um dem ständigen Katz-und-Maus-Spiel des Verbietens einzelner Substanzen und der geringfügigen Abänderung von Molekularstrukturen ein Ende zu bereiten.
Am Beispiel der neuen psychoaktiven Substanzen ist gut ersichtlich, dass man mit reinen Verboten keine Probleme löst, sondern sie manchmal sogar verschlimmert oder erst neue generiert. In diesem Fall hat man mit dem NPSG, das auf eine Eindämmung des Angebotes und eine Unterstützung für die Betroffenen abzielt, das Problem ganz gut in den Griff bekommen. Nicht ganz so einfach ist das jedoch bei anderen Substanzen und deren Folgewirkungen. Die Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Hepatitis C oder HIV unter Drogenabhängigen sowie eine Vielzahl von medizinischen sowie sozialen Folgewirkungen sind auf die Kriminalisierung der Substanzen zurückzuführen. Drogenabhängige bewegen sich aus Angst, erwischt zu werden, im Verborgenen und finden Mittel und Wege, um an die Substanz zu kommen, die sie brauchen. Der Konsum erfolgt häufig unter unsauberen Bedingungen und in der ständigen Angst vor der Polizei. Dies alles führt zu einem Kreislauf aus Konsum, Kriminalität, gesundheitlichen Folgewirkungen durch unsaubere Substanzen und Inhaftierung. Ein Entkommen aus diesem Kreislauf ist für viele erst möglich, wenn bereits massive Folgewirkungen eingetreten sind.
Dass reine Verbote wirkungslos sind, sieht man also nicht nur im Fall der Philippinen und der USA, auch in Europa erwiesen sich bei Abhängigkeitserkrankungen rein restriktive Modelle nicht als sehr hilfreich. Es stellt sich die Frage nach Alternativen.
Am anderen Ende des Umgangs mit psychoaktiven Substanzen steht deren völlige Legalisierung. Aber ist das das Mittel der Wahl? Die rechtliche Situation den Alkohol betreffend steht diametral zu jener von illegalisierten Drogen wie Opiaten oder Kokain. Er darf – unter Berücksichtigung der Einschränkungen durch Jugendschutzbestimmungen – in Österreich frei verkauft und beworben werden. Die Folgen dieser liberalen Bestimmungen und der kulturellen Einbettung des Alkohols in unserer Gesellschaft sind bekannt. 365.000 Alkoholabhängige in Österreich und weitere 740.000, die einen problematischen Umgang mit Alkohol pflegen [7]. Gegner der Cannabis-Legalisierung argumentieren mit diesen Zahlen: Weshalb sollte man eine weitere Substanz legalisieren, wenn es doch schon mit zwei legalisierten Substanzen – Alkohol und Nikotin – genügend Probleme gibt? Ein berechtigter Einwand. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie viel Sinn es macht, Cannabis, eine vermutlich harmlosere Substanz als Alkohol, zu kriminalisieren und dessen Konsument*innen, die genauso ein Bedürfnis nach Berauschung haben wie Alkoholkonsument*innen, ins Eck zu stellen. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es dazu keine vernünftige Begründung.
Doch wie meistens im Leben gibt es auch hier nicht nur Schwarz oder Weiß. Neben dem Verbot und der Legalisierung gibt es weitere Modelle zum Umgang mit psychoaktiven Substanzen. Allen voran die Entkriminalisierung, wie sie beispielsweise in Portugal seit vielen Jahren erfolgreich betrieben wird. Seit dem 1. Juli 2001 gilt dort das „Gesetz 30/2000“, das den Konsum aller Drogen im Land entkriminalisiert. Der Konsum von Cannabis ist seitdem ebenso wenig eine Straftat wie der von Heroin oder Kokain. Das heißt aber nicht, dass in Portugal der Besitz von Drogen zum Eigengebrauch erlaubt ist, er ist schlicht eine Ordnungswidrigkeit wie etwa das Falschparken. Wer mit geringen Mengen zum Eigengebrauch erwischt wird, muss vor die sogenannte Comissões para a Dissuasão da Toxicodependência (CDT), die Kommission für die Abmahnung der Drogensucht, bestehend aus einer/einem Jurist*in, einer/einem Psycholog*in und einer/einem Sozialarbeiter*in. Die Mitglieder der Kommission können Geldbußen verhängen oder die Betroffenen abmahnen, die wichtigste Aufgabe ist jedoch, Menschen zu einer Therapie zu bringen, wenn diese eine benötigen. Es geht also darum, Personen, die keine kriminellen Handlungen begehen, auch nicht zu kriminalisieren, sondern diese dem Hilfesystem zuzuführen, wenn sie es brauchen. Bei Jugendlichen und Erstkonsument*innen spielen auch Prävention und Aufklärung eine wesentliche Rolle. Das Signal ist deutlich: Der Konsum von Drogen ist nicht harmlos, aber auch nichts, was bestraft gehört, es braucht einen anderen Umgang mit diesem komplexen Thema. Das ist auch das wesentliche Merkmal der portugiesischen Politik, denn nicht die Entkriminalisierung alleine ist hilfreich, sondern der dadurch leichter mögliche Zugang zum Hilfesystem. Abhängige müssen keine Strafen mehr befürchten, wenn sie sich als solche zu erkennen geben, der Ausbau von Präventionskampagnen, Sozialarbeiter*innen auf der Straße und die Verbesserung von Therapie- und Substitutionsprogrammen unterstützen die Betroffenen, anstatt sie zu kriminalisieren.
Das heißt aber nicht, dass in Portugal jeglicher Umgang mit Drogen straffrei ist, es gibt eine deutliche Abgrenzung zwischen Konsument*innen und Händler*innen. Die Menge an Substanzen, die man bei sich führen darf, um straffrei zu bleiben, ist klar geregelt und auf einen Konsum von etwa zehn Tagen ausgelegt. Laut Definition sind das bis zu 25 Gramm Marihuana, zwei Gramm Kokain, einem Gramm Heroin oder Crystal Meth oder einem Gramm MDMA (Ecstasy) oder Amphetamin (Speed). Wer mehr bei sich hat, wird als Dealer nach dem Strafrecht bestraft.
Portugal lebt den Zugang der Entkriminalisierung nun schon seit mehr als 15 Jahren, ein Zeitraum, der lange genug ist, um die Folgen dieser Maßnahmen abschätzen zu können. Das Ergebnis dieser liberaleren Drogenpolitik ist ein positives, das Straßenbild hat sich verändert. Mitte der 1990er-Jahre hatte Portugal ein öffentlich sichtbares Drogenproblem, in Lissabon und anderen größeren Städten gab es Bezirke, in denen Süchtige auf offener Straße spritzten und verelendeten, die Anzahl der Heroinabhängigen war hoch. Nach der Entkriminalisierung stieg, entgegen den Befürchtungen der Kritiker*innen, die Anzahl der Drogenkonsumierenden im Land nicht an, im Gegenteil. Der Drogenkonsum unter den problematischen Konsument*innen ging zurück, die Zahl der Drogentoten sowie Neuinfektionen mit ansteckenden Erkrankungen wie HIV und Hepatitis C sanken. Die Zahl der Abhängigen in Behandlung stieg deutlich an. Dass weniger Jugendliche illegalisierte Substanzen konsumierten, ist ebenso ein äußerst wünschenswertes Ergebnis, genauso wie die deutliche Entlastung der ohnehin schon überfüllten Gefängnisse. Weniger Drogenabhängige wurden straffällig, weniger Menschen konsumierten Drogen in Haft. Lediglich die Anzahl der Erwachsener, die Drogen zumindest einmal ausprobierten, stieg geringfügig an, was im Wesentlichen auf den Konsum von Cannabis zurückzuführen ist [108]. Eine Entwicklung, die sich allerdings auch in anderen europäischen Ländern ohne vergleichbare Reformen zeigte. Insgesamt hat Portugal mittlerweile eine im europäischen Durchschnitt vergleichsweise niedrige Drogenkonsumquote. Alles in allem also positive Auswirkungen und das Gegenteil der Befürchtungen der Kritiker*innen, die Anzahl der Süchtigen würde mit einem liberaleren Zugang ansteigen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass aus wissenschaftlicher Sicht und aus den Erfahrungen der Länder mit einer liberaleren Drogenpolitik sehr vieles für eine Entkriminalisierung, verbunden mit einem Ausbau an präventiven und unterstützenden Angeboten, spricht. Letztlich bleibt es also eine rein politische Frage, ob sich eine Regierung dazu durchringt, den „Kampf gegen Drogen“ mit einem weniger restriktiven, mehr regulativen und unterstützenden Zugang zu führen.
DIE RECHTLICHE SITUATION IN ÖSTERREICH
Die österreichische Drogengesetzgebung differenziert zwischen Konsument*innen und Drogenhändler*innen und bietet ein breites Spektrum an unterstützenden und therapeutischen Maßnahmen für Abhängige. Die wesentlichsten gesetzlichen Regelungen finden sich im österreichischen Suchtmittelgesetz (SMG), das im Jahr 1998 das Suchtgiftgesetz ablöste und dem Grundsatz „Therapie statt Strafe“ wesentliche Bedeutung eingeräumt hat. Neben dem SMG existiert seit dem Jahr 2012 zusätzlich das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz (NPSG), das den Umgang mit den seit Ende der 2000er-Jahre aufgekommenen, überwiegend synthetischen Drogen regelt. Das NPSG ist in einigen Bereichen liberaler als das SMG, es versucht noch deutlicher die Konsument*innen von den Händler*innen zu unterscheiden und vor allem eine Reduktion auf der Angebotsseite zu erreichen. Das dritte wesentliche Gesetz im Zusammenhang mit Suchtmitteln in Österreich ist die Suchtgiftverordnung, die vorwiegend die ärztliche Verschreibung von Suchtmitteln sowie die Substitutionsbehandlung regelt.
Das Suchtmittelgesetz regelt den Umgang mit Substanzen wie Cannabis, Kokain oder Heroin. Was wenig bekannt zu sein scheint, ist, dass der Konsum von Suchtmitteln in Österreich generell nicht verboten ist, im SMG sind Besitz, Erwerb, Weitergabe, Erzeugung, Handel und ähnlich gelagerte Handlungen untersagt. Die Strafbarkeit des Konsums wird jedoch quasi indirekt über den Besitz geregelt, wer Suchtmittel konsumiert, muss