Nicholas Handoll

Die Anatomie der Potency


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Starrheit menschlicher mentaler Prozesse die Rede als von derjenigen der kranialen Suturen: „Die anspruchsvolle Flexibilität der Knochen ähnelt mehr derjenigen von Stahl als derjenigen von Eisen … Das Vertrocknen von aufgequollenen Knochen belegt … einen langsam fortschreitenden Verlust der mechanischen Eigenschaften wie Elastizität, die sich beim lebendigen Knochen finden … Die Suturen sind in jeder praktischen Hinsicht unbeweglich … Es ist offensichtlich notwendig, dass die Suturen nach der Geburt so schnell wie möglich aufhören als bewegliche Gelenke zu fungieren.“20 Wenn Knochen flexibel und elastisch sind, ist es wohl vernünftigerweise zu erwarten, dass Suturen doch eher flexibel und elastisch sind.

      Die Suturen stellen den überlebenden Rest der Mesenchymschicht an der Begrenzung der aus ossifizierter Haut [Membran] entstandenen Knochen dar. Sie sind am weitesten von den Ossifikationszentren entfernt und stellen die Wachstumszonen in der Jugend dar. Sie enthalten kollagene, gelbe elastische Fasern und Sharpey’sche Fasern sowie retikuläres Bindegewebe. Diese Aspekte indizieren allesamt das Potenzial für Bewegung21. Die kranialen Suturen bleiben solange geöffnet, wie sie als Ergänzung der Plastizität des Knochens benötigt werden, um die körperlichen Beweglichkeit zu ermöglichen. Sie können jedoch ossifizieren, sobald die Bewegungsvoraussetzungen reduziert sind. Im Alter wird der Bewegungsumfang fortschreitend reduziert – gelegentlich mit paralleler Verwischung einiger kranialen Suturen. Die Sutura metopica des Os frontale ossifiziert beispielsweise bei den meisten Menschen vor dem achten Lebensjahr, weil in diesem Alter die reduzierten Bewegungsreize allein durch die Biegsamkeit des Knochens kompensiert werden können. Nach meiner Erfahrung zeigen Fälle, in denen die Sutura metopica bis ins Erwachsenalter geöffnet bleibt, dass es irgendwo einen oder mehrere Bereiche mit veränderter Bewegung im Cranium gibt, die darauf hindeuten, dass noch zusätzliche Bewegung im frontalen Bereich erforderlich ist, um eine Abweichung vom normalen Bewegungsmuster andernorts zu kompensieren. Die langfristigen Auswirkungen einer durch ein Trauma blockierten Sutur können schließlich in ihrer vorzeitigen Ossifikation bestehen. Die unterbrochene Beweglichkeit ist oft mit der Geschichte eines Traumas verbunden. Ein derartiges Trauma kann etwa aus einem einzelnen größeren Ereignis wie einem Verkehrsunfall entstehen. Aber es kann sich auch aus einer Serie kleinerer Ereignissen wie rezidivierende Sportverletzungen oder einer chronischen haltungsbedingten Verformung aufbauen. Dabei muss das Trauma nicht physisch sein. Jedes Trauma kann eine Auswirkung besitzen. Beispielsweise kann ein emotionales Trauma wie ein Trauerfall eine signifikante Auswirkung auf den mechanischen Ausdruck der Gesundheit eines Menschen aufweisen.

      Die Unterbrechung kann sich bei der Palpation als Dysfunktion der suturalen Beweglichkeit zeigen – etwa als suturale oder als intraossäre Kompression im Knochen selbst. Im klinischen Alltag ist mir keine isolierte Blockade oder Kompression einer Sutur begegnet. Es kann sein, dass sie nicht oft vorkommen oder auch, dass sie, wenn sie vorkommen, sich in den meisten Fällen spontan selbst beheben. Ich habe herausgefunden, dass suturale Kompressionen gewöhnlich mit einem größeren mechanischen Problem zusammenhängen. Wenn dies der Fall ist, ist die suturale Kompression sekundär abhängig von einer ossären Kompression – und genau so klassifiziere ich sie.

      Interossäre Kompressionen bestehen aus Kompressionen zwischen zwei Knochen. Intraossäre Kompressionen beziehen sich auf eine Kompression in der Knochenstruktur selbst. Wenn die Verformung eines Knochens in der Kindheit stattfindet, bevor der Knochen voll ossifiziert ist, kann die Kraft der Kompression die verbleibenden knorpeligen Verbindungen verformen. Falls dies nicht behandelt wird, ossifiziert der Knochen in dieser Verformung. Diese Kompressionen besitzen nahezu immer einen traumatischen Ursprung. Dabei muss das Trauma nicht einmal sehr ernst sein. Es muss lediglich den Widerstand des nicht-ossifizierten Knorpels so überwinden, dass der Körper diesen Impakt nicht spontan auflösen kann. Dies ist sehr verbreitet und es gibt dafür viele typische Beispiele. Das gewöhnlichste findet sich im Os occipitale. Bei der Geburt besteht das Os occipitale aus vier Anteilen: der Squama, der Basis und den paarigen Partes condylares. Wenn die Kraft des Impakts stark genug ist, um die knorpeligen Verbindungen zwischen einem dieser Teile zu verformen, und weder die Aktion des PRM noch das Saugen des Säuglings oder sein Schreien ihn auflösen können, dann persistiert die Verformung. Die Partes condylares werden posterior mit der Squama am Ende des zweiten Lebensjahres und mit der Basis occipitalis im sechsten Lebensjahr verschmelzen. Danach ist jede Verformung der Form faktisch nicht mehr reversibel. Die Spannung der mechanischen Verformung im Knochen kann danach reduziert werden. Doch nach meiner Erfahrung ist es unrealistisch eine Veränderung der Form zu erwarten.

      Das Os sphenoidale stellt eine weitere häufige Seite der intraossären Verformung dar. Bei der Geburt besteht das Os sphenoidale aus drei Anteilen. Der Körper und die Alae minores bilden jeweils einen und jeder der beiden Alae majores und die pterygoidalen Einheiten umfassen die beiden anderen Teile. Sie sind an beiden Seiten des Corpus knorpelig am inferioren Ende der Fissura supraorbitalis befestigt. Diese kugelgelenkartige Verbindung bzw. Gomphosis ist verdrehenden und verwindenden Verformungen unterworfen, die dauerhaft werden, wenn die Alae majores sich im ersten Lebensjahr mit dem Corpus verbinden.

      Ebenso üblich sind intraossäre Dysfunktionen des Sakrum. Das Sakrum ist während des Lebens häufigen Verletzungen und Traumen unterworfen. Doch die einzelnen rudimentären Wirbel, die das Sakrum bilden, bilden sich als einzelne Einheiten erst im Alter von acht Jahren und diese einzelnen vertebralen Elemente beginnen sich erst nach der Pubertät mit ihren Nachbarn zu vereinigen. Die epiphysealen Platten der aurikulären Gelenkflächen ossifizieren nicht vor dem 25. Lebensjahr. Während der Adoleszenz unterliegt das Becken oft ziemlich schweren Traumen, die diese noch nicht vereinigten knorpeligen Verbindungen verformen können.

      Der zweite Typ intraossärer Kompression ist ebenso üblich und kann jederzeit auftreten. Die elastischen und plastischen Eigenschaften der Knochen wurden schon beschrieben. Das bedeutet, ein lebendiger Knochen verformt sich bis zu einem gewissen Grad durch Strains und federt wieder zurück – und er wird auch „fließen“. In jeder Lebensphase kann ein Knochen einem schweren Trauma unterworfen sein und sich verformen. Wenn die elastische Fähigkeit eines Knochens überschritten wird, wird der Knochen zu der Grenze seiner elastischen Fähigkeit zurückkehren. Doch etwas von der Verformung bleibt im Knochen als intraossäre Kompression zurück. Sie zeigt sich nicht als eine Veränderung der Form des Knochens oder seiner Position, sondern als Veränderung der Qualität des Knochens, die durch Palpation erschlossen werden kann. (Gelegentlich ist es besser für den Körper, wenn er etwas von der Energie durch eine Fraktur abbaut. Einige der schwersten intraossären Kompressionen entstehen dadurch, dass der Patient eigentlich eine Fraktur hätte erleiden müssen, aber er dies noch vermeiden konnte.) Die verbleibende Kompression ist im Knochengewebe verschlossen und verbleibt auch dort, wenn dies nicht behandelt wird. Der Körper versucht in den folgenden Monaten und Jahren die Kompression zu lösen und entwickelt entsprechende Kompensationen, weil ihm dies nicht gelingt. Die Kompensationen passen sich an und verändern sich über die Jahre hin. Dabei wird die Lösung zunehmend komplizierter.

      Diese Dysfunktionen beeinflussen allesamt die Ausführung der Bewegung der Primären Respiration.

      Im nächsten Kapitel werden wir den Primären Respiratorischen Mechanismus selbst erörtern.

      In diesem Kapitel haben wir Dr. Sutherlands Fortentwicklung der Osteopathie dargelegt, die ursprünglich von Dr. Andrew Still erfasst worden war. Zudem haben wir verschiedene mögliche Verwirrungen erörtert.

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