Hans-Jürgen Hennig

Zwei gegen Ragnarøk


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und der Bauch tut mir immer noch weh. Mama sagt, dass du ein Kräutlein weißt, das mir helfen kann.“

      „Natürlich kann ich dir mit ein paar Kräutlein helfen. Ich gebe dir jetzt ein paar getrocknete, die du heute als Tee trinken musst. Dann wird dein Bauchweh nachlassen. Morgen, nach dem ersten Essen kommst du wieder zu mir und wir gehen gemeinsam über die Wiesen. Ich zeige dir dann, wo diese Kräuter wachsen, damit du sie dir immer selbst suchen kannst und ich meinen kleinen Kräutergarten nicht plündern muss.“

      Fifilla machte sich an ihren Kräuterbeuteln zu schaffen, die in langen Reihen von der Decke herabhingen und suchte für Hilda die richtigen Kräuter zusammen.

      Hilda schaute neugierig zu. „Ich glaube, das da kenne ich, das ist Schafgarbe.“

      „Stimmt, du kluges Mädchen, und das andere Kraut heißt Frauenmantel. Morgen suchen wir sie gemeinsam. Das hier reicht erst mal für heute. Mache dir zweimal einen Becher Aufguss davon und trinke ihn.

      Hilda, noch etwas. Ich glaube, dass Alvitur dir heute noch etwas Wichtiges mitteilen möchte. Ich werde auch bei Alvitur sein, wenn du kommst. Gehe also nicht weg, bleib in der Nähe eurer Hütte.“

      „Was ist denn an mir so wichtig“, fragte Hilda ganz verdutzt.

      „Als du geboren wurdest, war es genau so ein Tag wie heute, Frühlingssonne und massenhaft Gänseblümchen …“

      Versonnen schaute Fifilla in Hildas Augen. „Dieser Tag war etwas Besonderes; du wurdest von Freya gesegnet.“ Und nach einer kleinen Pause: „So, nun geh schon.“

      Erleichtert, aber auch etwas nachdenklich machte sich Hilda wieder auf den Heimweg. „Von Freya gesegnet“, gingen ihr Fifillas Worte durch den Kopf, und plötzlich fiel ihr der Traum ein, als Freya zu ihr sprach, damals als sie Skyggi ausgebrütet hatte. Jetzt sprangen ihr auch die vielen tausend Gänseblümchen fast ins Auge, die sich so plötzlich, überall der Morgensonne entgegen reckten.

      „Gänseblümchen, das waren ja die Blumen der Göttin Freya und Freya hatte sie gesegnet?“ Sie empfand plötzlich Glück und machte ein paar Hüpferschritte, wie sie die kleinen Kinder machten.

      „Na ja, etwas anders, als die meisten Mädchen bin ich schon“, dachte sie. „Ich spiele lieber mit den Jungen, habe einen Raben und habe sogar einen Troll als Freund. Hm, aber das mit dem Troll wissen ja sowieso nur Falki, Alfger und Sölvi.“

      Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da flatterte es über ihren Kopf und Hilda rief erfreut: „Skyggi, wo kommst du denn her?“ Sie hielt ihm die Hand hin, damit er sich setzen konnte.

      Skyggi ließ ein leise „Orr, orr“ ertönen und ließ sich auf ihrer Hand nieder.

      „Du alter Flattervogel, damit du es weißt, ich bin jetzt eine Frau und jetzt hast du mir erst recht zu gehorchen!“

      Skyggi legte den Kopf etwas schief und sah sie so an, als verstünde er, was Hilda ihm grade gesagt hatte.

      „Skyggi, flieg nach Hause und sag der Mama, dass ich komme und großen Hunger habe.“

      Der Rabe drehte wieder den Kopf hin und her und hielt ihr dann seinen Kopf hin. Hilda wusste, Skyggi wollte jetzt gekrault werden. Sie tat ihm den Gefallen und es freute sie, wieder zu spüren, wie wohl sich Skyggi dabei fühlte.

      „So, nun flieg nach Hause“, und Hilda hob die Hand ganz schnell hoch. Skyggi flatterte auf und flog davon.

      Als Hilda zu Hause ankam, saß Skyggi schon auf dem Dachkreuz und kündete ihr Kommen mit lautstarkem Gekrächze und Flügelflattern an.

      Einen Augenblick später kam Falki um die Hausecke und mit einem breiten Grinsen begrüßte er seine Schwester: „Guten Morgen Hilda.“

      Hilda stutzte. „Warum grinst du mich so an? Hast du einen Schabernack vor?“

      „Nein, Schwesterchen, aber heute gibt’s etwas besonders Gutes zum Essen, und du darfst es dir aussuchen! Da darf ich mich doch freuen, oder?“

      Ein kurzes Flattern in der Luft und Skyggi saß wieder auf Hildas Schulter. Jetzt lachte sie. „Wenn Skyggi etwas vom Essen hört, ist er gleich da; hi, hi, wie Arnor.“

      Hilda fühlte sich plötzlich irritiert und fragte mit hochgezogenen Brauen: „Falki, was starrst du mich so an? Habe ich Dreck im Gesicht?“

      „Hmm, nein, aber ich habe gedacht, dass du nun als Frau irgend wie anders aussiehst. Die Mutter hat mir eben gesagt, dass du nun eine Frau bist. Spielen wir nun nicht mehr zusammen? Darf ich jetzt nicht mehr an deinen Zöpfen ziehen?“

      „Doofkopf, wir machen alles wie immer. Du machst deine Arbeiten, ich meine und wenn wir Zeit haben, machen wir alles zusammen, wie immer.“

      „Genau so dachte ich es mir“, grinste Falki und machte die Tür auf.

      Hilda gab ihrer Mutter die getrockneten Kräuter und erklärte: „Hier das muss ich jetzt immer als Tee trinken, hat Fifilla gesagt. Ich will mal gleich damit anfangen. Mama ist heißes Wasser da?“

      „Na klar, geh nur an den Kessel und nimm dir davon. Ich wusste schon, was du für Kräuter mitbringen würdest.“

      Falki nuschelte in das Frauengespräch: „Gibt’s hier heute nichts mehr zu Essen? Mein Bauch knurrt.“

      „Nimm dir Brei und Trockenfisch und beeile dich. Falki, da steht auch noch gekochtes Gemüse. Du musst heute mit deinem Vater und ein paar anderen zusammen zum Fischen. Sie brauchen euch heute und abends gibt’s dann was Feines zum Essen.“

      Falki zog ein langes Gesicht; Fischen war nicht seine Lieblingsarbeit. Dann setzte er sich an den Tisch, aß Brei mit Trockenfisch und Hilda bereitete ihren „Frauentee“ zu. Natürlich machte sie das mit ernster Mine, der Wichtigkeit dieses besonderen Tages angemessen.

      Mutter Hilda lächelte verstehend in sich hinein und fragte: „Töchterchen, was wollen wir denn heute Abend zur Feier des Tages essen? Du darfst wählen.“

      „Mama, wirklich? Dann möchte ich gerne Zwiebelsuppe essen und gebratenen Fisch und süßen Brei mit Äpfeln und …“

      „Aufhören, das reicht“, rief Mutter Hilda sie unterbrechend. „Ich werde zusehen, dass ich alles zu deiner Zufriedenheit bis heute Abend auf den Tisch bekomme.“

      An Falki gewandt, sagte sie: „Beeile dich, Vater ist schon weg. Geh zu Finnur. Ihr fahrt mit im zusammen und mit Egill.“

      Falki leckte sich noch die Lippen und sprang auf. „Na dann macht’s mal gut ihr beiden Schönheiten. Habt ihr einen Wunschfisch, den ich für euch fangen soll?“

      „Na klar, haben wir einen Wunschfisch. Fang uns einen knurrenden Quallenhai, aber einen schönen, saftigen – hihi“, gluckste Hilda.

      Falki grinste noch einmal: „Na klar kriegt ihr den“, und schon, war er zur Tür hinaus.

      Mutter Hilda griff ihre Tochter bei den Armen und fragte: „Hat Fifilla noch etwas gesagt?“

      „Ja, sie hat gesagt, dass Alvitur heute bestimmt noch mit mir sprechen will, und sie glaubt, dass es wichtig sei.“

      „Ich erinnere mich an deine Geburt und an Alviturs Worte kurz danach. Ja, ja, ich glaube auch, dass es ihm wichtig ist. Er wird bestimmt Sölvi herschicken um dich zu holen. Kannst dir also heute einen schönen, faulen Tag machen.

      Aber da es noch früh am Tage ist, kannst du vorher noch die Hühner füttern und dann noch Wolle von Sigudur abholen.“

      „Mama, Sigudur war heute früh schon zum Essen bei Fifilla und der saß da, nur im Hemd und grinste mich ganz komisch an.“

      „Vielleicht hat Sigudur sich gefreut, dich zu sehen, und im Hemd herumzusitzen, ist ja nichts Schlimmes, oder?

      Ich weiß schon, was du denkst; ja, die beiden mögen sich und manchmal mögen sie sich auch sehr und dann essen sie eben auch schon früh zusammen, weil Sigudur die Nacht bei Fifilla verbracht hat.“

      Die