zur Erde zurückkehren, sondern noch weiter in die Tiefen des Universums vorstoßen. Nach einer EigenFlugzeit von 15 Jahren hätten sie bereits eine Strecke von 1.560 Lichtjahren zurückgelegt (also eine Strecke, für die selbst das Licht 1.560 Jahre braucht), und nach 25 Jahren hätten sie unsere gesamte Milchstraße von 100.000 Lichtjahren durchquert! Unsere Astronauten wären nach der vollständigen Durchquerung der Milchstraße und Ankunft auf einem dortigen Planeten nur 45 Jahre alt!
DIE ASYMMETRIE DER BESCHLEUNIGUNG IST ENTSCHEIDEND
Man könnte einwenden und sagen: »Das gilt doch auch umgekehrt! Auch die Astronauten sehen die Erde mit fast Lichtgeschwindigkeit von sich entfernen. Daher müsste deren Zeit als externer Beobachter der Erde schneller vergehen als die Eigenzeit der Erde. Wegen dieses Widerspruchs kann es keinen Verjüngungseffekt geben!« Das ist zwar richtig, aber es lässt sich zeigen, dass für die letztendliche Differenzzeit, wenn beide Zwillinge wieder zusammenkommen, entscheidend ist, welches der beiden Systeme beschleunigte. Und hier tut sich die entscheidende Asymmetrie auf. Es ist die Rakete, die auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigte und danach wieder abbremste, und daher liegt der letztendliche Verjüngungseffekt bei den Astronauten und nicht bei den Erdenbürgern.
DER BEWEIS
Bis hierher ist alles nur graue Theorie. Auf der deutschen D1-Shuttle-Mission im Jahre 1985 hat man diesen Verjüngungseffekt aber auch gemessen. Die Shuttles flogen seinerzeit zwar nicht gerade mit Lichtgeschwindigkeit, sondern nur ein Millionstel davon, aber das reichte, um den Effekt mit zwei sehr genau gehenden Atomuhren zu messen. Die eine flog auf dem Shuttle, die andere blieb auf der Erde, und beim Start wurden beide auf null gesetzt. Das Ergebnis nach 10 Tagen im All lautete: Die Flugzeit für die Shuttle-Astronauten war 0,000254 Sekunden kürzer als für die Erdenbürger und stimmte exakt mit den Vorhersagen von Einsteins Relativitätstheorie überein! Das ist übrigens auch genau der Betrag, um den ich bei meinem D2-Flug jünger geblieben bin. Ich sehe Ihr Schmunzeln im Gesicht mit dem Hintergedanken »Na ja!«. Zugegeben, meine Verjüngungskur hält sich in Grenzen, und vielleicht sieht man es mir auch nicht so an. Im Gegensatz zu den meisten Menschen auf dieser Welt kann ich aber sagen: immerhin! Was aber wirklich zählt, ist, dass Einstein recht hatte und daher Reisen mit fast Lichtgeschwindigkeit zu drastischen Verjüngungseffekten führen können.
VON DER THEORIE ZUR PRAXIS
Dass dies in Zukunft dennoch nie passieren wird, liegt einzig an der Unmenge Energie, die so eine Mission verschlingen würde. Selbst mit dem besten Antrieb, den es theoretisch je geben kann, dem hypothetischen Antimaterieantrieb (Wasserstoff und Antiwasserstoff annihilieren zu reiner Energie), bräuchten unsere Raumfahrer für den Roundtrip mit einem nur 200 Tonnen schweren Raumschiff, wie etwa das Shuttle, zu dem 274 Lichtjahre entfernten Stern 36.000.000 Tonnen Wasserstoff als Treibstoff. Bei einer Dichte von 70 kg/m3 bräuchte er also einen Wasserstoff- und Antiwasserstofftank mit Abmessungen 800 · 800 · 800 Meter!
So geht’s also nicht. Nur Raumfahrzeuge, die mit 10 % der Lichtgeschwindigkeit oder weniger fliegen, sind keine gigantischen Energievernichter, weshalb es sich in den uns bekannten, glatten Raumbereichen unseres Universums – alle Science-Fiction-Schreiber aufgepasst! – so und nur so reisen lässt. Keiner wird also dramatisch jünger. Und das gilt natürlich auch für alle Außerirdischen, die beabsichtigen, uns einmal zu besuchen.
ZUSAMMENFASSUNG
Hier noch einmal das Wesentliche zusammengefasst: Jeder von uns erlebt immer denselben Lauf der Zeit. Das heißt, die eigene Uhr (Eigenzeit) tickt immer gleich schnell. Die eigene Zeit relativ zu der Zeit eines anderen hängt aber von der relativen Geschwindigkeit zwischen beiden ab. Wird sie Lichtgeschwindigkeit, dann wird der Unterschied beliebig groß. Wessen Zeit von den beiden relativ langsamer gewesen ist, wer also jünger geblieben ist, zeigt sich erst, wenn man wieder zusammentrifft. Dann gilt, derjenige, der zwischendurch herumgekurvt ist (beschleunigt hat), ist jünger geblieben als der andere.
EINSTEIN-TRILÜGIE – BEWEGEN SICH GALAXIEN MIT ÜBERLICHT– GESCHWINDIGKEIT?
Es heißt, entfernte Galaxien bewegen sich mit
Überlichtgeschwindigkeit von uns weg. Widerspricht das nicht der Theorie Einsteins? Nein! Jetzt erfahren Sie warum.
Vor einiger Zeit erhielt ich einmal wieder eine interessante E-Mail (sic):
Sehr geehrter Herr Prof. Walter,
in der Sendung von Frank Elstners Menschen der Woche sind Sie auf die neue Entdeckung eines Wissenschaftlers eingegangen, der kürzlich geehrt wurde, da er nachgewiesen hat, dass sich der Raum immer schneller ausdehnt wie in einem Vakuumsoog und damit schneller wie das Licht sich ausdehnt, sich dies jedoch nicht der These Einsteins widerspricht, dass nichts schneller wie das Licht ist. Diese These Einsteins gilt nur im Raum selbst, wie Sie es sagten.
Wenn sich jedoch der Raum, den Sie mit dem Auf blasen des Luftballons verglichen haben, schneller ausdehnt wie das Licht. dann müssten doch auch der Inhalt, also die Galaxien, die Sie mit Punkten auf dem Ballon darstellen, auch schneller ausdehnen wie das Licht. Aber diese Galaxien sind doch wiederum im Raum, in dem Einsteins These wieder greift, nichts ist schneller wie das Licht. Widerspricht sich dies nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Karl H.
Ich gebe Herrn H. recht. Auf den ersten Blick scheint das beobachtete Verhalten der Galaxien Einsteins Relativitätstheorie zu widersprechen. Um zu verstehen, warum dennoch kein Widerspruch vorliegt, müssen wir zunächst verstehen, was da weit draußen tatsächlich passiert.
DAS HUBBLE-GESETZ
Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren herausgefunden, dass sich entfernte Galaxien von uns weg bewegen und zwar umso schneller, je weiter sie von uns entfernt sind. Die Geschwindigkeiten nehmen mit der Entfernung linear zu. Dieses Verhalten nennt man nach seinem Entdecker Hubble-Gesetz. Damit ist sofort klar, wenn dieses Gesetz unbegrenzt gilt, dann muss es eine Entfernung geben jenseits derer die Galaxien Überlichtgeschwindigkeit erreichen. Das scheint in der Tat auf den ersten Blick Einstein zu widersprechen, der behauptet: Nichts fliegt schneller als Lichtgeschwindigkeit.
RAUM IST WIE EIN LUFTBALLON
Es war Einstein selbst, der erkannte, dass so eine Art Überlichtgeschwindigkeit dennoch möglich sein kann. Dazu müssen wir uns die Aussage der Speziellen Relativitätstheorie nochmals genau anschauen. Sie besagt: Nichts bewegt sich im Vakuum schneller als das Licht. Der entscheidende Punkt hier ist »im« Vakuum, also »im« leeren Raum. In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie, 15 Jahre später, in der es um die gegenseitige Beeinflussung von Massen einerseits und Raum und Zeit andererseits geht, hat Einstein gezeigt, dass Raum kein steifes Gebilde ist, sondern sich ausdehnen kann.
Das können wir uns in unserem 3-D-Raum nicht vorstellen, weil wir Teil dessen sind. Daher stellen Sie sich unseren dreidimensionalen Raum als die zweidimensionale Gummifläche eines Luftballons vor. Die ist krumm und kann sich dehnen, und wir können es als außenstehendes Wesen verstehen. Ein Flächenwesen auf der Ballonoberfläche würde es nicht verstehen können, weil es mit gekrümmt und gedehnt ist. Daher können wir als Wesen im dreidimensionalen Raum keine Krümmung oder Dehnung unseres Raumes verspüren.
Wenn Sie nun den Luftballon auf blasen, dehnt sich das Gummi und damit der Raum aus. Jetzt malen Sie in Gedanken Punkte auf diese Gummifläche, die die Galaxien darstellen sollen. Eine davon ist unsere Milchstraße. Obwohl die Punkte mit dem Gummi fest verbunden sind – Galaxien ruhen »im« Raum –, bewegen sie sich beim Aufblasen voneinander weg. Dieses Auseinanderdriften entspricht einer Relativgeschwindigkeit, obwohl die Galaxien im Raum, wie gesagt, ruhen.
ÜBERLICHTGESCHWINDIGKEIT DURCH RAUMAUSDEHNUNG
Da sich der Raum, in diesem Fall das Gummi, überall gleich schnell ausdehnt, und wenn man annimmt, alle Galaxien, also die von Ihnen gemalten Punkte, hätten dieselben Abstände voneinander, dann bewegt sich die von uns gesehen übernächste Galaxie scheinbar doppelt so schnell von uns weg, wie die uns am nächsten liegende Galaxie. Das Hubble-Gesetz beruht also auf der Tatsache, dass sich der Raum überall gleichmäßig ausdehnt, obwohl sich alle Galaxien im Raum