Heinz Gebhardt

Die Lola-Montez-Story


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       Der preußische Gesandte Albrecht Graf von Bernstorff

      Um den Unruhen Herr zu werden forderten hohe Militärs den Einsatz der Waffen, um die Revolutionäre wie in andern Ländern blutig zu bekämpfen. Um dem befürchteten Militärschlag des Fürsten Wrede zuvorzukommen, stürmten aber die Münchner das Zeughaus. In letzter Sekunde trat ihnen auf dem Promenadeplatz Ludwigs jüngerer Bruder Prinz Karl entgegen und meldete, dass König Ludwig I. bereit sei, die Ständeversammlung einzuberufen und die »Märzforderungen« zu erfüllen. Was niemand wußte, war der wahre Grund für den Sinneswandel des Königs; wenn er nämlich auf die Krone verzichtet und abdankt, könnte ihm als pensionierten König niemand mehr verbieten, wieder mit Lola ins Bett zu gehen, was auch sein Vertrauter Klenze wusste: »Wie schon gesagt, entsagte er diesem Throne einzig und allein in der Hoffnung, zukünftig unangefochten in Lolas Liebe schwelgen und leben zu können.« So legte König Ludwig I. am 19. März 1848 die Krone nieder und verzichtete zugunsten seines Sohnes Maximilian auf den Thron. An Lola schrieb er: »Ich habe auf die Krone verzichten können, aber nicht auf meine geliebte Lolitta. Ohne meine Abdankung weiß ich nicht, wann ich mit Dir, meine geliebte Lolitta, hätte sein können. Mein Plan ist, Mitte April zu Dir nach Vevey zu kommen um dort in Deine Arme zu fallen und einige Zeit mit Dir zu leben.«

      Man kann die Geschichte drehen und wenden wie man will: Dass die Revolution von 1848 von allen anderen Ländern einzig in Bayern unblutig und friedlich über die Bühne ging, ist das Verdienst von Lola Montez! Ohne Lola wäre König Ludwig I. in seinen absolutistischen Vorstellungen seiner Königswürde nie auf die Idee gekommen abzudanken und hätte, wie seine Militärs es forderten, die revolutionären Umtriebe mit Waffengewalt blutig niedergeschlagen. Ludwig lebte aber in der Illusion, als abgedankter König ungehindert wieder in die Arme und ins Bett seiner Lola zurückkehren zu können: »Ohne meine Abdankung weiß ich nicht, wann ich mit Dir, meine geliebte Lolitta, hätte sein können.« Dass Ludwig und Lola sich trotzdem nie wieder im Leben begegneten, ist ein anderer Teil der Geschichte von Sex, Macht und Geld: Erst nachdem Lola sich 1849 einen neuen Millionär geangelt hatte und mit dem 21-jährigen George Trafford Heald in Paris in Saus und Braus ihr gewohntes Luxusleben führte, war für Ludwig jede Hoffnung auf eine »Wiedervereinigung« endgültig zerstört: Er stellte 1850 seine regelmäßigen Zahlungen an Lola ein und schrieb ihr nie wieder einen Brief. Leo von Klenze: »Mit Händeringen sagte er jüngst dem Maler Stieler: Welch ein Unglück, dass gerade ich an solch ein Weibsbild geraten musste! Während sie mir Liebe heuchelte, wollte sie nur Geld von mir; sie hat mich um zwei kostbare Dinge gebracht: um eine poetische Illusion und um meinen Thron!«

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       Brief von König Ludwig I. an Lola Montez vom 21. März 1848 mit der Nachricht seiner Abdankung (Bayerische Staatsbibliothek)

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       Historische Darstellung der blutig verlaufenden Märzrevolution in Berlin 1848

      Wer war Lola Montez?

       Die »spanische Tänzerin« wurde in Irland geboren

      »Ich zähle jetzt 27 Jahre. Mein Vaterland ist Spanien. Ich bin im Jahre 1823 zu Sevilla, der Hauptstadt Andalusiens, geboren, welches das Land der Serenaden und der Balkone ist, der Troubadours und der Romanzen«, schrieb Lola Montez in ihren Memoiren über sich selbst, aber nichts davon ist wahr: Denn im Leben der Lola Montez vermischen sich Wahrheit und Märchen, Täuschung und Wirklichkeit oft bis zur Unkenntlichkeit. Vielleicht musste das so sein, denn ihr nur 39 Jahre dauerndes Leben verlief so hektisch, so atemberaubend schnell wie kaum ein anderes in ihrer Zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts: »Vom ersten Tag meiner Geburt bis auf heute führe ich ein unstetes Leben, voller Romane, Dramen und Wechselfälle. Die Vorsehung scheint mich zu einem rastlosen Umherirren verdammt zu haben. Ich habe mir stets eingebildet, dass im Moment meiner Geburt irgend eine Fee Rollen an meine Wiege befestigt hat, um mich so ununterbrochen von einem Ende der Welt bis zum anderen zu bringen.«

      Lola Montez hat sich in allen Biografien immer ein paar Jahre jünger gemacht, denn nach den später aufgefundenen amtlichen Unterlagen ist sie am 17. Februar 1821 in Grange im Nordwesten von Irland geboren. Ihr Vater war der Offizier Edward Gilbert, ihre Mutter hieß Eliza Oliver. Im Alter von zwei Jahren ließen die Eltern ihre Tochter am 16. Februar 1823 in St. Peter’s in Liverpool auf den Namen Eliza Rosanna Gilbert taufen. 1824 wurde Eliza Gilbert als dreijähriges Kind von ihren Eltern auf eine Seereise nach Indien mitgenommen, wo sich der Vater als Soldat der britischen Armee ein gesichertes Leben erhoffte. Wenige Wochen nach seiner Ankunft in Dinapore starb er an Cholera. Dinapore war im 19. Jahrhundert eine britische Garnisonsstadt und heißt heute Danapur und liegt im indischen Bundesstaat Bihar rund 10 Kilometer nordwestlich von Patna und 500 Kilometer nordwestlich von Kalkutta. 1826 wurde sie wieder nach England zurückgeschickt und später in einem Internat in Bath 20 Kilometer von Bristol entfernt untergebracht.

      Nachdem ihre Mutter ebenfalls aus Indien nach England zurückgekehrt war, hatte sie für ihre 16-jährige Tochter den schwerreichen 60-jährigen indischen Geschäftsmann Sir Lumely als idealen Ehemann auserkoren. Der Altersunterschied war ihr egal, Hauptsache die Familie wäre finanziell abgesichert gewesen. Doch sie hatte die Rechnung ohne die Willensstärke ihrer Tochter gemacht, denn die 16-jährige Eliza fand mehr Gefallen an dem 29-jährigen Begleiter und Lover ihrer Mutter, Captain Thomas James. Bei Nacht und Nebel verschwanden beide von einem Tag auf den anderen und flohen nach Irland. Am 23. Juli 1837 heirateten beide im irischen Rathbeggen in der Nähe von Dublin und aus Eliza Gilbert wurde Eliza James. Doch schon im Jahr darauf, 1838, begann für Eliza eine neue Odyssee: Captain James wurde im Krieg gegen Afghanistan nach Simla in den Himalaja versetzt und Lola blieb nichts anderes übrig als mitzufahren, erkrankte aber an Malaria und verließ nach einem Jahr ihren inzwischen sehr groben und aggressiven Gatten. Auf mehreren Segelschiffen ging die Reise ins Ungewisse wieder zurück nach England und am 20. Februar 1841 konnte sie in Southampton wieder englischen Boden betreten.

      In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts begann in Europa eine Spanien-Euphorie, alles Spanische von der Mode bis zur spanischen Musik: Spanien war »in« und man begeisterte sich vor allem für die spanischen Tänze. Insbesondere der Cachucha wurde populär und seine bekanntesten Tänzerinnen waren Fanny Elßler und Pepita de Oliva, die später auch in München auftrat. Eliza James sah in dieser Spanienwelle eine Chance und eine Geschäftsidee, übte sich in spanischen Tänzen und fuhr gleich nach ihrer Scheidung von ihrem Captain 1842 nach Spanien, um sich an Ort und Stelle auszubilden. Jetzt wurde »Lola Montez« geboren, Eliza James kleidete sich spanisch, sprach spanisch, tanzte spanisch, ihre schwarzen Haare waren sowieso schon spanisch und jetzt fehlte nur noch ein spanisch klingender Name: Nach ihrer Rückkehr und Ankunft in Southampton am 14. April 1843 gab sie sich erstmals als »Maria de los Dolores Porry y Montez« aus – kurz: »Lola Montez«, als Tochter einer spanischen Adelsfamilie und als Witwe eines hingerichteten Rebellen. »Lola« ist die Kurzform des spanischen Namens »Dolores«, auf deutsch »Leiden« und aus dem spanischen Namen der Jungfrau Maria entnommen, der »Nuestra Señora de los Dolores«. Aus Eliza war eine perfekte Spanierin geworden: Lola Montez. Ein Verehrer auf der Fahrt nach London war der Earl of Malmesbury, der sie Benjamin Lumley vorstellte, dem Impresario von »Her Majesty’s Theatre«. Auch er fand Gefallen an der schönen Spanierin und ließ sie am 3.