Verlust des Aargaus 1365–1425
Die Wege trennen sich: der Teilungsvertrag von 1379
Zwischen Freiburg im Breisgau und Triest: ein rastloser Leopold
Wird Basel habsburgisch?
Eine verhängisvolle Bischofswahl
Die Katastrophe von Sempach
… und die Folgen
Am Rand eines Bürgerkriegs: Bruderzwist im Haus Habsburg
Chaos am Bodensee: die Appenzellerkriege
Der Anfang vom Ende: Städte und Adel orientieren sich neu
Das Konzil von Konstanz: Friedrich in der Reichsacht
Ein Blitzkrieg der Eidgenossen: Der Aargau geht verloren
Das Fell des Bären wird verteilt
Flucht aus Konstanz: Die Habsburger reagieren
Habsburg kommt zurück – aber nicht in den Aargau
Das Verhältnis zwischen Habsburgern und Eidgenossen bleibt belastet 1425–1475
Ein König besucht die Eidgenossenschaft
Die Rückkehr auf den deutschen Thron: Albrecht V. und Friedrich V.
Krieg im Dreieck zwischen Zürich, Eidgenossen und Habsburg-Österreich
Die alten Fronten brechen auf
Wie weiter? Der habsburgische Adel im Zwiespalt
Der Thurgau geht verloren: Herzog Sigmund agiert unglücklich
Der Rhein wird Grenze
Auf dem Weg zur Ewigen Richtung
Der Friede auf «ewig»: ein Ausblick
Der Habsburger Adler bleibt im Fricktal
Ausgewählte Literatur
AM ENDE EINES LANGEN UND ERFOLGREICHEN LEBENS
Rudolf von Habsburg ritt Anfang Februar 1291, bereits von Gicht und Arthrose gezeichnet, von Konstanz nach Baden. Mit 73 Jahren war er am Ende eines rastlosen Lebens, das er zu einem grossen Teil unterwegs im Sattel verbracht hatte. Vielleicht hatte er sich mit seinem Gefolge in Zürich auf das Schiff begeben und war die Limmat abwärts gefahren. Oberhalb der Holzbrücke in der Klus von Baden, die mit einem kleinen Turm am rechten der Stadt gegenüberliegenden Ufer bewehrt war, ging er mit seinem Gefolge an Land. Auf einem steilen Strässchen in der noch nicht befestigten Halde führte der Weg auf das Plateau der mächtigen Saalkirche am Fuss des Burghügels. Rudolfs Vogt in Baden und in der Grafschaft Aargau war sein Dienstmann Werner von Wolen. Er residierte auf der Burg Stein, an deren Fuss sich zwischen der befestigten Staffelmauer, die in die Stadt hinunterführte, der Kirche und dem Stadtbach ein kleines Burgstädtchen gebildet hatte. Quartier nahmen der Habsburger und sein Gefolge aber wahrscheinlich in den Bädern, die in einer Distanz von einigen hundert Metern im Limmatknie eine eigene kleine Siedlung bildeten. Auf dem offenen kleinen Platz liegt die schon von den Römern gefasste Quelle, die von einem fünfeckigen Stein, dem sogenannten grossen heissen Stein, bedeckt wird. Zum Gasthof Bären, dem Habsburger Lehen, führte das kleine «stinkende» Gässchen. An diesem Weg lag das «beslossen Bad», ein Badehäuschen, das auf römischen Grundmauern stand.1 Rund um den Bäderplatz gab es weitere Gasthöfe. Das königliche Gefolge, das doch einige Dutzend Ritter und Dienstleute umfasst haben muss, wird in diesen Gasthöfen abgestiegen sein oder im nahen Kloster Wettingen Quartier genommen haben.
Rudolf hielt sich den ganzen Februar in Baden auf und wird im Wasser der heissen Thermen gebadet haben, um sich von seinen arthritischen Schmerzen etwas zu erholen. Er war aber nicht untätig. Er empfing Boten der Stadt Zürich, die ihm 1000 Mark Silber vorschossen, damit er seine Schulden vom Reichstag in Erfurt aus dem vergangenen Dezember begleichen konnte. Den Zürchern erliess er dafür auf sechs Jahre die Reichssteuer. Die 1000 Mark sollte Hartmann von Baldegg in Empfang nehmen, Burggraf in Rheinfelden und enger Vertrauter Rudolfs. Am gleichen Tag bestätigte Rudolf einer Delegation aus Schwyz, dass die freien Leute aus Schwyz keinen unfreien Richter anzuerkennen hätten. In Baden ebenfalls anwesend war sein Vetter Rudolf von Habsburg-Laufenburg, seit 1274 Bischof von Konstanz. Am 23. Februar erschien auch der Bischof Wilhelm von Lausanne, der sich vom König Hilfe gegen Amadeus von Savoyen erhoffte. Die Nachrichten aus Burgund waren wenig erbaulich, der Pfalzgraf von Burgund hatte sich trotz der erst zwei Jahre zurückliegenden Niederlage bei Besançon erneut gegen Rudolf gestellt. Gleichzeitig waren Boten von König Karl II. von Sizilien eingetroffen. Karls Sohn, Karl Martell, war mit Rudolfs Tochter Clementia verheiratet und hatte eine Anwartschaft auf die ungarische Krone. Auf Ende April wurde ein Treffen bei Murten vereinbart.2 König Rudolf verliess Baden Ende März 1291.
Dieser Aufenthalt in Baden, fünf Monate vor Rudolfs Tod in Speyer, war ein Zurückkommen in das alte Stammland der Habsburger, aus dem die Familie einst aufgebrochen war, um eine erfolgreiche Grafenfamilie im Südwesten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation zu werden. Baden war zu einem bevorzugten Aufenthaltsort der Familie geworden. Unweit davon liegen das Städtchen Brugg und das kleine Schlösschen Altenburg, von wo aus etwa um 1020/1030 Rudolf und Radbot, nach der Legende die Vorväter der Habsburger, sich anschickten, eine Burg zu bauen und zwei Klöster zu gründen: die Habsburg und die Klöster Muri und Ottmarsheim. Damit beginnt die sagenumwobene Geschichte der Habsburger.
EINE KINDHEIT AUF DER HABSBURG?
Woher die Habsburger kommen
Eine Burg unter vielen anderen?
Es ist schwer vorstellbar, dass das mächtige Haus Habsburg in der heute bescheiden wirkenden Burg gleichen Namens seinen Anfang genommen haben soll. Wie muss man sich die Habsburg in der Zeit nach 1200 vorstellen, als die Besitzer ihren Aufstieg im deutschen Reich begannen? Wie sah die Burg aus, wer hat sie erbaut und warum? Hat der 1218 geborene Rudolf und spätere König seine Kindheit auf der Habsburg verbracht?
Im Jahr 1108 begleitete Otto, ein «Graf von Havichsberg», den deutschen König Heinrich V. auf einem Kriegszug gegen die Ungarn. Otto, in der Habsburgergenealogie der II. benannt, wird nach der Rückkehr vom Ungarnfeldzug im Jahr 1111 auf seiner Burg Butenheim (Petit Landau) südlich von Ottmarsheim ermordet. Sein Bruder, «Adalbertus de Havesborc», nimmt 1114 an einem Hoftag des unterdessen zum Kaiser gekrönten Heinrich V. in Basel teil und erwirkt dort einen Freibrief für das familieneigene Hauskloster in Muri.3 Ottos Sohn, Werner II., wird schliesslich als erster Habsburger als Landgraf im oberen Elsass bezeichnet. Seit dieser Generation nennt sich das Adelsgeschlecht nach der Burg, die in den folgenden Jahrhunderten zum