis dahin einen Rückgang gegeben haben.18 Siedlungsgenetisch stellt Sommerfeld ein Straßenangerdorf dar.

       Der Sommerfelder „Bauernastronom“ Christoph Arnold zeichnete im Jahre 1690 einen Plan Sommerfelds mit den zugehörigen Gebäuden und Grundstücken.

      Diese weisen einen ellipsenförmigen Grundriss auf, wobei sich in der Mitte der Anger mit Kirche sowie weiteren öffentlichen Gebäuden befindet und ringsherum in zwei gegenüberliegenden Reihen die Gehöfte liegen. Für Sommerfeld hat sich aus dem Jahre 1690 einer der frühesten Dorfgrundrisse erhalten, der dies beeindruckend veranschaulicht. Die frühe Erwähnung Sommerfelds mit 32 Hufen ist insofern bemerkenswert, als mit Baalsdorf (1213: 20 Hufen, 3 Hofstellen) und Probstheida (1213: 30 Hufen) zwei weitere Straßenangerdörfer im Leipziger Osten bereits früh als voll ausgebildet erwähnt werden.19 Sie dürften also um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert entstanden sein und den Landesausbau im östlichen Leipziger Land belegen. Die Nennung von Gehöften oder Hufen in dieser frühen Zeit muss nicht bedeuten, dass die Hofstellen bereits vollständig besetzt waren, wohl aber vorgeplant und der Dorfraum gegen die Flur abgegrenzt. Die jüngsten archäologischen Untersuchungen Dirk Scheidemantels zum Straßendorf Breunsdorf, ebenfalls eine Dorfform der Ostsiedlung, haben nach der Lesart des Archäologen Felix Biermann diese Beobachtung hervorgebracht.20

      Das Beispiel Sommerfeld führt somit die Planmäßigkeit der Anlage neuer Siedlungen vor Augen, die sich auch im Falle des Straßenangerdorfs (mit Filialkirche) Althen bestätigt, das gleichermaßen zur Pfarrei Panitzsch gehörte.21

      Die Erwähnung eines edelfreien Herren von Schkeuditz als Besitzer schlägt die Brücke zur Panitzscher Urkunde von 1267 und erlaubt völlig neue Rückschlüsse zur Besiedlung des östlichen Leipziger Landes. Die Herren von Schkeuditz waren nämlich mit den Herren von Friedeburg verwandt, ja letztere traten sogar deren Erbe an.22 Sommerfeld ist insofern ein Glücksfall, als der Ort zu einem Zeitpunkt genannt wird, da er sich noch in der Hand der Schkeuditzer befand. Die Zugehörigkeit zum Kirchspiel Panitzsch gestattet es, unter Hinzuziehung weiterer Quellen Parallelentwicklungen auch für die übrigen Orte anzunehmen. Die in der Urkunde von 1267 genannte Gertrud, der ein Teil von Panitzsch zum Leibgedinge gegeben worden war, bildet die Brücke zwischen den Herren von Schkeuditz und von Friedeburg. Die Gemahlin Ulrichs von Friedeburg war eine geborene Frau von Schkeuditz. 1262, nunmehr schon als Witwe, übereignete sie der Marienkapelle im Leipziger Hof ihres verstorbenen Gatten 60 Mark Silbers.23 Der Hof wird 1285 als einstiger Besitz der Herren von Schkeuditz genannt,24 gehörte demnach der Familie, die das Amt des Leipziger Stadtvogts inne hatte. Eine nicht sicher zu datierende Urkunde belegt, dass die Witwe über Besitz in Abtnaundorf (12 Hufen) verfügte, den sie dem Merseburger Benediktiner-Kloster St. Peter übereignete.25 Erneut lässt sich damit ein Ort im Osten des Leipziger Landes erkennen, der zum Besitz der Herren von Friedeburg und damit zuvor wohl der Herren von Schkeuditz zählte. Abtnaundorf ergänzt die Reihe der Orte, die 1270 im Zusammenhang mit Panitzsch genannt werden: Althen, Wolfshain, Schönefeld und Volkmarsdorf.26 Als Naundorf, also „neues Dorf“ kennzeichnet es siedlungsgeschichtlich eine Randlage in der Nähe älterer, wohl slawischer Dörfer. Tatsächlich zwängt sich die Abtnaundorfer Flur zwischen die von Schönefeld und Cleuden.

      Zur Bedeutung der Herren von Schkeuditz und deren Verbindung zum nahen Leipzig muss ein Blick auf deren Entwicklung im 12. und 13. Jahrhundert geworfen werden. Seit 1118 sind die Herren von Schkeuditz in Urkunden bezeugt. Dabei traten vor allem in der Umgebung der Erzbischöfe von Mainz sowie der Halberstädter Bischöfe auf, ehe mit Otto von Schkeuditz ein Vertreter der Familie (wenig erfolgreich) Bischof von Halberstadt wurde. Vor 1123 hatte die Familie in Heusdorf (bei Apolda) ein Hauskloster gegründet, dessen Vogtei (weltliche Aufsicht) sie übernahm.27 Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts finden sich die Herren von Schkeuditz im Umfeld der Naumburger Bischöfe sowie der wettinischen Markgrafen von Meißen aber auch der römisch-deutschen Könige. Sie bezeugten bedeutende Rechtsakte mit, wie die Weihe der Zwickauer Marienkirche 1118, 1143 die Bestätigung der Klostergründung in Chemnitz durch König Konrad III. sowie die Gründung des Klosters Zelle 1173 durch König Friedrich I.28 Hervorzuheben ist die Nennung Gottschalks von Schkeuditz im Leipziger Stadtbrief von 1156/70 als Vogt der Stadt.29