Jott H. Wangerin

Stiefmütterchen Ost und Königskerze West


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Gärtnerei, und Blumen braucht auch der arbeitsamste Bäcker hin und wieder. Seine Frau ist ja noch jung! Sein Auto kann auch nicht ewig ohne Werkstatt auskommen, denn der jetzt gerade mit einem Wäschekorb voller Brötchen aus dem Hintereingang heraus kommt, fährt mit Kleinbus von der Werkstatt vom Platz des Friedens vor. Wozu bemühen wir uns bloß, etwas aus unseren Kindern zu machen? Machte man nichts aus ihnen, brauchten sie sich nicht ein Leben lang hinten anzustellen. Beim Bäcker kriegt man ja zum Glück noch immer seine Brötchen, während man in anderen Geschäften immer öfter den stereotypen Satz, „Sie müssen immer mal wieder nachfragen“, zu hören kriegt. Wie glücklich könnten unsere Kinder sein, wenn wir sie gewähren ließen und nicht immer wieder zum Lernen zwingen würden?

      Während erneut die Schranke geschlossen wird, kommt ein großer Pulk Westberliner Transitreisender vor dem Bäckerladen zum Stehen. Es ist unglaublich, welch Luxus sich auf vier Rädern präsentieren lässt! Und zur Sicherheit haben einige noch ein halbes Dutzend Fahrräder auf dem Dach. In Schweden muss es herrliche Radwege geben! Man muss den Blick gewaltsam losreißen. Verständnislos, nicht einmal mitleidig mustern die wohlgenährten Bundis unsere lange Schlange.

      Brötchen und Milch wurden einem früher vor die Haustür gehängt, sicherlich ist es bei denen heute noch so. Trotzdem reden gerade sie vom vielen Stress. Was ist das eigentlich? Verrückte Welt! Das Unterste wurde nach oben gekehrt, der Besen wird aber immer noch am Stiel angefasst. Ein Glück, dass ich inzwischen den Laden betreten habe und mich an den knusprigen Brötchen ablenken kann!

      Probleme gab es ständig. Wir lernten damit umzugehen und nahmen kaum noch Notiz von ihnen. Mit unseren Möglichkeiten machten wir unser Leben so schön, wie es eben ging, und wenn manches auch etwas länger dauerte, so war die Vorfreude auch etwas länger.

       Sommerwind

      Der Wind bläst warme Sommerluft,

      Zu dir ins Zimmer ‘rein,

      Vermischt den süßen Blütenduft,

      Zu Sommerträumerei’n.

       Altweibersommer

      An einem warmen, stillen Ort,

      Riss plötzlich uns die Liebe fort.

      Am Ziel der Sehnsucht angekommen,

      Wurd’ ein erfrischend Bad genommen.

       Sturmtief

      Wenn ich so stark wär’ wie der Wind,

      Dann stürmte ich zu dir,

      Zerzauste dir das Haar geschwind

      Und schlummerte mit dir!

      Doch wenn ich lange warten muss

      Auf zärtlich’ Kuss von dir,

      Dann fasst die Sonne wieder Fuß,

      Und aus ist es mit dir!

       Wenn es erst einmal in Wieck regnet

      Heute regnet es. Es regnet schon den ganzen Tag. Ob es wohl endlich einmal aufhört zu regnen? Da, jetzt sieht es schon viel freundlicher aus! Aber Tropfen fallen immer noch vom Himmel. Der Himmel ist ja auch noch ganz dunkel. So ein trüber Tag, immer nur Regen! Wenn es nun nicht bald aufhört zu regnen, fällt der ganze Tag noch ins Wasser. Alles ist schon klatsch-nass, nicht einmal unser Hund will vor die Tür, lieber verkneift er sich weiterhin sein Geschäft, als bei dem strömenden Regen auf den Hof zu laufen.

      Nichts ist schlimmer als dieser Regen. Was soll man hier jetzt bloß anfangen? Der Regen ist schrecklich, alles sieht so trübe aus! Die Pfützen auf der Straße werden immer größer. Unaufhörlich prasseln die Tropfen herunter. Es nimmt einfach kein Ende. Und dabei heißt es, Regen bringt Segen, fragt sich bloß, für wen? Wir können den Regen hier jedenfalls nicht gebrauchen. Hoffentlich regnet es nicht wieder durch! Ingrid, hörst du denn das rhythmische Klopfen gar nicht? Ich glaube, jetzt regnet es tatsächlich wieder durch. Scheiße, im Schlafzimmer ist schon ein neuer Fleck an der Decke! Die Tropfen fallen bereits auf die Bahnheizkörper. Ich muss auf den Boden, bestimmt sind die Schüsseln schon übergelaufen! So ein Ärger! Hauptsache, die Wohnzimmerdecke fällt uns nicht wieder auf den Kopf! Ein Glück, unten ist noch alles in Ordnung.

      Bei Regen kann man sich hier einfach nicht erholen. Überhaupt ist das wieder ein Scheißurlaub! Immer nur am Strand liegen, wo es noch so viel zu tun gibt. Das Klobecken ist abgerissen, wahrscheinlich war es der Frost, aber jetzt sind wir es bestimmt wieder gewesen, na irgendwie werde ich es schon dicht kriegen. Und wenn es noch lange so regnet, muss schon bald wieder der Rasen gemäht werden! Aber bei diesem Mistwetter kann man ja draußen nichts machen. Sonne ist doch viel besser, da hat man auch Lust, etwas zu tun. Da, jetzt reißt der Himmel auf, die Sonne ist wieder da, es wird auch gleich viel wärmer. Dann aber schnell an den Strand! Aber der Sand ist doch noch so nass! Zum Glück gibt es ja das Gästebuch.

      Wenn es dann im Hochsommer längere Zeit sehr warm war, hatten sich die Mücken lawinenartig vermehrt, und unter dem schwarzen Dach stand die Wärme, sodass man nachts kein Auge zu kriegte.

       Tragik

      Wenn unerwidert bleibt dein Werben,

      Muss irgendwann die Liebe sterben.

      So war es auch in diesem Fall,

      Jetzt sucht sie nach mir überall!

       Tempi passati

      Als junges Ding mit Pferdeschwanz,

      Versäumte sie nicht einen Tanz.

      Heut’ mit gefärbter Zweitfrisur

      Fährt sie nur noch von Kur zu Kur!

       Will und Kann vs. Wenn und Aber

      Die Eine, hübsch mit Pferdeschwanz,

      Versäumt, wenn’s geht, nicht einen Tanz.

      Die andre stramm, kein bisschen fett,

      Liegt immer noch allein im Bett!

      Der Eine hat bei Frauen „Schlag“,

      Und wechselt sie, grad’ wie er’s mag.

      Der Andere ist lieb und nett,

      Doch kriegt er nie ‘ne Frau ins Bett.

      Die Lösung scheint recht leicht zu sein:

      Der Nette lädt die Stramme ein.

       Das andere Extrem

      Eine Hitze ist das heute wieder! Wo findet man bloß einen kühlen Platz? Am Strand wird man ja außer von der Sonne noch von seinen Nachbarn aufgeheizt! Es wird aber auch von Jahr zu Jahr immer voller. Selbst der Wind kommt da nicht mehr durch! Und das soll Erholung sein? Ins Wasser kann man ja auch schon lange nicht mehr. Überall stehen die Urlauber in verdächtiger Haltung bis zu ihrem besten Stück ganz still im Wasser. Da kann mir doch keiner einreden, die wollen sich erfrischen! Ich sage, die sind nur zu faul, über die Düne zum Pinkeln zu gehen. Das Wasser sieht ja schon eher gelb als blau aus.

      Bei dieser Hitze verbrennt alles. Grünes Gras findet man längst nicht mehr. Alles ist ausgeblichen