Hans-Jürgen Hennig

Zwei gegen Ragnarøk


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ich fühlte den Troll und dass er mit helfen wollte, ganz tief in mir.“

      Nach einer kleinen Pause, die Alfger nutzte, Hildas Hand zu ergreifen, fuhr sie fort: „Trolli, so nenne ich ihn, kann sogar sprechen! Er sagt immer Ida zu mir. Dann hatte er einen kleinen Baum angeschleppt und die Äste so abgebrochen, dass ich daran hochklettern konnte, wie an einer Leiter. Das hättet ihr auch nicht besser machen können. Ich konnte sogar meine beiden vollen Körbe aus der Grube retten. Es war Nacht und stockfinster, aber Trolli führte mich ganz sicher zu den Dreien.“

      Die drei Jungen saßen mit offenen Mündern da und wagten kaum zu atmen.

      „Hört mal, hinter den Brombeerbüschen ist dort eine kleine Höhle, die keiner von uns bisher entdeckt hat. Dorthin hat mich der Troll gezogen. Dann hat er mich in diese Höhle geschoben und wir haben die ganze Nacht da drin gesessen.“

      „Und du hattest keine Angst?“, fragte Sölvi.

      „Nein, überhaupt nicht. Ich sagte doch, ich fühlte, dass er nur gut zu mir sein wollte. Er war wie ein Beschützer und ich kam mir so sicher vor; komisch, so sicher, wie in Mutters Arm. Die Höhle war sogar mit Gras und Moos ausgepolstert. Trolli wärmte mich und ich konnte die ganze Nacht in seinem Arm schlafen. Das war alles.“

      Hilda entspannte sich und musterte die drei Jungen, die mit ungläubigen Gesichtern und großen Augen da saßen.

      Alfger fand als erster die Sprache wieder: „Und er hat dir wirklich nichts getan?“

      Falki grinste und spöttelte: „Hihi, du bist jetzt abgemeldet. Hilda hat einen neuen Freund.“

      Dafür erntete er einen strengen Blick von Alfger, dann war ein Moment lang Schweigen, in ihrem Versteck.

      „Ich habe dir geschworen, mit niemandem darüber zu reden, aber du solltest doch mit Alvitur irgendwann darüber sprechen“, meinte Sölvi schließlich und nickte dazu.

      „Es wäre auch Quatsch, dein Erlebnis den Leuten im Dorf zu erzählen. Die würden doch sowieso nur lachen und es nicht glauben. Lasst es unser Geheimnis bleiben, an mir soll es nicht liegen“ – und Sölvi hielt seine Hand in die Mitte zwischen die anderen.

      Hilda sah in Sölvis Augen und begriff. Sie legte ihre Hand auf Sölvis Hand und nickte. Ohne Zögern folgten Alfgers und dann Falkis Hand.

      „So soll es sein“, sagte sie.

       EIN BESONDERER TAG

      Ein Hahn krähte aus Leibeskräften, als die ersten Sonnenstrahlen Björkendal erreichten.

      Hilda erwachte langsam, aber schon im Halbschlaf spürte sie, dass irgendetwas anders war. Sie erschrak leicht, weil sie glaubte, im Schlaf Pipi gemacht zu haben.

      Erschrocken richtet sie sich ganz leise auf, um ja keinen zu wecken und schlich sich im Halbdunkel zur Feuerstelle. Vorsichtig und leise blies sie in die Glut und legt ein paar Holzspänchen auf. Mit leisem Knistern züngelten die erwachten Flämmchen nach dem frischen Holz, wurden schließlich größer. Hilda mochte den Geruch des brennenden Holzes, nur nicht wenn ihr der Qualm direkt in die Augen biss, so wie jetzt, dass Tränen liefen.

      Im schwachen Schein des kleinen Feuers blickt sie an sich hinunter und erschrak – ihr Hemdchen ist voller Blut.

      Sie hat sich doch gar nicht verletzt. Nun bemerkte sie auch das Bauchweh, das sie erst gar nicht wahrnehmen wollte. Jetzt schaut sie etwas ängstlich drein und wusste nicht so recht, was sie machen sollte.

      Da hört sie Mutter Stimme: „Was ist los, meine kleine Sonne? Komm zu mir. Hattest du einen bösen Traum?“

      Hilda ging etwas beschämt auf die Mutter zu. „Nein, kein böser Traum. Mama, ich blute und habe Bauchweh. Aber ich hab nichts Schlimmes gemacht, „kam es ihr weinerlich über die Lippen.

      Mutter Hilda wusste sofort, was da mit ihrer Tochter geschehen war und richtete sich vollends auf. „Komm zu mir, meine Kleine.“

      Sie nahm Hilda in ihre kräftigen Arme und drückt sie lange. Dann streichelt sie Hilda über das Haare, fasste ihre Zöpfe und dreht ihre Kopf, so dass sie ihr in die Augen schauen konnte.

      „Du musst dich nicht sorgen, mein Sonnenschein. Das, was dir da grade passiert, ist ganz normal. Jedes Mädchen erlebt das irgendwann zum ersten Mal.“

      Sie schaute Hilda in die Augen, drückte sie wieder an sich und flüsterte geheimnisvoll: „Nun bist du keine kleine Hilda mehr, jetzt bist du eine kleine Frau geworden und ich bin stolz auf dich. Das wird vielleicht ein paar Tage lang etwas wehtun, aber das geht vorbei. Alle Frauen haben das, meistens im Wechsel mit dem Mond. Sorge dich nicht, es ist in Ordnung und es muss sogar so sein.

      Nimm etwas von dieser Wolle hier. Ich zeige dir, wie du das machst und dann gehst du zu Fifilla, die wird dir ein paar Kräuter zeigen, die dir jeden Monat helfen können, das kleine Übel leichter zu ertragen.“

      Fast gleichzeitig tönen nun Ernirs und Falkis Stimme durch das Halbdunkel der Hütte: „Was ist denn los?“

      Falki stöhnte mit leidender Stimme: „Buäää, nicht mal ausschlafen kann man hier. Ich bin noch sooo müde.“

      „Kommt hoch ihr Faulpelze, der neue Tag wartet auf euch und eure kräftigen Arme. Nichts ist los, nur etwas Frauenkram. Kommt raus aus den Fellen und beschafft etwas zum Essen“, rief Mutter Hilda, öffnete die Tür und ließ die frische Morgenluft hinein. Sie nahm sich die zwei Wassereimer, das Tragejoch und ging sie zum Bach, Wasser zu holen.

      Hilda hat sich inzwischen so mit der Wolle versorgt, wie es ihr die Mutter erklärt hatte.

      Als Mutter Hilda mit den Wasser zurück war, macht sie sich rasch frisch und sagte: „Ich gehe jetzt mal zu Fifilla.“

      „Ja, kleine Frau, geh nur“ – und die Mutter streichelte ihr noch einmal über den Kopf.

      Trotz des Bauchwehs strahlte Hildas Gesicht. „Jetzt war sie eine Frau“, freute sie sich und fühlte sich gleich viel besser.

      Mit hoch erhobenem Kopf lief sie stolz durch das Dorf, in Richtung Fifillas Hütte. Niemand begegnete ihr zwischen den Hütten, niemand, dem sie sagen konnte, dass sie nun eine Frau geworden war und das fand sie doof.

      Vor Fifillas Hütte, verhielt sie und lauschte erst mal, aber nichts rührte sich. Doch dann traut sie sich und klopfte an. Gleich darauf rief Fifilla: „Komm rein.“

      Hilda macht die Tür etwas zaghaft auf und staunt dann aber nicht schlecht, dass Fifilla schon gemütlich beim ersten Essen saß und dabei nicht alleine war. Mit vergnügtem Lächeln saß Sigudur neben ihr und löffelt genüsslich seinen Brei.

      Fifilla war eine erfahrene Kräuterfrau, die auch jeden im Dorf und seine Wehwehchen, ausgezeichnet kannte. Sie schaut die kleine Hilda aufmerksam an und ahnt sofort, warum Hilda so früh am Morgen zu ihr gekommen war. Als Hilda auch noch mit den Worten zögert und etwas beschämt in Sigudurs Richtung guckt, war sich Fifilla ganz sicher und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen. Sie schaut ihn grinsend an und sagte: „Geh mal zu deinen Viechern, die haben auch Hunger. Wir haben jetzt ein wichtiges Frauengespräch zu führen, stimmt’s, Hilda?“

      Hilda nickt erleichtert und lächelt. Sie war froh über Fifillas Klugheit und dass sie es ihr auf diese Art leichter machte.

      Sigudur hatte es aber überhaupt nicht eilig und löffelte in aller Seelenruhe seine Schüssel leer. Dann grinste er die beiden Frauen mit einem Lächeln an, das sicher nur Fifilla richtig deuten konnte, nahm sich noch einem Apfel vom Tisch und verließ, nur mit einem Hemd bekleidet, immer noch grinsend, die Hütte.

      Da musste auch Hilda lächeln und Fifilla deutet auf dem Platz neben sich und sagt: „Setzt dich und erzähle. Wann hat es angefangen?“

      Hilda machte große Augen. „Was, wieso weißt du, das etwas angefangen hat?“

      „Ach Mädchen, ich bin schon ziemlich lange eine Frau, ich weiß wie alt du bist,