auf der einen Seite einer Senke fand sich ein Gebirgszug und auf der anderen ein großes Moor – und das Wetter erlaubten es den Römern nicht, den Feind, der sich hinter Schanzen verbarg und immer wieder blitzartig zuschlug, zu einer regulären Schlacht zu stellen. In einem viertägigen Kampf wurden drei Legionen vernichtet und Germanien blieb frei!
Der Ort dieser katastrophalen Niederlage Roms wurde im Gegensatz zum Schlachtverlauf in den schriftlichen Quellen nicht näher bestimmt, sieht man einmal von der Angabe „saltus teutoburgiensis“ des römischen Historikers Tacitus (um 55 – ca. 117/120 n. Chr.) ab. So war der Forschung ein breiter Raum für Spekulationen gegeben. Unzählige Theorien über Ort und genauen Ablauf der Schlacht entstanden.
Das Schlachtfeld
Schon Theodor Mommsen, der große deutsche Altertumswissenschaftler des 19. Jhs., hatte aufgrund von Münzfunden in Kalkriese die Vermutung aufgestellt, die Varusschlacht habe hier stattgefunden. Im Jahr 1987 forcierten weitere Funde von Münzen und militärischen Objekten umfassende archäologische Untersuchungen, die relativ schnell Verbindungen zur überlieferten Topografie eines Schlachtfeldes erlaubten. Aus den ersten Untersuchungen entwickelte sich ein Großprojekt der Archäologie, bei dem sich die Ausgrabungen mittlerweile über rund 30 km² erstrecken.
Eine riesige Fundmenge kam im Laufe der Jahre zusammen, die insgesamt mit einer militärischen Auseinandersetzung zu verbinden ist: Reste von Waffen, Fahrzeugen und Gespanntieren, Werkzeuge, Münzen und persönlicher Habe der getöteten Legionäre. Vieles davon war beschädigt, sodass die plündernden Germanen es auf dem Schlachtfeld liegen ließen.
Anrührend sind aber auch die Bestattungen der gefallenen Römer. Nicht die Germanen, sondern römische Truppen unter Germanicus sorgten im Jahr 13 n. Chr. für die Beisetzungen in Gruben.
Museum und Park Kalkriese
Ein zentraler Punkt im Kampfgeschehen konnte auf dem „Oberesch“ lokalisiert werden. Weil die Funde in der breiten Öffentlichkeit Aufsehen erregten, stand schon im Jahr 2000 fest, dass in unmittelbarer Nähe zum Schlachtfeld die Ergebnisse der Grabungen präsentiert werden müssten. So entstanden 2002 das Museum und der 240.000 m² große Park Kalkriese auf dem „Oberesch“. Hier bot sich nämlich die Gelegenheit, die kriegerischen Ereignisse an Ort und Stelle zu präsentieren. Der Verlauf des germanischen Walls wird dabei durch Eisenstangen, die im Museum auch als Stelen bezeichnet werden, gekennzeichnet. Dort, wo er gesichert ist, stehen die Stangen dichter, während diese im nicht gesicherten Verlauf in größeren Abständen gesetzt sind. Darüber hinaus ist auch ein Wallabschnitt rekonstruiert worden. Der Marschweg der Römer ist mit rostigen Stahlplatten belegt. Außerdem ist im Landschaftspark auch der Versuch unternommen worden, die Umwelt des Jahres 9 n. Chr. darzustellen.
Das Museum selbst weist eine außergewöhnliche Architektur auf, die durch einen 40 m hohen, rostigen Turm dominiert wird. (Abb. 14) Vortragssäle und ein Ausstellungsbereich komplettieren das Haus. Neben der Präsentation der Funde werden im Museum auch Zeugnisse der schriftlichen Überlieferung und Forschungsgeschichte gezeigt.
Abb. 14 Bramsche, Museum und Archäologischer Park Kalkriese. Aussichtsturm.
Es ist selbstverständlich, dass nur eine Auswahl der Funde im Museum präsentiert werden kann. Das Material reicht von Münzen, über Teile der militärischen Ausrüstung der römischen Truppen bis hin zu Objekten des täglichen Bedarfs wie etwa Geschirr oder einige Luxusgegenstände für die Offiziere, die die plündernden Germanen übersehen hatten. Ein absolutes Prunkstück ist aber die Gesichtsmaske eines römischen Helms, der schon zu Anfang der Ausgrabungen gefunden wurde.
Angesichts der neuartigen Aufgabe, die Archäologie eines Schlachtfeldes darstellen zu wollen, ging man im Museum und Park Kalkriese neue Wege. Diese Bemühungen wurden im Jahr 2005 mit der Verleihung des seit 2002 ausgelobten Kulturerbepreises der Europäischen Union (Europa Nostra – European Heritage Award 2004) honoriert.
Da die archäologischen Forschungen in Kalkriese noch nicht endgültig abgeschlossen sind, wird es auch zukünftig noch Veränderungen im Museum geben.
Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH, Museum und Park Kalkriese, Venner Straße 69, D-49565 Bramsche-Kalkriese, www.kalkriese-varusschlacht.de
Literatur
LWL-Römermuseum in Haltern am See (Hrsg.), 2000 Jahre Varusschlacht. Imperium (2009); Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH – Museum und Park Kalkriese (Hrsg.), Varusschlacht. Konflikt (2009); G. Moosbauer, Die Varusschlacht (2009).
Der Heeseberg im Harz war zu unterschiedlichsten Zeiten ein Punkt, an dem Geschichte gemacht wurde. In der Bronzezeit war er Sitz einer florierenden Handelsmetrople, im frühen Mittelalter eine Trutzburg gegen das Machtstreben der Frankenkönige.
[15] Heeseberg – ein strategischer Punkt über Jahrtausende
Niedersachsen
Der Heeseberg mit seinen 200 m Höhe liegt in der Gemeinde Heeseberg zwischen den Ortsteilen Watenstedt und Beierstedt im Landkreis Helmstedt. Aufgrund der Lage zwischen den rund 300 m hohen Mittelgebirgszügen des Elm, südöstlich von Braunschweig gelegen, und den Feuchtgebieten des Großen Bruchs war der Platz schon in vor- und frühgeschichtlicher Zeit prädestiniert, hier verlaufende Handelswege zu kontrollieren. Seit 1998 laufen archäologische Untersuchungen durch das Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen.
Die Ausgrabungsergebnisse und ihre historische Einordnung
Aufgrund der bereits vorliegenden Untersuchungen zeigt sich folgendes Bild: Bereits für die Jungsteinzeit lassen sich auf dem Heeseberg Siedlungsspuren nachweisen. Jedoch gewann der Platz erst in der Bronzezeit an Bedeutung.
Bis 1998 war man davon ausgegangen, dass die Befestigung mit ihrer Fläche von etwa 25.000 m² – das entspricht gut drei Fußballfeldern – um etwa 1100 v. Chr. entstanden sei. Ausgrabungen im Wallbereich, der noch mit einer Höhe bis zu 5 m erhalten ist, (Abb. 15) konnten sowohl das Baudatum des ersten Walles als auch die Baugeschichte insgesamt klären. Danach wurde der älteste Wall zwischen 1130–1020 v. Chr. angelegt. Sowohl naturwissenschaftliche Methoden (C14-Datierung) und die Keramikfunde belegen dies. Der Wall um 1100 v. Chr. bestand aus einer Holzkonstruktion. Diese Verteidigungsanlage wurde im 9. Jh. v. Chr. durch eine massive Steinmauer als Verblendung ersetzt. Etwa um 700 v. Chr., zu Beginn der Eisenzeit, folgte der Mauer eine Palisadenkonstruktion. Innerhalb der aufwendigen Befestigungen konnte in dieser Zeit eine intensive Besiedlung beobachtet werden, wie zahlreiche Gruben im Inneren der Anlage belegen.
Abb. 15 Heeseberg, Hünenburg. Der mächtige Wall ist heute noch immer gut erhalten.
Bei der Durchsicht der älteren Funde, von denen man annahm, es handele sich um Erosionsmaterial, regte sich der Verdacht, dass es auch außerhalb der Befestigung, am Südhang des Berges, eine Siedlung gegeben haben könnte. Mit den heute allgemein üblichen Methoden der Prospektion – Luftbilder und geophysikalische Untersuchung – konnte bis zum Jahr 2008 eine Siedlung mit einer Größe von mindestens 150.000 m² – das entspricht etwa der Fläche von 21 Fußballfeldern – ausgemacht werden.
Die Prospektionsmaßnahmen wurden durch gezielte Ausgrabungen begleitet, weil weder Luftbilder noch geophysikalische Methoden in der Lage waren, über Einzelheiten, besonders aber Datierungsfragen, Auskunft zu geben. So legten die Archäologen innerhalb der Siedlung vor allem Gruben frei, die sehr unterschiedlich ausfielen. Anhand von Pfostenlöchern