Ulrich Walter

Im schwarzen Loch ist der Teufel los


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die Lichtgeschwindigkeit wirklich eine absolute

      Grenzgeschwindigkeit und wenn ja, warum?

      Wie können Wissenschaftler heute behaupten, dass nichts schneller fliegen kann als Lichtgeschwindigkeit. Da sich das Wissen alle 10 Jahre verdoppelt, wie können sie ausschließen, dass es irgendwann nicht doch möglich sein wird, schneller zu fliegen? Dies ist eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird. Daher nehme ich an, Sie interessiert das auch. Also …

      SCHNELLER ALS DAS LICHT

      Was besagt Einsteins Spezielle Relativitätstheorie? Sie besagt, dass sich im Vakuum des Raumes nichts schneller bewegt als das Licht. Zunächst ist bedeutsam, dass sich die Aussage auf das Vakuum bezieht. In einem Pool voll Wasser kann das nämlich anders sein. Dort hat Licht die Geschwindigkeit von nur 255.000 km/s statt wie im Vakuum von etwa 300.000 km/s. Wenn Licht ins Wasser eintritt, verringert sich also seine Geschwindigkeit. Trifft aber ein Elementarteilchen, etwa ein atmosphärisches Myon mit typischerweise fast Lichtgeschwindigkeit, ins Wasser, dann verringert sich seine Geschwindigkeit zunächst nicht, weil es ein massives Teilchen ist. Damit sind atmosphärische Myonen, von denen etwa eines pro Sekunde Ihre Handfläche durchschießt, in Wasser anfangs schneller als Licht. Dies führt zu einer Art »Überschallknall-Kegel«, und der wiederum zur berühmten Tscherenkow-Strahlung.

      Blaue Tscherenkow-Strahlung (im Bild hell zu sehen) im Kern des Advanced Test Reaktors am Idaho National Laboratory/USA (Bild: Argonne National Laboratory, Wikimedia Commons)

      DIE EIGENZEIT IST ENTSCHEIDEND

      Im Vakuum des Universums gilt aber prinzipiell: »Nichts kann schneller als Lichtgeschwindigkeit fliegen.« Warum ist das so? Das liegt an der sogenannten Zeitdilatation. Zeit ist nämlich keine feste Größe, sondern sie hängt vom Betrachter ab, der ein sich bewegendes Objekt beobachtet. Nehmen wir eine Rakete mit einem Astronauten. Der hat eine Uhr an Bord, die ein Beobachter auf der Erde mit einem Superteleskop immer sehen kann. Nehmen wir weiter an, die Rakete fliegt in die Tiefen des Universums mit konstanter Beschleunigung. Der Astronaut schaut auf seine Uhr und wird feststellen, dass sie unabhängig von seiner Geschwindigkeit immer gleich schnell vor sich her tickt. Dieser von ihm beobachtete konstante Zeitfluss nennt man Eigenzeit. Was sieht der Erdbeobachter? Er sieht durch sein Fernrohr, dass die Uhr des Astronauten umso langsamer geht, je mehr er sich der Lichtgeschwindigkeit nähert. Das bedeutet einerseits, dass der von einem externen Beobachter gemessene Zeitfluss von der Relativgeschwindigkeit des beobachteten Objektes abhängt und dass die eigene Uhr immer schneller läuft als die der Astronauten. In diesem Sinne ist die Relativitätstheorie nicht relativ, sondern absolut: Die Referenzzeit ist die unveränderliche, daher tickende Eigenzeit.

      NIE SCHNELLER ALS DAS LICHT IM VAKUUM

      Man kann diese Zeitverschiebung auch so ausdrücken: Beobachtet der Externe, dass die Rakete fast Lichtgeschwindigkeit fliegt, dann braucht die Rakete nach seiner Zeitrechnung dafür ein Jahr. Der Astronaut misst für dieselbe Entfernung eine kürzere Zeit, sagen wir ein halbes Jahr. Damit kann er mit Fug und Recht behaupten, er flöge doppelte Lichtgeschwindigkeit! Wie wir also sehen, gilt die Geschwindigkeitsgrenze Lichtgeschwindigkeit nur für einen externen Beobachter, nicht für einen Astronauten! Je näher die Rakete nun der von außen gemessenen Lichtgeschwindigkeit kommt, umso weniger Zeit braucht der Astronaut, um ein Lichtjahr zurückzulegen. Im Grenzfall (Externer: »Er fliegt Lichtgeschwindigkeit!«) durchquert er die Entfernung von einem Lichtjahr in Null Zeit, womit seine erfahrene Geschwindigkeit unendlich groß wird, was bedeutet, er erreicht jeden Punkt im Universum in Null Eigenzeit! Und weil es logischerweise keinen Sinn machte, schneller als unendlich schnell zu fliegen (oder anders ausgedrückt in Null Zeit jeden Punkt im Universum zu erreichen), deshalb machte es auch logischerweise keinen Sinn, dass ein Externer ein Objekt sieht, das schneller als Lichtgeschwindigkeit fliegt. Die Grenze der Lichtgeschwindigkeit ist daher eine logische Grenze. Weil die Relativitätstheorie in vielen Experimenten bestätigt wurde, einschließlich der Zeitdilatation, können sich daher die Wissenschaftler sicher sein, dass tatsächlich ein Objekt nie mit Lichtgeschwindigkeit oder gar schneller als das Licht fliegen wird.

      Fassen wir zusammen: Die Lichtgeschwindigkeit ist nur für externe Beobachter eine absolute Grenzgeschwindigkeit. Nur von dessen Warte aus betrachtet fliegt nichts schneller als das Licht. Derjenige, der fliegt, erlebt immer eine größere Geschwindigkeit als wie der Externe sie sieht, und diese kann größer als die Lichtgeschwindigkeit werden, im Prinzip unendlich groß.

      EINSTEIN-TRILÜGIE – DAS ZWILLINGSPARADÜX

      Raumfahrt macht jünger! Das ist kein Gag.

      Und ich erkläre Ihnen auch, wie und warum.

      Jawohl, Sie haben richtig gelesen, Raumflüge machen Raumfahrer jünger, um genau zu sein, langsamer alt. Dies ist kein Scherz, sondern die reine Wahrheit, und das Ganze ist wissenschaftlich bewiesen. Es gibt nicht mehr den geringsten Zweifel daran. Auch ich bin jünger, als wenn ich nicht in den Weltraum geflogen wäre … doch eins nach dem anderen.

      ZEIT IST RELATIV

      Gerade habe ich gezeigt, dass ein Astronaut auf seinem Flug immer eine größere Geschwindigkeit erfährt als jemand, der seinen Flug von außen betrachtet. Da die geflogene Strecke eine fixe Größe ist (man kann sie mit einem Meterstab nachmessen), und weil Geschwindigkeit = Strecke/Zeit ist, kann dies nur bedeuten, dass sich die erlebte Zeit ändert. Die erlebte Zeit eines Astronauten, die sogenannte Eigenzeit muss also immer kürzer sein als jede andere Zeit, die ein externer Beobachter erfährt.

      Um dieses Faktum anschaulicher zu beschreiben, benutze ich das sogenannte Zwillingsparadox, ein Beispiel das ursprünglich von Einstein stammt, das ich im Folgenden aber etwas ausgefeilt habe. Nehmen wir an, zwei Zwillingsbrüder trennen sich im Alter von 20 Jahren, um unterschiedliche Lebenswege zu gehen. Der eine wird Astronaut und beschließt, zu einem anderen Stern zu fliegen, um für die Menschenrasse nach bewohnbaren Planeten zu suchen. Sein Bruder hingegen bleibt bodenständig und versichert, ihn nach seiner Rückkehr wieder zu empfangen. Der Astronaut besteigt also mit mehreren Gleichgesinnten ein Raumschiff und wird gemäß seiner Eigenzeit fünf Jahre lang mit 1 g – also die übliche Erdanziehungskraft – beschleunigt. Der Triebwerksschub soll also gerade so gewählt sein, dass die Beschleunigungskraft genauso groß ist, wie die Schwerkraft auf der Erde. Das hat den Vorteil, dass die Astronauten im Raumschiff wie auf der Erde leben könnten und sie nicht der hinderlichen, muskel- und knochenabbauenden Schwerelosigkeit, wie derzeit auf der ISS, ausgesetzt wären. Nach diesen fünf Jahren hat das Raumschiff eine Geschwindigkeit von genau 99,99 % der Lichtgeschwindigkeit erreicht. Danach bremst das Raumschiff mit 1 g wieder auf interstellare Geschwindigkeiten ab, und die Astronauten erreichen nach wiederum fünf Jahren, einen nach ihrer Zeitrechnung 10 Lichtjahre entfernten Stern.

      ANSICHTSSACHE

      Der Bruder auf der Erde sähe das etwas anders. In Sternenkatalogen ist die Entfernung des Sterns mit 137 Lichtjahren angegeben. Und das ist seine wahre Entfernung von der Erde. Ein Lichtjahr ist die Entfernung, für die selbst das Licht ein Jahr braucht, um dorthin zu gelangen. Da die Rakete die ganze Strecke immer fast Lichtgeschwindigkeit fliegt, wäre aus Sicht des Erdbruders der Astronaut etwas mehr als 137 Jahre unterwegs.

      Nachdem die Astronauten sich dort nach einem lebenswerten Planeten umgesehen haben, geht es wieder zurück zur Erde und zwar gemäß ihrer Eigenzeit wieder fünf Jahre lang mit einer Beschleunigung von 1 g auf 99,99 % Lichtgeschwindigkeit und eine fünf Jahre dauernde Abbremsung zur Erde. Gemäß Einstein wären die Astronauten nach ihrer eigenen Zeitrechnung 20 Jahre lang unterwegs. Der Astronauten-Zwilling wäre nach seiner Reise also 40 Jahre alt, hätte dabei aber eine Strecke von 274 Lichtjahren zurückgelegt! Wen träfe unser Astronaut bei der Rückkehr auf der Erde an? Jedenfalls nicht mehr seinen Bruder oder überhaupt irgendjemand aus seiner Generation. Die sind bereits lange verstorben, denn für die Daheimgebliebenen hat die Reise der Astronauten eben etwas mehr als diese 274 Jahre gedauert. Die Astronauten hingegen sind nur 20 Jahre älter geworden! Das bedeutet nicht, dass lediglich die Uhren anders gehen, sondern der relative Zeitfluss ist unterschiedlich, der von Uhren lediglich angezeigt wird, und alles was sich in der Zeit entwickelt, so etwa biologisches Leben.