Sylvia Harke

Hochsensibel Was tun?


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in einem oder mehreren Bereichen hochbegabt. Es gibt beispielsweise viele hochsensible Künstler, die ein besonderes Verständnis von Farbharmonien haben oder von Klängen und Musik. Auch jede andere Art von Hochbegabung kann auftreten, zum Beispiel im mathematischen, naturwissenschaftlichen oder im zwischenmenschlichen Bereich. Vielfach gibt es Hochsensible, die ihre Hochbegabung gar nicht als solche erkennen oder leben, da sie als Kind von der Umwelt nicht als Hochbegabte wahrgenommen und gefördert wurden.

      Die Scanner-Persönlichkeit

      Die sogenannten Scanner, Hochsensible mit vielen Interessen und Talenten, wirken nach außen hin möglicherweise sprunghaft und nicht fokussiert. Sie haben jedoch ein hohes Interesse, Neues kennenzulernen, und sind zyklisch immer wieder mit neuen Projekten und Themen beschäftigt. Darunter verbirgt sich meist eine multiple Hochbegabung. Diese vielfältigen Begabungen können zugleich Segen und Fluch sein. Hochbegabte mit einer deutlichen Spezialisierung (z.B. im mathematischen oder musischen Bereich) haben es wahrscheinlich leichter, entsprechende Berufe zu ergreifen. Die Scanner-Persönlichkeit hat jedoch so vielfältige Begabungen und Interessen, dass ihr schnell langweilig wird, wenn sie sich eine gewisse Zeit „nur“ auf ein Themengebiet konzentrieren muss. Universalgenies wie der Schriftsteller, Maler und Naturwissenschaftler Goethe sind in so gut wie allen Studienfächern gebildet. Goethe interessierte sich für Physik, Geschichte, Geologie, Biologie und Sprachen. Aufgrund dieser vielfältigen Interessen fühlen sich besonders Scanner oftmals orientierungslos und frustriert, da sie phasenweise Schwierigkeiten haben, sich für einen Weg zu entscheiden. Sie hören häufig aus ihrem Umfeld, dass sie sich doch mal „auf eine Sache konzentrieren“ sollen. Vielleicht sieht der Lebenslauf solcher Menschen nicht so geradlinig aus, doch die Erfahrungswerte sind unersetzbar.

      Verbundenheit

      Hochsensible fühlen sich meist mit ihren Freunden, Partnern, Familienangehörigen, Haustieren oder mit der Natur und dem Planeten Erde auf seelischer Ebene tief verbunden. Durch ihr starkes Einfühlungsvermögen und ihre Bereitschaft, sich tief auf Beziehungen einzulassen, sind sie meist „treue Seelen“, die Freundschaften anhaltend pflegen. Die Verbundenheitsgefühle mit Menschen und Lebewesen, die über den persönlichen Bekanntenkreis hinausgehen, motivieren Hochsensible auch zu ehrenamtlichem Engagement, zum Beispiel im Tier- und Umweltschutz oder in Hilfsorganisationen, die für Entwicklungsländer tätig sind.

      Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Hochsensibilität eine Phänomenologie der feinen Wahrnehmung darstellt und keine Krankheit ist. Deshalb wird kein Arzt oder Psychologischer Psychotherapeut Hochsensibilität als „Diagnose“ stellen. Diagnosen werden für Krankheiten gegeben.

      DORIS, 44 JAHRE:

      Wenn ich an meine Kindheit denke, erinnere ich mich kaum an Situationen, sondern nur an meine intensive Gefühlswelt. Diese kann augenblicklich durch Gerüche, Geschmäcke etc., die ich mit gewissen Situationen von früher verbinde, in einer totalen Klarheit in mir wieder abgerufen werden. Damals schon waren z.B. laute Geräusche und helles Licht für mich vor allem morgens ein Gräuel. Das Frühstück in den Wintermonaten musste ohne Musik und mit sanftem Licht stattfinden, was mir bei meiner Schwester den Kosenamen „Familientyrann“ einbrachte. Ich konnte mich als Kind stundenlang alleine mit meinen Spielfiguren beschäftigen und habe mir mit ihnen meine eigene heile, harmonische Welt erschaffen.

      Als Teenager musste ich viele Kompromisse eingehen, um mich nicht immer anders zu fühlen – und vor allem war keiner da, um über die ständige Flut an Impulsen und Wahrnehmungen und deren Umgang sprechen zu können. Leider wurde dieses Nichtverstandenwerden von mir oft mit zornigen Ausbrüchen gegenüber meiner Familie ausgelebt. Nur am Wochenende konnte ich mein überreiztes Nervensystem mit viel Schlaf und Aufenthalten in der Natur beruhigen.

      Meine Hochsensibilität hat mich mein weiteres Leben immer wieder zum Einzelgänger werden lassen, ein Zustand, unter dem ich aufgrund von Unwissenheit sehr gelitten habe. Das und der Wunsch, dazuzugehören, hat mich zu einer Meisterin des Aushaltens gemacht. Ob im lauten Konzert, spätabends beim gemütlichen Beisammensein oder im hektischen Straßenverkehr – ich habe meine Bedürfnisse einfach ignoriert und verdrängt, was mich schließlich Ende 30 zum Burnout geführt hat und mich zwang, mein Leben zu ändern.

      Heute achte ich sehr genau auf die Zeichen meines Körpers, meditiere regelmäßig und gehe auch tagsüber immer wieder in die Stille.“

      Lesen Sie sich einfach folgende Aussagen durch, und fragen Sie sich, ob sie auf Sie zutreffen. Zählen Sie am Ende zusammen, wie viele Male Sie mit Ja geantwortet haben.

      1.In Menschenansammlungen (z. B. im Supermarkt oder auf einer lauten Party) fühle ich mich nicht so wohl. Ich habe das Gefühl, dass zu viele Eindrücke auf mich einprasseln.

      2.Ich bin sehr geräuschempfindlich und/oder lichtempfindlich.

      3.Von einem Musikstück oder einem schönen Kunstwerk bin ich oft tief berührt.

      4.In meinem Inneren habe ich viele, intensive Gefühle. Manchmal bin ich überwältigt von der Intensität meiner Gefühle.

      5.Im Kontakt mit anderen Menschen schnappe ich manchmal deren Gedanken und Gefühle auf. Teilweise erlebe ich dabei Phänomene von Telepathie.

      6.Schon früh stellte ich mir die Frage nach dem Sinn des Lebens.

      7.Ich reagiere stark auf Ungerechtigkeiten.

      8.Wenn ich Tiere leiden sehe, leide ich mit.

      9.Ich bin leicht schreckhaft.

      10.Wenn ich Hunger habe, komme ich aus meinem Gleichgewicht. Hungergefühle beeinträchtigen meine Stimmungslage.

      11.Ich habe viel Fantasie.

      12.Filmszenen, in denen Gewalt vorkommen, verabscheue ich.

      13.Ich kann mich sehr genau in andere Menschen hineinversetzen.

      14.Auch was Tiere fühlen, kann ich spüren. Meine Beziehung zu Tieren ist etwas ganz Besonderes.

      15.Als Kind fühlte ich mich schon anders als die meisten anderen Kinder.

      16.Ich liebe Kinder. Das Lächeln und die Unschuld von Kindern berühren mich sehr.

      17.Wenn ich in die Natur gehe, fühle ich mich in meiner Seele berührt und finde zu mir.

      18.Ich mag es, tiefgründige Literatur zu lesen.

      19.Ich brauche Harmonie in meinem Umfeld. Bei Streit und Konflikten leide ich besonders stark.

      20.Manchmal fühle ich mich einsam, weil ich mich oft unverstanden von meinem Umfeld fühle.

      21.Wenn mir alles zu viel wird, suche ich Rückzug und Ruhe.

      22.Freunde und Arbeitskollegen schätzen mich, weil ich gut zuhören kann und positive Impulse für Gruppen geben kann.

      23.Im Umgang mit Fremden bin ich eher schüchtern.

      24.Mein Traumleben ist intensiv und vielschichtig. Ich träume oft und interessiere mich für Traumdeutung.

      25.Ich neige zu Allergien.

      26.Wenn ich Medikamente einnehme, brauche ich oft eine niedrigere Dosis.

      27.Von den Stimmungen und Gefühlen anderer Menschen in meinem Umfeld fühle ich mich schnell beeinflusst.

      28.Ich denke oftmals mehr an andere als an mich selbst.

      29.Es fällt mir schwer, anderen lange böse zu sein. Ich versöhne mich gern.

      30.Spiritualität, Philosophie und die Suche nach einem Sinn im Leben sind mir sehr wichtig.

      31.Im Alltag fühle ich mich immer wieder mal überfordert. Bei wirklich dramatischen Situationen in der Familie oder in der Firma bin ich überraschenderweise oft ganz klar, ruhig und kann anderen in schweren Stunden sogar beistehen.

      32.Ich habe mich schon sozial engagiert. Geld interessiert mich in diesem Zusammenhang eher weniger.

      33.Manchmal reagiere ich kindlich naiv und merke das erst hinterher.