nichts mehr mit ihnen zu tun haben und auch nicht mit ihnen zu Abend essen. Die jungen Leute gaben sich also das Wort, jeden weiteren Verkehr mit der sogenannten Andalusierin abzubrechen und mit Niemand über diese ganze Angelegenheit zu sprechen.«
Lola tanzt sich in die Bayerische Geschichte: Nur zwei Auftritte und der König lag ihr zu Füßen – Lithographie von Wilhelm Strack, 1847
Tänzerinnen-Karriere beendet und König Ludwig I. erobert
Mit ihren zwei Auftritten war Lolas Tänzerinnen-Karriere in München beendet: Als Künstlerin bei den Kritikern durchgefallen, vom Publikum mit großem Argwohn begafft, aber dafür hatte sich der König von Bayern hoffnungslos in sie verknallt. In Lolas Memoiren liest sich das so: »Die Hindernisse, welche mir entgegentraten, die Art und Weise ihrer Beseitigung durch die Güte des Königs waren dem Publikum schnell bekannt geworden. War das eine Veranlassung, mir mit einer Kälte zu begegnen, die ich allerdings nicht erwartet hatte? Ist es, dass man eine Ausländerin, eine Fremde wollte fühlen lassen, dass sie vor den Augen des Königs Gnade gefunden hatte? Trotzdem trat ich zum zweiten Male auf, aber ich wurde immer mit derselben Kälte empfangen, obwohl es schon an Stimmen nicht fehlte, die mich gegen geheime Intrige und Verleumdung in Schutz nahmen. Ich konnte mir die Gunst des Publikums nicht erwerben, aber es gab doch Einen in Baiern, welcher mich mit Wohlwollen überschüttete, und dieser Eine galt mir mehr als das Publikum. Nach dem zweiten Male trat ich nicht wieder auf, aber bald wusste es ganz Baiern, dass ich unter dem persönlichen Schutz des Königs stand.«
Lolas Gastspiel im Goldenen Hirschen
Hausverbot nach Massenschlägerei
Lolas erste Adresse in München war auch Münchens erste Adresse: Das nagelneue supermoderne Hotel Bayerischer Hof am Promenadeplatz. Auch wenn sie keinen Gulden in der Tasche gehabt hätte, wäre sie dort abgestiegen, irgendein Verehrer hätte schon bezahlt.
Heutige Möchtegern-Stars mieten sich ja auch nicht in einem möblierten Zimmer im Bahnhofsviertel ein, wenn sie zum Casting anreisen, denn in diesem Geschäft ist es ist nicht wichtig wer oder was man in Wirklichkeit ist, sondern wer oder was man vorgibt zu sein.
Und Lola hatte recht: König Ludwig I. hatte an der angeblichen spanischen Tänzerin angebissen. Er hätte ihr sicher auch weiter ihre Suite im Bayerischen Hof bezahlt, schließlich bekam sie seit November schon eine königliche Unkostenerstattung von 1000 Gulden im Monat, weit mehr als der König seinen Ministern monatlich zahlte. Sie blieb aber nicht im Bayerischen Hof, sondern zog in den Goldenen Hirschen in der Theatinerstraße um, das alte Münchner Luxushotel, bevor 1841 der Bayerische Hof eröffnete. Ein etwas in die Jahre gekommenes, aber doch noch prächtiges Hotel, dessen große Zeit im 18. Jahrhundert war, als sich Wolfgang Amadeus Mozart, Casanova und Gotthold Ephraim Lessing dort zum Schlafen legten. Der Grund von Lolas Umzug waren nicht die Hotelkosten, sondern die Nähe zu ihrem neuen Verehrer, denn der Goldene Hirsch lag nur einen Katzensprung neben der Residenz. Eigentlich sollte Lola so lange im Goldenen Hirschen wohnen bis ihr Palais in der Barer Straße renoviert und bezugsfertig wurde, aber das gut nachbarschaftliche Verhältnis ging schon vorher auf spektakuläre Weise in die Brüche. Am 3. Februar 1847 fand im Goldenen Hirschen ein Faschingsball statt, bei dem Lola wegen ihres Kammerdieners mit dem Hotelbesitzer Ambros Havard in Streit geriet. Der Streit eskalierte und »Lola stürzte wie eine Rasende hervor und schlug einem der in der Nähe befindlichen Mitglied der Gesellschaft, einen Schneidermeister namens Riele, mit solcher Wut in das Gesicht, dass seine Brille in Trümmern bis gegen die Mitte des Saales flog«, wie Klenze schrieb. »Der erwiderte den Schlag mit der Rechten, packte die zarte Melusine bei der Gurgel und drängte sie gegen die Wand, während Alles schrie: ›Schlagt das Luder tot! Werft sie aus dem Fenster!‹ Hotelchef Havard wusste sich nicht mehr zu helfen und alarmierte die Polizei in der Weinstraße, die sofort anrückte und alle Raufbolde mit auf die Wache nahm.«
Ludwig I. brauchte von seiner Residenz (links) nur über den Odeonsplatz gehen und schon war er bei seiner Lola im Gasthof zum Goldenen Hirschen, der zwischen Feldherrnhalle und Theatinerkirche lag.
Im Gasthof »Zum Goldenen Hirschen« in München stieg auch Giacomo Casanova (1725–1798) anlässlich einer seiner Reisen durch europäische Länder ab.
Wolfgang Amadeus Mozart war bereits bei seinem erfolglosen München-Aufenthalt im Jahre 1777 im Goldenen Hirschen abgestiegen.
König Ludwig I. begnadigt Lola und bestraft die anderen
Polizeidirektor Johann Nepomuk Freiherr von Pechmann schien etwas überfordert und ließ sicherheitshalber um 5.00 Uhr früh seine Majestät in der Residenz informieren: Immerhin hatte er gerade das G’spusi des Königs verhaftet. Da er im November davor schon mal eine königliche Abmahnung einstecken musste, weil er wegen nächtlicher Ruhestörung gegen Lola ermittelte, ging er diesmal auf Nummer Sicher und bat den König, auf der Polizeiwache selbst für Ordnung zu sorgen. Lola war überglücklich und fiel Seiner Majestät heftig um den Hals. Der Hotelier Ambros Havard hatte jedoch von seinem renitenten Gast endlich die Schnauze voll und warf Lola Montez mit einem Hausverbot aus dem Hotel. Damit war aber der juristische Teil der Schlägerei noch nicht erledigt und Leo von Klenze konnte sich wieder einmal über seinen liebestollen König aufregen: »Die polizeiliche Untersuchung wegen der beschriebenen Kneipenprügelei ward unter der unmittelbaren persönlichen Leitung des Königs geführt und endlich ein Urtheil gefällt, welches dadurch, dass es die einzige eigentlich Schuldige, Mademoiselle Montez nur zu 24 Stunden Hausarrest verurteilte, und die von ihr geprügelten: den Wirt Havard und den Schneider Riele, aber zu 4–5-tägigem Gefängnisse bei Wasser und Brot verurteilte, schon die größte Ungerechtigkeit enthielt. Da begnadigte der König die (um in seiner Art zu sprechen) geprügelt gehabt habende Lolita und befahl, die Strafe der geprügelt seien wordenen möglichst zu verstärken: gerecht und beharrlich!« Lolas nächste Adresse wurde jetzt die Theresienstraße 8, wo sie beim Maurerpolier Lüglein als Untermieterin einzog und ihr Gastspiel im Goldenen Hirschen war zu Ende.
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