Eberhard Fohrer

Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag


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geritzt sind. Viel­leicht war er eine Art Audienz­saal, denn an der Wand be­findet sich unter Glas ein Kalk­stein­ge­bil­de, auf dem der Abdruck eines ehe­ma­li­gen Thrones (oder Al­tars) er­kannt wor­den ist.

      Nörd­lich der Königssuiten befanden sich die ehemaligen Werkstätten. In der Stein­metz­werkstatt 27 hat man Basalt vom Peloponnes gefunden, der für die Her­stel­lung von Siegelsteinen ver­wen­det wurde. Nebenan lagen Töpferschei­ben 28. An ver­schie­de­nen Stellen kann man im Boden Reste der Ka­na­li­sa­tion er­ken­nen, die noch vom ers­ten Pa­last­bau stammen. Das benötigte Was­ser wur­de vom Berg Joúchtas aus in den Palast geleitet. Geradeaus liegen Ma­ga­zi­ne, in denen Ton­pithoi mit vielen Grif­fen stehen 29. Nach rechts führt eine Trep­pe hinunter zur Ostbastion, von wo aus man zum di­rekt dar­unter lie­genden Fluss­ufer gelan­gen konnte (das Tor ist ver­sperrt).

      An der Treppe findet sich eins der be­mer­kens­wertesten Beispiele minoi­scher Ka­na­lisationskunst 30. An der rechten Sei­te der Stufen führt ein enger Kanal hin­un­ter. Die minoischen Inge­ni­eure ha­ben ihn mit sinnreichen Bie­gun­gen (Pa­rabel­kurven) und Sink­becken für mit­ge­rissenes Erdreich so konstruiert, dass das Wasser nur halb so schnell strömt, als wenn es in gerader Linie her­un­ter­fließen würde. Außer­dem kommt es un­ten so sauber an, dass es noch zum Waschen geeig­net ist. Vielleicht lag hier die Wäscherei des Palastes.

      Die Treppe wieder hinauf, gelangt man zum sog. Korridor des Schach­bretts 31. Hier wurde das berühmte Spiel­brett ge­fun­den, das heute im Saal 4 des Arch. Mu­seums zu bewundern ist. Im vergitterten Boden des Kor­ri­dors sieht man wieder die mo­dern anmutenden Tonröh­ren der Kana­li­sa­tion. Be­nach­bart gibt es ein Ma­gazin 32, in dem große Pithoi mit Me­dail­lon­schmuck noch an der ur­sprüng­lichen Stelle ste­hen. Darüber (nicht mehr erhalten) lag ein großer fres­ken­ge­schmück­ter Saal - viel­leicht, im Ge­gen­satz zum eher kul­tisch-re­ligiös ge­nutz­ten Thron­saal im West­flügel, der ei­gent­liche Thron­saal des Herr­schers, in dem die politischen Ent­scheidungen ge­trof­fen wurden.

Der Nordeingang

      Der Nordeingang

      Nordflügel: Vom Zentralhof führt ein abschüssiger Korridor zum Nord­ein­gang des Palastes 33. Links und rechts davon standen zwei hohe Bas­tio­nen, von de­nen Evans die west­li­che wieder aufgebaut hat, genannt Nordwest­por­ti­kus 34. An der Wand hinter den Säu­len sieht man den Teil eines re­kons­tru­ier­ten, aber mittlerweile stark beschä­dig­ten Re­lieffres­kos, das viel­leicht das Ein­fangen eines wilden Stie­res zeigt. Am unteren Nordende des Kor­ri­dors liegt ein großer Saal mit acht Pfei­ler- und zwei Säulen­stümp­fen. Hier en­dete die Straße vom Hafen von Knos­sós und viel­leicht diente die­ser Saal zum Sta­peln und Sortieren der an­kom­menden Wa­ren. Evans nannte ihn Zoll­station 35.

      Westlich der Bastion mit dem Stier­kopf ist ein weiteres (heute über­dach­tes) Kult­becken 36 erhalten. Es ist mit Ala­baster verkleidet und war früher mit Fres­ken aus­gemalt, viel­leicht ein Rei­ni­gungs­becken für gerade ange­kom­mene Pa­last­be­su­cher.

      Heilige Straße: Wenige Meter nörd­lich vom Kultbecken verläuft die sog. Hei­lige Straße. Sie führte in minoischer Zeit von der „Zollstation“ Rich­tung Wes­ten bis nach Amnissós, dem Hafen von Knossós. Wahrschein­lich zogen hier oft feierli­che Pro­zessionen entlang. In ihrer Mitte verläuft eine Dop­pelreihe von rechtecki­gen Plat­ten - so konnten hier auch Wagen bequem fahren. Unter der Straße hat man einen noch älteren Weg gefunden, er gilt als eine der ältesten Ver­kehrsadern Eu­ro­pas. Nörd­lich der Straße stößt man nach weni­gen Metern auf das Theater 37. Um ei­nen gepflas­terten Hof erheben sich zwei rechtwinklig zueinander gebaute Stu­fen­rei­hen, hier standen wohl die Zuschauer. Im Schnitt­punkt der beiden Trep­pen war viel­leicht die königliche Loge untergebracht. Der Sockel ist noch erhalten. Wahr­schein­lich diente der Platz auch als Empfangs- und Ver­samm­lungsort bei kul­ti­schen Zeremo­nien, vielleicht sogar zeitweise als Ge­richtshof. Die Heilige Straße zieht sich jetzt noch durch eine leichte Senke etwa 150 m nach Westen und endet dort an einem versperrten Tor an der Auto­straße nach Iráklion. Bereits kurz hinter dem Theater führt linker Hand ein Weg zur Kasse zurück. Wer möch­te, kann von diesem Weg zum Westhof abzweigen und sich noch einmal in den Palast begeben.

      Außerhalb des Palastes wurde bislang nichts ausgegraben, weder die umge­ben­de Wohnsiedlung noch die Fried­höfe. Das Gebiet besteht deshalb z. T. aus Schutz­zo­nen, in denen nichts ge­baut werden darf, aber hun­derte von Schwarzbauten stehen - aus diesem Grund wurde Knossós bisher nicht in die Liste des Welt­kul­tur­er­bes der Unesco aufgenommen.

      Zur Weiterfahrt von Knossós nach Süden → Link.

      Die Schnellstraße von Iráklion über Agía Varvára in die Messará-Ebene ist eine der wich­tig­sten Quer­verbindungen zwischen Nord- und Südküste. Sie durch­quert das größte zusam­men­hängende Wein­anbaugebiet der Insel.

Auf der neuen Schnellstraße in den Inselsüden

      Auf der neuen Schnellstraße in den Inselsüden

      Von Iráklion aus fährt man am besten auf die New Road in Richtung Réthim­non, zweigt dann nach Míres (Moires), Agía Galíni und Timbáki ab und ver­lässt nach meh­reren Ampel­kreuzungen allmäh­lich das Stadtgebiet.

      Links voraus er­kennt man bald den sa­gen­haf­ten Joúchtas (811 m), dessen Pro­fil aus einem be­stimm­ten Blick­winkel so ver­blüffend einem Men­schen­kopf äh­nelt, dass er der Sa­ge nach der schlafende Zeus sein soll - besonders gut zu beobachten vom Grab Ka­zan­tzákis’ auf der Maren­go-Bastion (→ Iráklion).

      Zwischen Síva und Agía Var­vá­ra wer­den die Orte Ve­neráto und Avge­nikí von der Schnellstraße umgangen - wer Weingüter besuchen oder das Kloster Palianís ansehen will, muss nach Dáf­nes oder Veneráto abfahren.

      Nach dem Weinbaugebiet taucht das Ída-Ge­birge auf und rückt mit sei­nen schroffen Fels­mas­sen all­mäh­lich näher.

      Anfahrt/Verbindungen Etwa vier Busse fahren täglich ab Iráklion nach Festós und Má­ta­la, bis zu 6 x gibt es Verbindungen nach Agía Ga­líni an der Süd­küs­te (Fahrtzeit ca. 2 Std.). Nach Míres, dem Haupt­ort der Mes­sará-Ebene, sind die Verbindungen deutlich häu­figer, von dort kann man nach Léntas weiter­fahren (→ Link.

      Die Region um Dáfnes und Síva gehört zu den drei Regionen Kretas neben Pezá und Archánes), deren Weine mit geschütz­tem Ursprungs­zeugnis ausge­wiesen sind (PDO). Mehr als ein Dut­zend Wein­güter (= ktima) produziert hier Weine aus autoch­thonen Reben, vor allem Vidiano (weiß) und Liatiko (rot), aber auch Blends mit Trauben vom Fest­land.

      Die weitläufige Ausgrabung liegt wenige Kilometer nördlich von Priniás, das man erreicht, indem man in Agía Varvára abbiegt und Richtung Nor­den in die Ber­ge fährt. Bereits Anfang des 20. Jh. hat man auf dem knapp 600 m ho­hen Ta­felberg Patéla mit groß­arti­gem Blick bis Iráklion zwei Tem­pel aus ar­chai­scher Zeit entdeckt, die als älteste ihrer Art in Kreta gel­ten, außerdem mi­noi­sche Überreste, eine Nekropole und ein hellenisti­sches Kastell. Das Ge­lände ist 10 Fußminuten vom Parkplatz an der Straße entfernt. Es ist von einem Zaun umgeben, in den letzten Jah­ren stand das Tor aber offen. Benachbart steht die pitt­oreske