Katrin Jonas

Schmerzfrei ohne Medikamente


Скачать книгу

Erfahrungen berufe, bin ich in diesem Buch noch praxisnäher geworden und habe bei der Auswahl der Übungssequenzen noch einmal mehr auf deren Alltagstauglichkeit gepocht.

      Dieses Buch kann für Sie interessant sein, wenn Sie

      • Ihren Schmerz von Grund auf verstehen möchten

      • sich eine nachhaltige Lösung wünschen, mit der Sie Schmerzen sicher und selbstbestimmt begegnen können

      • unter den Nebenwirkungen Ihrer Analgetika leiden oder die Einnahme Ihrer Medikamente satthaben

      • Arztbesuche und Klinikaufenthalte gegen gelebtes Leben eintauschen möchten

      • Ihrem von Schmerz bestimmten Alltag mehr Frische, Farbe und Reichtum geben wollen

      • Ihre Lebensqualität durch Eigenreflexion und Selbstrespekt auf ein neues Level anheben möchten.

      Worauf dürfen Sie gespannt sein?

      Zunächst lernen Sie konkrete Schritte kennen, mit denen Sie Ihr Schmerzprogramm vorbereiten können, denn in der adäquaten Vorbereitung liegt bereits ein Großteil des Erfolgs. Besonderen Wert lege ich dabei auf den Umgang mit Medikamenten. Und dann geht es los.

      Im Hauptkapitel heiße ich Sie herzlich willkommen in Ihrem Meditations-Home-Spa. Über vier Wochen schlagen Sie täglich ein neues Spa-Menü auf, das Ihnen ein Selbsterfahrungspaket, bestehend aus den vier „Ts“, präsentiert: einem Theorieteil, der Tagesbeobachtung, der Tagesaufgabe und dem Insider-Tipp. Sie finden heraus, welcher schmerzbezogene Reaktionstyp Sie sind und welcher Aspekt es hauptsächlich ist, der Ihre Schmerzen zum Bleiben zwingt. Eigenständig und selbstgeführt erforschen Sie, welche Art der Innenschau mit Ihrem Körper am besten resoniert.

      Am Ende halten Sie eine Ressourcensammlung in Ihren Händen, die auf Ihren eigenen Erfahrungen beruht. Deshalb wird zu diesem Zeitpunkt nichts mehr so wie vorher sein. Sie haben einen frischen Blick auf Ihre Schmerzsituation und auf sich selbst und übertreiben nicht, wenn Sie behaupten, zu Ihrem eigenen Schmerz-Meditations-Experten geworden zu sein.

      Krempeln wir uns die Ärmel hoch! An der Schnittstelle zwischen Machbarkeit und Zweifel, zwischen Hoffnung und Realität werden wir aktiv: Falls Sie mit Schmerzen leben, lade ich Sie dazu ein, Ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr nach innen zu wenden und Ihr „inneres Auge“ zu schärfen. Ihnen werden sich Türen öffnen, von denen Sie nicht einmal wussten, dass es sie gibt.

      Prolog:

      Das Schmerz-Meditations-Ritual

      Das „Schmerzmittel Meditation“

      Seitdem das Gebiet der Meditation zum Lieblingskind der Neuroforschung geworden ist, werden wir nahezu täglich mit neuen Botschaften überrascht: Helfen soll sie, die Meditation, bei allem, was uns Menschen in unserem komplexen Leben ein Bein stellen oder den Alltag vermiesen kann. Spitzenstress soll sie stoppen, Panikzustände mildern, Depressionen regulieren, Selbstzweifel vernichten, Herzbeschwerden kurieren, den Blutdruck senken, Schlaflosigkeit besiegen. Doch wenn sie nun auch noch Schmerztherapien, Operationen oder Schmerzmittel ersetzen soll, wie aus der Neuroforscherszene zu hören ist, und dazu die Einnahme von Aspirin, Novalgin, Tramal und Co. ersetzen soll, muss ich Bedenken anmelden, weil ich aus meiner langjährigen Arbeit mit schmerzerfahrenen Menschen weiß, worauf sich ihre Hoffnungen richten: auf ein Wunder, das Ihnen endlich geschieht, auf eine Geheimwaffe, die jemand plötzlich aus dem Ärmel zückt, oder auf das Umlegen eines Schalters, mit dem der Schmerz abgeschaltet wird.

      Wenn das in der Macht von Meditationspraxis stände, könnten wir Reha-Einrichtungen und Therapiepraxen schließen und Meditationszentren aus ihnen machen. Die Pharmaindustrie müsste Bankrott anmelden und die Apotheken gleich mit. Sie sehen sicherlich selbst, dass die Idee von „Du musst nur meditieren…“ ein reichlich überzogener Ansatz ist.

      Bevor wir uns dem bewusstheitsorientierten Schmerzprogramm nähern und Schmerzen in den Zusammenhang mit Meditation setzen, schlage ich Ihnen vor, dass wir zunächst den Nährboden dafür kreieren. Lassen Sie uns mit einem symbolischen Akt starten, mit einem kleinen Ritual, das Ihnen einen Vorgeschmack auf Ihre bevorstehenden inneren Explorationen gibt.

      Inneres „Leerwerden“

      Es ist mehr als zwei Jahrzehnte her, dass ich an einem Seminar über Traditionelle Chinesische Medizin teilnahm. Zu dieser Zeit wurden der fernöstliche medizinische Ansatz einschließlich des Energiebegriffs vielerorts noch belächelt und andere Therapieansätze nicht selten als Scharlatanerie abgetan. Einschlägige Fachausbildungen zählten kaum und es brauchte nicht nur einen gewissen Enthusiasmus, sondern vor allem Courage, als Therapeut für das fernöstliche Denken, ganz zu schweigen für Meditation, zu stehen.

      Gerade weil damals das Fremde und Neue für die symptomverliebte Medizin noch viel weniger nachvollziehbar war als heute und auch in meinem therapeutisch getrimmten Kopf feste wie unschlagbare Argumente saßen, verstand ich, warum der Trainer den Auftakt des Seminars auf sehr ungewöhnliche Weise gestaltete: Er reichte jedem von uns Teilnehmern ein mit Wasser gefülltes Glas und bat uns, dieses so langsam und bewusst wie möglich auszugießen. Im Zuge dessen sollten wir die Gesamtheit unseres medizinischen und therapeutischen Wissens, unsere Theorien, Prinzipien, Konzepte und Urteile über den Körper, über Gesundheit und innere Regulationsprozesse für die Dauer des Kurses symbolisch ausgießen. Falls wir in diesem Seminar wirklich etwas Neues erfahren wollten, so der Trainer, hatten wir uns zunächst zu leeren. Wir hatten Platz zu schaffen für Neues und Unerwartetes, und ich sage Ihnen eins: Dieser symbolische Akt ist mir bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben. Das ist er, weil er mir zum ersten Mal vor Augen hielt, wie wenig Neues in mich einsickern kann, wenn ich vollgefüllt mit starrem, „altem“ Wissen bin.

      Als ich damals begann, das Wasserglas zu leeren, verwandelte sich der symbolische Akt des Ausgießens sehr schnell in eine wunderbare Chance: Ich spürte die Kostbarkeit des Moments und witterte den Effekt, mich zu erleichtern, mich leerzumachen, um für Neues und Unbekanntes offen zu sein.

      Gerade als ich anfing, mich in diesem symbolischen Akt zu aalen, bemerkte ich, dass es schwierig sein würde, den umfangreichen Ballast meines vorgefertigten Wissens proportional zur Wassermenge in dem kleinen Glas auszugießen. Du meine Güte, dachte ich, es reicht nicht einmal zu einem Zehntel aus! Ich hatte das Gefühl, dafür ein Fass, nein, eine ganze Badewanne ausschütten zu müssen. Außerdem spürte ich, dass ich dem Moment mit Furcht entgegensah, in dem ich aufhören müsste, weil das Wasser ausgegossen sein würde. Wann hat man denn schon einmal eine Chance dazu? Wann passiert es einem schon, sich von dem Wust an Informationen zu befreien, die man in der Schule, in der Universität oder im Arbeitsleben in sich hineinverfrachtet hat? Und wann hat man die Gelegenheit, von vorn beginnen zu dürfen, Neues erfahren zu können und alles Festgesetzte und Todsichere den Abfluss des Seminarhauswaschbeckens hinunterlaufen zu lassen? Mit größter Aufmerksamkeit für meine inneren Vorgänge goss ich die letzten Tropfen aus.

      Doch warum erzähle ich Ihnen diese Geschichte zu Beginn des 30-Tage-Programms? Vielleicht ahnen Sie es: Wenn Sie sich dem Thema „Meditation“ vor dem Hintergrund von Schmerzen nähern möchten und darauf hoffen, dass sich Ihre Schmerzen ad hoc zurückziehen werden, geht das nur, wenn Sie Ihr gewohntes Denken und Handeln zur Disposition stellen. Wenn sich Meditationspraxis positiv auf Ihren Schmerz auswirken soll, sodass er sich aufs Abklingen besinnt und Sie zukünftig ohne Medikamente auskommen, führt nichts daran vorbei, dass Sie sich zunächst von vorgefertigtem Wissen lösen. Ich empfehle Ihnen, Ihren Blick blankzuputzen und Neues wie Andersartiges mit frischen Augen zu sehen, auch wenn es hier nur um eine symbolische Handlung geht. Deshalb bitte ich Sie jetzt, bevor Sie sich auf das „Schmerzmittel Meditation“ einlassen, Ihr angesammeltes Wissen darüber, wie Schmerzintervention durch Innenschau zu geschehen hat, zu lüften. Gießen Sie dieses so langsam und bewusst wie möglich aus! Und wenn möglich: Schätzen Sie diese Chance!

      Zwei Gläser

      Bevor Sie das Ausgießen praktisch in Angriff nehmen, müssen wir allerdings einen Unterschied im Hinblick auf meine Seminarerfahrung machen: Sie sollten nämlich nicht nur ein Glas, sondern zwei Gläser ausgießen. Genau: eins für den Schmerz und eins für die Meditation. Darum bitte