John Martin Littlejohn

Das große Littlejohn-Kompendium


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Rolle im Heilungsprozess der Natur spielt, haben wir gewiss ein mächtiges therapeutisches Mittel, um Fieberzuständen zu begegnen. In diesem Zustand besteht die wahre osteopathische Therapie in dem Versuch, die normale regulierende Funktion des thermotaktischen Mechanismus durch das Gehirn und die spinalen Zentren sowie über die Blutzufuhr und die Zirkulation wiederherzustellen. Sofern unsere Feststellungen physiologisch korrekt sind, ist die Behandlung im zervikalen Bereich zum Zwecke der Temperatursenkung die geeignete Vorgehensweise, insofern wir es lediglich mit erhöhter Temperatur zu tun haben. Handelt es sich dagegen um einen Fieberzustand, ist diese Methode kontraindiziert – es sei denn, sie dient nur als Hilfsmittel, um bei der Regulierung der Vasomotion zu unterstützen oder die Temperatur unter dem Gefahrenpunkt zu halten. Die Wärmezentren befinden sich im zervikalen Bereich und in der Medulla oblongata sowie in den basalen Anteilen des Gehirns. Der Versuch, sie direkt zu beeinflussen, hieße einen symptomatischen Zustand behandeln, während die Ursache – die jeweils vom Fiebertyp abhängt – unberührt bleibt.

      Aus therapeutischer Sicht muss die Behandlung folgendermaßen aussehen: Beseitigung der Ursache oder der Ursachen sowie Erleichterung und Reduktion des Fieberzustandes in kontrollierbare Grenzen durch Regulation von Temperatur, Vasomotion, Zirkulation usf. Die Praxis der Medizin und der Osteopathie neigen dazu, sich lediglich mit Letzterem zu befassen. Zu den alten Praktiken der Medizin gehörte es, den Aderlass anzuwenden, um die Temperatur zu senken. Später nahm man dann zu purgativen, diaphoretischen und diuretischen Mitteln Zuflucht, um den vermehrten Abfall zu entfernen und die freie Gewebetätigkeit zu unterstützen – vor allem die Transpiration der Hautund Oberflächengewebe. Man führte Kaltwasseranwendungen durch, indem man den Patienten mehrmals in ein kaltes Bad setzte, um dem Körper Wärme zu entziehen und dadurch die Temperatur zu senken. Manche applizierten Alkohol in der Absicht, die Wärmeabstrahlung vom Körper zu fördern. Andere wiederum haben die Transpiration stimuliert, um die Schweißmenge zu erhöhen und auf diese Weise Wärme durch Verdampfung abzutransportieren.

      Bei der Wirkung fiebersenkender Medikamente stellen wir Variationen fest. Chinin verwendete man in großen Dosen, um die erhöhte Temperatur zu blockieren. Es beeinflusst direkt die wärmeproduzierenden Gewebe. Eisenhut wurde benutzt, um die Fiebertemperatur aufgrund seiner sedierenden Wirkung auf die Zirkulation zu blockieren und auf diese Weise dem Fieber entgegenzuwirken. Eisenhut nützt aber nichts und erweist sich im Gegenteil bei Fällen wie Pneumonie, wo eine Krise zu erwarten ist, sogar als kontraindiziert, weil er dem, was die medikamentöse Behandlungsmethode hauptsächlich bezweckt – nämlich Aufrechterhaltung der Konstitution und Unterstützung der physischen Kraft, bis die Krise sich nähert – entgegenwirkt. Die therapeutische Wirkung von Eisenhut soll angeblich direkt auf den Herzmuskel zielen und so den Blutdruck senken, sowie auf die Respirationsmuskeln und dadurch die Atmungsaktivität vermindern. Man nimmt auch an, dass es bei Verabreichung von Eisenhut aufgrund der mit dem größeren Blutangebot in den entspannten Kapillaren zusammenhängenden verstärkten Wärmeabstrahlung zu einem Temperaturrückgang kommt, wozu auch Verdampfung bei der Dilatation der Kapillaren im Bereich der Schweißdrüsen beiträgt.

      Aus osteopathischer Sicht befassen wir uns beim Behandeln von Fieber mit Leben, das den Existenzkampf und die vitalen Prozesse mit einschließt. Bei Temperaturerhöhung erfolgt ein rapider Schwund an Gewebesubstanz. Dies stört das Gleichgewicht der Funktionen – und nahezu alles kann diese Störung in Form von Unordnung, Krankheit, Gift, Blutstagnation usf. auslösen. Diese Funktionsstörung wird durch das Nervensystem zu den Gehirnzentren kommuniziert, denn alle vitalen Zentren befinden sich nahe beieinander und in Verbindung miteinander. Sobald das Gleichgewicht dieser Zentren aufgrund der Toxine im Blut kippt, werden die Zentren irritiert, woraus dann u. a. das Herz, den Puls und die Atmung betreffende Phänomene folgen. Wie sollen wir diesen Zustand beheben? Suchen Sie nach der primären Ursache über die Bestimmung der Fiebertypen. Versuchen Sie, die Produktion der toxischen Elemente einzuschränken, die das Blut vergiften und die anomale Aktivität der vitalen Zentren verursachen. Stellen Sie im betroffenen Bereich die normalen nutritiven Zustände wieder her, indem Sie die Knochen-, Muskel-, Nerven- und Blutbeschaffenheit so anpassen, dass sie wieder zur angemessenen Ernährung des betroffenen Teils beitragen. Halten Sie die ständige Zirkulation reinen Blutes aufrecht – und damit ist nicht nur das arterielle, sondern auch das venöse Blut gemeint, denn wenn das venöse Blut rein und normal ist, kann beispielsweise der Diphtheriebazillus nicht in ihm gedeihen. Die spezielle Anwendung dieser allgemeinen Punkte auf die Fiebertypen ist einfach, sobald eine physische Diagnose der Fieberursache erstellt wurde.

      Wir fassen zusammen, dass eine erhöhte Temperatur physiologisch ist. Hinter dieser Fiebertemperatur finden wir eine Kette von Zuständen: Irritation der Nervenzentren, toxische Elemente, Blutstauung, Bakterien, Traumata oder Läsionen. Beim Versuch, die fiebrige Störung zu behandeln, die stets mehr oder weniger weit über den Organismus verbreitet ist, müssen wir die Läsionen entfernen, das Traumata heilen, die Bakterien töten, ihren Produkten entgegenwirken und auf diese Weise das Element des Missklangs eliminieren, das in die Nervenökonomie des Friedens, der Koordination und der Harmonie eingebrochen ist. Am erfolgreichsten kann dies die Osteopathie vollbringen.

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      Der wohl berühmteste Fakultätsjahrgang in der Geschichte der Osteopathie. In der oberen Hälfte finden Sie die nicht-akademischen Anhänger Stills ,reiner Lehre‘, die sogenannten lesionists, allen voran mit Arthur Hildreth (oben, 2. v.r.) und Stills Söhne Herman und Harry (2. Reihe) und in der unteren Hälfte sieht man die Akademiker, angeführt von John Martin Littlejohn (untere Reihe, 2. v.l.), seinen beiden Brüdern (unten, 2. v.r. und vorletzte Reihe rechts) und dem Arzt William Smith (vorletzte Reihe, links). Die Akademiker vertraten die Ansicht, dass die Osteopathie sich auch anderen Methoden öffnen müsse, solange sie den osteopathischen Prinzipien entsprächen, und wurden daher broadists genannt. Der Streit eskalierte, als John Martin Littlejohn zum Präsidenten der A.S.O. gewählt wurde. Schon bald darauf verließen die Littlejohns Kirksville im Jahre 1900 und gründeten das Chicago School of Osteopathy. A. T. Still hielt sich aus diesem Streit heraus und zwischen ihm und Littlejohn gab es in jener Zeit auch keine nachweisbaren Differenzen. Beide gingen stets respektvoll miteinander um.

      B. Die Zeit in Chicago (1900–1912)

      CHICAGO SCHOOL OF OSTEOPATHY

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      ABB. B: THE JOURNAL OF SCIENCE OF OSTEOPATHY (CHICAGO)

      8. OSTEOPATHIE ALS SCHULE DER MEDIZIN

      The Journal of the Science of Osteopathy (1), 1900, S. 53–58.

      Dr. George F. Shrady im Medical Record, New York, eine ganze Reihe von Leitartikeln über die Osteopathie geschrieben. Offenbar durchläuft dieses Thema in seinem Geist die Stadien der Evolution. Es fängt damit an, dass die Osteopathie „[…] ein Mischmasch aus Unsinn“ gewesen sei. Dann wurde sie zu Massage und jetzt gilt sie als voll ausgereifte Praktik der Medizin. Dieser Positionswechsel wird allerdings nur vorgenommen, um sich gegen die Osteopathie zu stellen und sie zu bekämpfen: Betrug, Scharlatanerie, Unwissenheit und Dummheit scheinen bei der Beschreibung Synonyme für diese neue Entwicklung zu sein.

      In der Hauptsache teilen wir Dr. Shradys Einschätzung der osteopathischen Position, wobei wir allerdings seine als verächtliche Beiwörter verwendeten Adjektive und Substantive eliminieren.

      „Ein Osteopath gibt vor, durch manuelle Mittel viele Arten von Krankheit zu diagnostizieren und zu behandeln, und unterwirft sich nicht der Beschränkung, unter jemand anderem zu arbeiten.“

      Der Masseur praktiziert unter der Leitung und unter dem moralischen und rechtlichen Patronat eines regulären Arztes. Und Dr. Shrady scheint der Meinung zu sein, der Osteopath solle es auch so halten. Er glaubt offensichtlich, das Praktizieren von Medizin bestehe

      „[…] im Aufstellen einer Diagnose und im Verschreiben einer Behandlung.“