nicht wie eine zweidimensionale Erdoberfläche in sich global gekrümmt und somit geschlossen ist, sondern es ist im Bereich der messbaren Genauigkeit absolut flach.
Ein flaches Universum muss aber, genauso wie eine absolut flache Ebene, unendlich ausgedehnt sein. Ergo ist unser Universum, innerhalb unserer Beobachtungsgenauigkeit, unendlich groß. Aus dem Rauschen kann man aber auch ablesen, dass unser Universum 13,80 Milliarden Jahre alt ist. Es ist also nicht unendlich alt! Das ist ein wichtiger Hinweis auf die Richtigkeit der Urknall-Hypothese.
POLARISIERTE HINTERGRUNDSTRAHLUNG
Es gibt mit der neuen Entdeckung aber einen weiteren Hinweis auf den Urknall. Wenn man sich in einer bestimmten Raumrichtung die Wellen zum zugehörigen Farbpunkt anschaut, dann sind diese Wellen einmal mehr, einmal weniger polarisiert. Polarisierte Wellen schwingen in einer bestimmten Richtung, quer zur Beobachtungsrichtung. Wenn man diese Schwingungsrichtung mit in die Rausch-Farbpunkte einzeichnet, und das haben die Wissenschaftler mit ihren Daten vom BICEP2-Teleskop gemacht, dann bekommt man so ein Bild, das ich direkt aus deren Fachveröffentlichung entnommen habe:
Ein Ausschnitt der Planckdaten (Farbdaten), versetzt mit der Polarisierungsrichtung der Strahlung (schwarze Striche) aus den BICEP2-Messungen. (Bild: BICEP2 Collaboration)5
WAS HAT DAS MIT DEM URKNALL ZU TUN?
Jetzt kommt der Clou: Es lässt sich zeigen, dass diese Struktur ein sogenannter gradientenfreier B-Mode ist, dessen Ursprung eine starke Gravitationswelle ist, die bei der Entstehung der Hintergrundstrahlung vor etwa 400.000 Jahren nach dem Urknall existierte. Gravitationswellen sind die Schwingungen der Raum-Zeit unseres Universums. Genauso wie man auf einer Wasseroberfläche durch Antippen Wasserwellen auslösen kann, können starke Massenverschiebungen in unserem Universum Gravitationswellen auslösen. Die LISA-Weltraumantenne soll genau solche Gravitationswellen nachweisen. Weil es aber 400.000 Jahre nach dem Urknall noch keinen Massenklumpen wie Sonnen, Planeten, Schwarze Löcher oder was auch immer gab, können die Gravitationswellen nur durch die Entstehung aller Massen beim Urknall entstanden sein.
Die Argumentation der Wissenschaftler geht also so: Der Urknall hat extrem starke Gravitationswellen erzeugt, die haben noch 400.000 Jahre später der Hintergrundstrahlung eine B-Mode-Polarisation aufgeprägt, und diesen Abdruck kann man heute noch beobachten. Und das nennen sie das Echo des Urknalls. Dies wäre in der Tat ein schönes, wenn auch nur indirektes, Indiz für die Existenz des Urknalls.
Nachtrag
Ein kanadisches Forschungsteam hat im September 2014 herausgefunden, dass die gemessene Polarisation auch durch eine schleifenförmige Staubstruktur, die die Hintergrundstrahlung durchlaufen muss, erklärt werden kann. Damit ist zwar die Urknall-Echo-These nicht widerlegt, jedoch wäre das die einfachere Erklärung. Und gemäß Ockhams Rasiermesser6 ist diese also wahrscheinlich die richtige.
2 N24: Geheimnisvolles Zeichen vom Beginn unserer Zeit: http://bit.ly/2cgfK03
3 Center for Astrophysics: First Direct Evidence of Cosmic Inflation: http://bit.ly/1vorDAp
4 Physical Review Letters: Detection of B-Mode Polarization at Degree Angular Scales by BICEP2: http://bit.ly/2bw6LZ4
5 Das Bild können Sie hier in Farbe anschauen: http://bit.ly/Ow0mwv
6 Mehr dazu in meiner Kolumne: http://bit.ly/2c2FxVJ
EINE KURZE GESCHICHTE UNSERES UNIVERSUMS
Die 13,8 Milliarden Jahre Entwicklungsgeschichte
unseres Universums erzählt in 138,2 Sekunden.
Die Inflation, die 0,00000000000000000000000000000001 Sekunden nach dem Urknall endete, war das bei Weitem einschneidendste Ereignis in der Zeitgeschichte unseres Universums. Die Details der Inflation habe ich bereits erklärt. Nach der Inflation entwickelte sich das Universum, so wie wir es heute kennen. Diese »Zeit danach« wollen wir uns genauer anschauen.
ENTSTEHUNG DER HEUTIGEN ELEMENTARTEILCHEN: 10-12 s BIS 5 s
10-12 s nach dem Urknall hatte sich das Universum von anfänglich 1032 °C auf nur noch 1015 °C, also 1.000 Millionen Millionen °C, abgekühlt. Kalt genug, damit aus der elektroschwachen Kraft die heutige elektromagnetische und schwache Kraft entstehen konnten und mit ihnen die entsprechenden kraftvermittelnden Teilchen, also Photonen und W- und Z-Bosonen.
Nach 10-6 s, das Universum war auf 1013 °C abgekühlt, entstanden die sogenannten Hadronen, also aus Quarks zusammengesetzte Kern-Teilchen. Das sind zum einen Teilchen mit 3 Quarks (= Baryonen = Protonen, Neutronen, etc., und deren Anti-Teilchen) und zum anderen Teilchen mit 2 Quarks (=
Mesonen = Pionen, Kaonen, etc., und deren Anti-Teilchen). Die einzig stabilen Protonen und Antiprotonen zerstrahlten aber sofort miteinander und fast vollständig in Photonen mit nur einem geringen verbleibenden Materieüberschuss, der in Form unserer Materie (Protonen, Neutronen) heute noch existiert. Diese Zerstrahlung führte außerdem zur heutigen gigantischen Überzahl von Photonen zu Baryonen von 1,8 Milliarde zu 1, was im Mittel 410 Photonen pro cm3 Universum bedeutet.
10-1 s nach dem Urknall, oder bei einer Temperatur von 1011 °C = 100 Milliarden °C, koppelten sich die Neutrinos von den anderen Teilchen ab. Bei 5 s (= 6 Milliarde °C) zerstrahlten die Elektronen mit den bis dahin noch existierenden Positronen fast vollständig. Die wenigen Elektronen, die dann noch übrig blieben, bilden heute die Schalen aller existierenden Atome.
Vom Urknall (Quantum fluctuations) über die Inflation und Rekombinationsphase (Afterglow light patterns), den ersten Sternen nach 400 Millionen Jahren bis heute (Ende des Zylinders) (Bild: NASA)
DIE ERSTEN ELEMENTE: 5 s BIS ZUR REKOMBINATION
Nach 100 s, oder bei 1 Milliarde °C, entstanden aus der Verschmelzung von Protonen und Neutronen die ersten Kerne der leichten Elemente (3He, 4He, und etwas Deuterium und Li). Die zugehörigen Elektronen waren aber noch ungebunden und bildeten mit den Kernen ein extrem heißes Plasma.
Dann passierte lange nichts Besonderes. Erst nach 100.000 Jahren war das Universum auf 30.000 °C abgekühlt und die Anzahl der Materieteilchen überwog die der Strahlungsteilchen, also die Photonen – bis dahin war es umgekehrt. Durch diese Umkehr beschleunigt sich seither das Expansionsverhalten des Universums etwas, worauf ich hier aber nicht weiter eingehen möchte.
Nach 380.000 Jahren passierte etwas sehr Wichtiges: Das Universum hatte nur noch eine Temperatur von 3.000 °C. Bei solchen Temperaturen binden sich die herumschwirrenden, bisher freien Elektronen, an die Atomkerne – es entstehen neutrale Atome. Während Plasma für Photonen undurchdringbar ist, ist neutrales Gas für Photonen transparent. Das Universum wurde daher für Photonen durchsichtig, was bedeutet, sie konnten sich nun frei ausbreiten. Es sind genau diese ersten Photonen, die wir noch heute als sogenannte kosmische Hintergrundstrahlung sehen und die uns in den vergangenen Jahren so wichtige Informationen über Struktur und Alter unseres Universums geliefert hat. Diese als Rekombination bezeichnete Phase beendet die Plasmaphase des Universums.
GALAXIEN, STERNE UND PLANETEN: REKOMBINATION BIS HEUTE
Nach 400 Millionen Jahren hatte sich das Universum durch seine ständige Expansion so weit abgekühlt, dass es –250 °C kalt war. Bei diesen geringen Temperaturen hatte sich der Gasdruck der überall verteilten Wasserstoff- und Heliumwolken so weit verringert, dass sie in sich kollabieren konnten. Es bildeten sich so die ersten Sterne und Galaxien. Weil zunächst die größten Wolken kollabierten, entstanden gigantische Sterne. Diese brüteten durch die Kernfusion in ihrem Innern die ersten schweren Elemente bis hin zu Eisen aus. In einer abschließenden