Jott H. Wangerin

Stiefmütterchen Ost und Königskerze West


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Die meisten sind übergewichtig. Selbst während dieser 14-tägigen Hungerkur an der überfüllten Ostseeküste finden sie nicht zu ihrer Ideallinie zurück. Dazu bedarf es drastischerer Maßnahmen! In jedem Fleischerladen müssten nicht nur das Fleisch und die Grillwürste auf die Waage, sondern vorher der Kunde! So könnte man gleichzeitig das Problem mit den endlosen Schlangen lösen.

      Die Rothäute dominieren an diesem Strandabschnitt, und je verbrannter ihre Blößen sind, desto eifriger promenieren sie am Strand auf und ab. Das muss ein Naturgesetz sein. Erholsamer wäre es, im kühlen Wald zu wandern und den Massen zu entfliehen. Aber geh jetzt mal in den Wald! Die Kühlung der Bäume wird aufgehoben durch das Schwitzen vom ständigen Wegschlagen der lästigen Fliegen und blutrünstigen Mücken. Und je mehr man erschlägt, umso mehr kommen nach. Das scheint wirklich das Naturgesetz im Darß zu sein. Also meiden wir den Wald und senken die Waldbrandgefahr bei der Sonnenglut und laufen lieber mit versengtem Körper am überfüllten Strand umher. Da man bei Hitze auch die beiden Eisdielen meiden muss, weil man dann schon erst recht nicht hineinkommt, die Urlaubsquartiere meiden muss, da einen dort die Hitze erschlägt, bleibt einem hier oben nichts mehr, und man sollte sich bei Zeiten nach einem Winterferienplatz im Gebirge umsehen.

       Über die Liebe

      Liebe ist nur ein Wort.

      Dieses Wort verbreitet Glück.

      Ein Überzieher nicht,

      Ein Nerzmantel schon eher.

      Schutz bieten beide.

      Liebe schützt vor Torheit nicht.

      Der Überzieher schon.

      Der Nerzmantel ist reine Torheit.

      Er macht vorübergehend glücklich.

      Liebe dagegen lebenslänglich.

      Sie ist eben nicht nur ein Wort,

      „Sondern das Band,

      Das die Welt verbindet.“

      Man muss allerdings die Augen weit öffnen,

      Um dieses Band zu sehen.

      Viele können das nicht,

      Denn es ist nur innerlich sichtbar.

      Für sie muss dann eben der Nerz herhalten!

       Wellenspiel

      Die Wolken zieh’n durch warmen Wind,

      Hinaus aufs blaue Meer,

      Es scheint, sie eilen fort geschwind,

      Der Liebsten hinterher.

      Weit draußen, wo der Wellen Kamm

      Ganz zärtlich sie ergreift

      Und gierig aufsaugt, wie ein Schwamm,

      Mit dem sie sich einseift.

      Wenn ich doch auch ‘ne Welle wär’,

      Und so verliebt wie heut’,

      Dann rauschte ich ihr hinterher,

      Und hätte nichts bereut!

       Kunstfrevel

      Manch’ Bilder könnten dir erzählen,

      Wie sie sich durch ihr Leben quälen,

      Von Krieg und Flucht durch lodernd Feuer,

      Nun sag’ noch einer, sie sind teuer!

       Wie wir zu einem Ölgemälde des Stettiner Malers Ernst Schwartz kamen

      Wie üblich las ich am Sonnabend die „Ostsee-Zeitung” von A bis Z und stieß dabei auf eine Anzeige, dass jemand im Kosegartenweg ein altes Landschafts-Ölgemälde mit Goldrahmen für etwa 300 Mark verkaufen wollte.

      Mein Interesse war nicht sonderlich groß, da wir ja bereits über ein Bild im Wohnzimmer verfügten, aber sonderbarerweise wollte Ingrid sich das Bild wenigstens mal ansehen. Ich verschob die Fahrt immer wieder, und bald dachten wir nicht mehr daran.

      Aber etwa vier Wochen später schwirrte uns die Anzeige plötzlich wieder im Kopf herum, und ich hatte sogar Lust, mir das Bild anzusehen, obwohl ich eigentlich dachte, es wäre längst verkauft.

      Als wir vor dem kleinen Einfamilienhaus hielten und klingelten, öffnete ein Herr, den ich fragte, ob denn das Bild zufällig noch da sei. „Leider ja,” sagte er, es sei allen zu groß gewesen, und er fragte mich, ob ich es mir ansehen wollte.

      Es stand aus Platzmangel oder weil es demnächst auf den Sperrmüll sollte schon oder noch in der Veranda. Es war vom Motiv her eigentlich nicht das, was mich interessierte, aber man konnte sich hineingucken.

      Das brachte ich auch zum Ausdruck, und da sagte der Herr, „wenn Ihnen das Bild nicht gefällt, könnten Sie doch wenigstens den alten Goldrahmen gebrauchen.“

      Er hatte das Bild von seiner verstorbenen Mutter übernommen, hätte aber in seinem kleinen Haus absolut keinen Platz für das recht große Gemälde. Da er offenkundig von Kunst nur wenig verstand und mir das Bild leid tat, wenn es auf dem Müll landete, nur um den Rahmen für irgend etwas zu verwenden, fragte ich ihn, wie viel er dafür haben wollte. Inzwischen war er auf 100 Mark herunter gegangen. Ich war finanziell nicht sonderlich gut auf einen sofortigen Kauf vorbereitet und zählte mein Geld nach. 75 Mark hatte ich dabei und sagte ihm das.

      Er war auch mit 75 Mark zufrieden und trug das Bild sofort zu meinem Auto, wohl aus Angst, ich könnte es mir noch anders überlegen.

      Ich hatte viel Mühe, das Bild in meinem eigentlich recht geräumigen „Wartburg 353“ zu verstauen, aber irgendwie schafften wir es doch.

      Und dann hängten wir das Bild probeweise in unser Schlafzimmer und fanden immer mehr Gefallen daran.

      Uns erinnerte es vom Malstil an die Worpsweder Künstlerkolonie, und irgendwann fragten wir eine Museumsmitarbeiterin nach dem Künstler und fühlen uns seitdem als Retter eines wertvollen Kunstwerkes.

       Lavendelblüte

      Wenn die blaue Welle rollt,

      Durch den grünen Garten,

      Und die kleine Blattlaus schmollt,

      Dann kann niemand warten.

      Alles stürzt sich auf die Blüten,

      Hummeln, Käfer, Schmetterlinge,

      An den Füßen pralle Tüten,

      Darin stecken leck’re Dinge.

       Der Anarchist

      Er macht „nur sein Ding.“

      Eigentum verachtet er,

      Über das Leben entscheidet er,

      Wer ihn bedroht, den hängt er!

       Mäander

      Verschlungen wie der Recknitz-Fluss,

      So ist des Lebens Lauf,

      Und macht das Leben mit dir Schluss,

      Steigst du zum Himmel ‘rauf!