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Theologie der Caritas


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Christoph/Rüegger, Heinz (Hgg.), Helfendes Handeln im Spannungsfeld theologischer Begründungsansätze, Zürich 2014.

      Zeil, Petra, Jeder Mensch ist uns der Liebe wert: Benedict Kreutz als zweiter Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Würzburg 2016.

      1 Einige verstreute Hinweise gibt er dazu auch in seinem autobiographischen Werk: Paul Josef Kardinal Cordes, Drei Päpste – Mein Leben, Freiburg 2014.

      2 Vgl. Klaus Baumann, Caritaswissenschaft: Ihre Ursprünge und Aktualität, in: Caritas 2016. neue caritasJahrbuch des Deutschen Caritasverbandes, Freiburg 2015, 139-145.

      3 Petra Zeil, Jeder Mensch ist uns der Liebe wert: Benedict Kreutz als zweiter Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Würzburg 2016.

      4 Vgl. Ellen Eidt, Johannes Eurich, Art. Diakoniewissenschaft, in: Norbert Friedrich, Klaus Baumann et al. (Hgg.), Diakonie-Lexikon, , Göttingen 2016, 121-123.

      5 Vgl. jüngst die Befunde der sog. „Würzburg-Studie“: Michael N. Ebertz, Lucia Segler, Spiritualitäten als Ressource für eine dienende Kirche. Die Würzburg-Studie, Würzburg 2016.

      6 Vgl. u.a. Joachim Reber, Spiritualität in sozialen Unternehmen. Mitarbeiterseelsorge - spirituelle Bildung - spirituelle Unternehmenskultur, Stuttgart 2009, und den Beitrag von Klaus Kießling in diesem Band.

      7 Vgl. Zygmunt Bauman, Flüchtige Moderne, Frankfurt 2003.

      8 Vgl. Anni Hentschel, Gemeinde, Ämter, Dienste. Perspektiven zur neutestamentlichen Ekklesiologie, Neukirche-Vluyn 2013; Herbert Haslinger, Diakonie. Grundlagen für die soziale Arbeit der Kirche, Paderborn 2009.

      9 Vgl. seine Ansprache an die Teilnehmer des Kongresses von Cor unum vor der Publikation der Enzyklika Deus caritas est am 24. Januar 2006, abgedruckt in: Cor unum (Hg.) „Deus caritas est“. Dokumentation des Internationalen Kongresses über die christliche Liebe, Vatikan 2006, 7-10, hier: 9: „Mir ging es jedoch gerade um die Einheit der beiden Themen, die nur dann richtig zu verstehen sind, wenn sie als ein einziges gesehen werden.“

      10 Confessio Augustana Artikel 7: Von der Kirche, zitiert nach https://www.ekd.de/glauben/grundlagen/augsburger_bekenntnis.html (zuletzt überprüft 31.01.2017). Die Erwähnung dieser ekklesiologischen Differenz möge hier genügen. Vgl. Christoph Sigrist, Heinz Rüegger (Hgg.), Helfendes Handeln im Spannungsfeld theologischer Begründungsansätze, Zürich 2014.

      11 Vgl. Philipp Müller, Joseph Ratzinger und das Zweite Vatikanische Konzil – eine pastoraltheologische Perspektive, in: Trierer Theologische Zeitschrift 125, 2016, 265-284.

      12 Vgl. u.a. Heinrich Pompeÿ, Caritas theology – theological foundations and shape of the church’s charitable ministry. in: Giampetro Dal Toso, Heinrich Pompeÿ, Rainer Gehrig, Jakub Doležel, Church Caritas ministry in the perspective of Caritas-theology and Catholic social teaching Olomouc 2015, 31-90.

       Philosophische Grundlagen und Perspektiven

       Die Deutung gelingenden Lebens als des maßgeblichen Humanum

       Rainer Marten

       I.

      Eine der großen Fragen griechischer Philosophie war, ob es für sinnlich-geistiges Weltverhalten, also für alles, was unter Beobachten, Erfahren, Erkennen und Wissen fällt, etwas wirklich Festes und Verbindliches gibt, oder ob alles dem Ungefähr ausgesetzt ist, dem Meinen, Fürwahrhalten, Sichtäuschenlassen. Gibt es Bleibendes und Unveränderliches, das für jeden menschlichen Zugriff das Selbe ist? Gibt es bleibend Wirkliches? Gibt es Wahrheit? Das ist eine Frage der theoretischen Philosophie. Die entsprechende Frage der praktischen Philosophie, die sich nicht an die Lebenswelt, sondern an den Menschen selbst richtet, fragt, ob der Mensch ein Selbst hat, ob er selbsthaft sein kann, oder ob Mächtigeres ihn und sein Leben in der Hand hat, er also eigentlich nichts ist, nichts, was für sich selbst bestehen, nichts, was zu sich selbst stehen kann.

      Die paulinische und johanneische Christologie gibt Grund daran zu zweifeln, dass der Mensch selbsthaft ist. Zuvor hatte schon Aristoteles einen Menschen gedacht, der nicht eigentlich Mensch und somit als Mensch eigentlich nichts ist: den Sklaven. Der sei zwar Mensch von Natur, aber nicht seiner selbst, sondern Mensch eines Anderen.1 Paulus versteht das für sich nicht anders. Er erklärt sich als Sklave Christi Jesu. Das ist ernst gemeint. Kein Wunder, dass er in seinem Leben und Sterben nicht sich gehört, sondern „des Herrn ist“ (tou kyriou esmen, Domini sumus).2 Das aber heißt für den Apostel: „ich lebe nicht mehr als ich selbst, sondern Christus lebt in mir“.3 Sie sehen, es ist nicht leicht, vor christlichen Theologen und Christusgläubigen über das Humanum zu sprechen, wenn einer das Wort hat, der sich nicht als christlicher Philosoph versteht, sondern schlicht als Philosoph. Nur so nämlich weiß er sich frei in seinem Nachdenken.

      Der Mensch, in dem Christus lebt, ist nicht als Mensch, sondern als Christ selbsthaft, und dies nicht kraft seiner selbst, sondern durch die Gnade Christi. Paulus deutet den Sprung, den der Glaube vom Alten zum Neuen Testament macht, als den vom „ersten Adam“ zum „letzten Adam“, vom irdischen ersten Menschen, der ein beseelter Leib ist, zum zweiten Menschen, der vom Himmel kommt. Das ist ein ganz anderer Mensch, der nicht leibhaft lebt, sondern als Leben schaffender Geist.4 Der Mensch des Alten Testaments hat einen irdischen Leib und wird wieder zu Erde, der Mensch des Neuen Testaments hat in seiner Vollendung einen geistigen Leib (sôma pneumatikon) und hat seinen letzten Ort für immer im Himmel, wenn nicht ein letztes Gericht ihn mit seiner pneumatischen Natur für immer dem unlöschbaren Feuer (pyr asbestos) überantwortet. Aber schon zeit seines leiblichen Lebens ist es Gott, der den Gläubigen erhält,5 nicht er selbst, weil er sein lebendiges Selbst in Christus hat, nicht in sich selbst. Mit seinem anrührenden Wort von den Vögeln des Himmels verweist Christus auf die, die sich nicht nach Menschenart um die Erhaltung des Lebens sorgen, „und der himmlische Vater ernähret sie doch“. Selbsterhaltung wird zu einem Begriff der Aufklärung (Thomas Hobbes). Wer nicht mehr glaubt, dass Gott die Sonne scheinen lässt und so durch Wärme und Gedeihenlassen für den Erhalt des Menschen sorgt, der ist auf sich selbst angewiesen.

      Nein, so leicht ist Selbsthaftigkeit, die wirklich die des Menschen wäre, auch bei Philosophen nicht nachzuweisen. Dass das, was als Humanum gedacht ist, weit eher nach einem Divinum aussieht, lässt sich von Aristoteles bis Kant verfolgen. Für Aristoteles ist der Mensch das vernunftbegabte Lebewesen, fähig, sich untereinander über das Zuträgliche und Abträgliche, Gerechte und Ungerechte zu verständigen. Die tätige Vernunft aber gilt ihm als das Göttliche am Menschen, das für das eigentliche Menschsein zu nehmen ist.6 Zwar sieht er als Ontologe und Biologe Selbsterhaltung positiv, die aber als das natürliche Werk, sich in seiner Art fortzuzeugen, das eines unteren, nicht das des göttlich-vernünftigen Seelenteils ist.7 Damit ist „Selbst“-Erhaltung Sache einer Naturkraft, nicht aber die des Selbst. Der Mensch selbst ist Vernunft, die ausgerechnet als das, was am meisten Mensch ist (malista anthrôpos), sein Göttliches sein soll.8

      Dass das Divinum das eigentliche Humanum ist, wird von Kant nicht ebenso klar gesagt, aber nicht weniger so gedacht. Der leibhaftige Mensch, der Mensch, wie er erscheint, ist nicht wirklich Mensch, wenn es nach reiner Vernunft und gutem, weil vernünftigen Willen geht. Der leibhafte Mensch sei „nur eine Erscheinung seiner selbst“, nicht also der Mensch selbst.9 Der Mensch als Person hat keinen Leib. Der leibhaftige Mensch ist „Sache“ und damit Instrumentalisierbares, nicht Zweck an sich selbst. Das muss man erst einmal auf sich wirken lassen: Keiner von uns hier ist er selbst, es gelänge denn einem, als reine Vernunft präsent zu sein. Das aber ist, wie ich vorweg verrate, nicht möglich, da es keine Vernunft gibt, die nicht emotional gebunden wäre.

      Nein, dass auch Philosophen das menschliche Selbst in höhere Regionen verlegen, als der lebendige Mensch sie bewohnt, macht die Entselbstung des Gläubigen bei Paulus nicht zugänglicher, zumal diese ihren Höhepunkt