ist und erhebliche Finanzmittel erfordert – wie sich abermals bestätigt: der Erhalt des Herkules entpuppt sich neuerlich als „Daueraufgabe“.24 (Abb. 1) Bereits zwei Jahre zuvor hatte man, organisiert von den lokalen Medien, unter den Bürgern Geld für weitere Sanierungsmaßnahmen eingesammelt: „Diese Spenden-Aktionen sind die größte Bürgerbewegung in der Geschichte der Stadt Kassel“, resümierte voller Überschwang der damalige Oberbürgermeister Lewandowski.25 Zu pathetischen Formulierungen 1 Oktogon eingerüstet von Osten neigte bisweilen auch die Berichterstattung der „Hessischen Allgemeinen“, die im Januar 1990 titelte: „Unser Wahrzeichen – ein schwerer Junge“. Der „scheidende Kasselaner sieht ihn als letztes Zeichen seiner Vaterstadt am Horizont, den heimkehrenden grüßt er schon von weitem. Vereine tragen ihn im Wappen, Firmen verwenden ihn als Symbol, Fremde bestaunen die acht Meter hohe Kuppelfigur. In den Stürmen der Zeit vernarbt, aber ungebrochen wacht der Recke über Kassel, und die Leute lieben ihn.“26
1 Oktogon eingerüstet von Osten
Und doch: Trotz der vielen Besucher, gab 1981 Helmut Sander zu bedenken, sei eine „ziemlich allgemein verbreitete gefühlsmäßige Distanz zu dem düsteren Bauwerk mit seiner nackten Symbolfigur dem Verstehenwollen hinderlich.“ Das „Bauwerk allein“ könne man „nicht lieben“, man lasse es allenfalls gelten „in Verbindung mit den reizvollen Wasserkünsten, dem herrlichen Bergpark der Wilhelmshöhe und dem großartigen Erlebnis der berühmten Gemäldegalerie, dem Schloßmuseum und der Löwenburg.“ Ob die Erhebung der Wilhelmshöher Anlage zum Weltkulturerbe daran grundsätzlich etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Schon Sander hatte gemeint, “das Herkules-Bauwerk“ wolle „verstandesmäßig erobert“ werden.27 In diesem Sinne die Öffentlichkeit aufzuklären, ihr das „historische Erbe“ und dessen „Bedeutung für die Identität einer Stadt und ihrer Bewohner“ nahezubringen, bleibt in jedem Fall ein „anspruchsvolles Ziel für die Zukunft.“28
• • •
1 Heinrich von DEHN-ROTFELSER und Wilhelm LOTZ, Die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Cassel 1870, S. X. Der Eintrag über die Wilhelmshöhe und das Oktogon auf S. 312f.
2 Carl HEßLER, Hessische Landes- und Volkskunde, Das ehemalige Kurhessen und das Hinterland am Ausgang des 19. Jahrhunderts, Bd. 1: Hessische Landeskunde. Erste Hälfte, Marburg 1906, S. IV.
3 Vgl. Gerd FENNER, Der „Grottenbau“ auf dem Karlsberg. Zur Baugeschichte des Oktogons und der Wasserkünste, in: Christiane LUKATIS und Hans OTTOMEYER (Hg.), Herkules. Tugendheld und Herrscherideal. Das Herkules-Monument in Kassel-Wilhelmshöhe, Eurasburg 1997, S. 99–119, hier S. 110f.
4 So Astrid Schlegel, Zur Bau- und Restaurierungsgeschichte des Herkulesbauwerks, in: Das Herkulesbauwerk im Bergpark Wilhelmhöhe. Berichte zur Restaurierung, Wiesbaden 2011, S. 31–46, hier S. 31.
5 Johann Friedrich Armand VON UFFENBACH’s Tagbuch einer Spazierfarth durch die Hessische in die Braunschweig-Lüneburgischen Lande (1728), hg. von Max ARNIM, Göttingen 1928, S. 48f.
6 Johann Daniel ENGELHARD, Versuch einer artistischen Beschreibung des kurfürstlich-hessischen Lustschlosses Wilhelmshöhe bei Cassel, in: Journal für die Baukunst 16 (1842), S. 49–68 und S. 149–172.
7 Johann Daniel ENGELHARD, Die Herstellung des Oktogons und der Cascaden zu Wilhelmshöhe bei Cassel, in: Journal für die Baukunst 21 (1845), S. 174–186, hier S. 174f., S. 178 und S. 183.
8 Hofbau-Direktor Ruhl an verschiedene Maurermeister, 18.5.1843, in: HStA Marburg, Bestand 7 b 1, Nr. 470. Zu den vielfältigen Sanierungsbemühungen vgl. Helmut SANDER, Das Herkules-Bauwerk in Kassel-Wilhelmshöhe. Ein Beitrag zur Geschichte der Denkmalpflege und zum Wandel ihrer Methoden und Ziele, Kassel 1981.
9 So die Formulierung HStA Marburg, Bestand 7b1, Nr. 470, Nr. 472: Kurprinzliche Hofbaudirektion, Bericht von J. Engelhard, 1.7.47.
10 Siehe auch den Beitrag von Gerd FENNER in diesem Buch.
11 HStA Marburg, Bestand 7a Gef. 122, Nr. 17b: Hofbau-Direktion an Oberhof Marschallamt, 12.1.1847.
12 Ebd., Bestand 7b1 Nr. 474: Dehn-Rotfelser an kurfürstliche Hofbau-Direktion, 22.12.1863.
13 Alois HOLTMEYER, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd. IV: Kreis Cassel-Land, Marburg 1910, S. 255.
14 Universal-Lexikon oder vollständiges encyclopädisches Wörterbuch hg. von H.A. PIERER, 26. Band, Altenburg 1836, S. 175. Zum Herkules in internationalen Enzyklopädien siehe den Beitrag von Sabine NAUMER in diesem Buch.
15 Kasseler Tageblatt, 15.8.1930 (Der große Christoph in Nöten).
16 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 151 Nr. 1072: Dr. Gall, Direktor der staatlichen Schlösser und Gärten an Dr. Schnitzler, Preußisches Finanzministerium, 22.8.1930. Bewilligung von 60.000 Reichsmark durch das Finanzministerium: an Regierungspräsident Kassel, 9.9.1930, ebd.
17 Hessische Allgemeine (HA), 23.5.1987 (Keine Gefahren für die Unterwelt).
18 HA., 21.12.1970 (Neue Spritzen für den Herkules).
19 Ebd., 12.10.1968 (Tunnelbauer dringen in den Karlsberg ein).
20 Ebd., 19.4.1983 (Über 250 Jahre alter Herkules steht auf ‚wackeligen Füßen‘).
21 Ebd., 26.10.1985.
22 Ebd., 23.5.1987.
23 Ebd., 19.12.1981 (Arbeit am Herkules bringt Kasseler Diplomingenieur den Doktortitel). Das nahm Bezug auf Helmut SANDER (wie Anm. 8).