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Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte


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      Abb. 7 Grabinschrift der Eupraxia in der Kallistus-Katakombe zu Rom.

      Den Erfolg, den die frühchristliche Mission erzielt, verdankt sie sicher auch der intensiven und erfolgreichen Missionsarbeit des griechischsprachigen und hellenistisch geprägten Diasporajudentums. Dessen Botschaft kommt in gebildeten paganen Kreisen sehr gut an, weil es seine Religion – im Unterschied zum eher provinziellen, national ausgerichteten Judentum Palästinas – als eine universale Religion präsentiert. Es verkündet einen Gott aller Menschen, der dem gesamten Menschengeschlecht in seinen Geboten das für alle geltende Sittengesetz, d.h. den zielsicheren Weg zum Leben, anbietet. Auf diese Weise fügt es zu Ritus und Kult einen deutlichen ethischen Akzent, der der paganen Religion weitgehend fehlt. Ebenso versteht sich dieses Judentum als eine „Philosophie“, als eine Weisheitslehre, die auf die Fragen des denkenden Menschen durchdachte Antworten bereithält und als Offenbarungsreligion auf die altehrwürdige Weisheit einer Heiligen Schrift rekurrieren kann. Genau in diesen hellenistisch-jüdischen Fußstapfen bewegt sich die frühchristliche Mission und kann dabei – wie schon angedeutet – auf das reiche jüdisch-hellenistische Erbe zurückgreifen. Daneben finden die christlichen Verkündiger in allen größeren Städten der Diaspora kontaktstiftende Synagogengemeinden vor, in denen sie ihre Botschaft erfolgreich verbreiten können. All diese Elemente, die griechische Bibel (die Septuaginta) und vieles andere mehr erweisen sich als Vorarbeit ihrer Mission, als eine von der hellenistischen Synagoge erarbeitete Basis, von der aus sie die jüdische Mission bald überholen können.

      Darüber hinaus verdankt das Christentum dem Judentum auch personelle Zugewinne. Denn die so genannten Gottesfürchtigen, ein mit der hellenistischen Synagoge sympathisierender, heidnischer Interessentenkreis, sowie die Proselyten, d.h. die zum Judentum konvertierten Heiden, treten besonders häufig von der Synagoge zur Kirche über.

      Diese gehören mit anderen neu gewonnenen Christen sozial zu den mittleren und gehobenen Schichten; unter ihnen finden sich Angehörige der höheren Politik und Verwaltung, aber auch Gebildete und Gelehrte, Philosophen und Historiker. Sie prägen in besonderer Weise die Geistigkeit und Kultur der jungen Missionsgemeinden. Der allgemeinen Struktur der Gesellschaft entsprechend bilden freilich der Mittelstand und die Unterschicht der städtischen Bevölkerung, also Handwerker, Kaufleute und Sklaven, den Hauptanteil des jungen Christentums. Zunächst vermag die Kirche die Angehörigen dieser unterschiedlichen Schichten, zwischen denen in der antiken Gesellschaft oft krasse soziale Unterschiede herrschen, in ihren Gemeinden einigermaßen zu integrieren. Freilich beruhen viele Konflikte, die in der frühen Kirche bisweilen sogar zu Spaltungen führen, auf sozialen Ursachen. Aber das Charakteristikum frühchristlicher Gemeinden ist gerade ihre soziologisch sehr gemischte Zusammensetzung. Gesellschaftliche Unterschiede sollen ja – zumindest theoretisch – keine Rolle spielen. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ (Gal 3,28). Dass dieses Apostelwort auch in die Praxis umgesetzt wird, zeigt sich in der für antike Verhältnisse äußerst unkonventionellen Verhaltensweise, Frauen und Sklaven als gleichwertige Gemeindemitglieder zu behandeln, was auf diese sicher anziehend und motivierend wirkt.

      Neben den Vorteilen, die das Christentum aus seinen jüdischen Wurzeln zieht, ist es vor allem die Pax Romana, die der Ausbreitung des Christentums einen günstigen äußeren Rahmen bietet. Denn die Römer sind – gestützt auf ihre mächtige politische und militärische Position – in der Lage, die verschiedensten Völker in ihrem Imperium in sicheren Grenzen zu befrieden und die Einheit ihres Reiches mit Hilfe eines großen und verhältnismäßig uniformen Verwaltungssystems aufrecht zu erhalten. Zusammen mit dem ausgezeichneten römischen Straßennetz bringen es diese geordneten Verhältnisse mit sich, dass sich innerhalb des römischen Imperiums – unbehindert von nationalen Grenzen und auf gesicherten Verkehrswegen – ein vielfältiges und über weite Räume bewegungsfähiges Leben entfalten kann. Davon profitiert sicher auch das Christentum und breitet sich nicht zuletzt deshalb zunächst vor allem entlang der großen Verkehrswege aus.

      Diese politisch-militärisch geeinte Welt bildet auch kulturell eine Einheit. Die hellenistische Kultur durchformt nämlich in Religion und Philosophie – über nationale, ethnische und religiöse Unterschiede hinweg – das gesamte Imperium im Sinne einer einheitlichen Geistigkeit. Das bedeutet, dass sich die christliche Verkündigung in einer relativ einheitlichen Welt bewegt und ihre Lehre daher überall mit den gleichen Vermittlungsmethoden verbreiten kann. Für die Missionare genügt es, das Christentum sozusagen in die Sprache und Denkform dieser einheitlichen Kultur zu übersetzen und schon werden sie überall verstanden. Ferner gebraucht man zur Zeit des entstehenden Christentums vom Vorderen Orient bis in den Westen das Griechische als Suprasprache, sodass von Palästina bis Spanien in einer einzigen Sprache gepredigt werden kann. Freilich verbleibt das Christentum aufgrund dieser Gegebenheit zunächst im städtischen Milieu, weil die griechische „Weltsprache“ in den meisten Gebieten des römischen Imperiums nur in den Städten, nicht aber auf dem Lande verstanden wird. Denn dort spricht man zwischen Euphrat und Gallien, aber auch zwischen Ägypten und Britannien unzählige Dialekte. Doch obwohl das Griechische im Westen seit dem ausgehenden 2. Jahrhundert allmählich durch das Lateinische abgelöst wird, in Ägypten durch das Koptische, in Armenien durch das Armenische usw., bleibt die Geistigkeit weitgehend einheitlich und beruht hauptsächlich auf den weiterhin verstandenen Kultursprachen Griechisch und Latein. Vor diesem geistigen Hintergrund findet das junge Christentum mühelos Anschluss an die zeitgenössische Kultur und Bildung, besitzt die Möglichkeit einer weiträumigen Korrespondenz und Kommunikation und ist nicht der Zersplitterung durch viele Sprachen ausgesetzt.

       Exkurs: Das Beispiel des Origenes

      Leben und Werk des berühmten alexandrinischen Theologen Origenes († um 253) stellen ein klassisches Beispiel dar, wie jenes oben angedeutete Zusammenspiel zwischen Antike und Christentum gelingen konnte. Origenes wird um 185 in Alexandrien in einer christlichen Lehrerfamilie geboren. Sein Vater, der später als Märtyrer stirbt, macht ihn schon früh mit der Bibel vertraut, vermittelt ihm aber auch elementare Kenntnisse des klassischen antiken Wissens, sodass Origenes nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters die Mutter und die jüngeren Geschwister als Grammatiklehrer ernähren kann. Darüber hinaus studiert er die pagane Philosophie, um auch auf philosophische Fragen antworten zu können. Obwohl er sich von vielen Lehrmeinungen dieser Philosophie distanziert, entdeckt er im Platonismus viele Gedanken, die seines Erachtens mit der Heiligen Schrift übereinstimmen. Mit 18 Jahren vertraut man ihm auch die Unterrichtung der alexandrinischen Taufbewerber an. Sein Ansehen als christlicher Lehrer nimmt fortan derart zu, dass er seine Hörer aufteilen muss und den Einführungskurs seinem Schüler Heraklas überträgt. Aus dieser Lehrtätigkeit erwächst sein Werk De principiis, in dem er die gesamte christliche Glaubenslehre entfaltet. Dieses sehr eigenständige Werk und der Versuch, darin bisher offene Fragen zu beantworten, mag das Misstrauen von Bischof Demetrius von Alexandrien erregt haben. Als Origenes auch noch vom Bischof von Cäsarea in Palästina zum Predigen eingeladen und von ihm zum Priester geweiht wird, hält Bischof Demetrius zwei Synoden gegen ihn ab und schließt ihn um 230 aus seiner Gemeinde aus. Origenes zieht nun endgültig nach Cäsarea um, wo ihn der Bischof sofort mit der regelmäßigen Predigt über alle Bücher der Heiligen Schrift beauftragt. Hier sammelt Origenes auch eine Schülergemeinschaft um sich, deren Leben Gregor der Wundertäter († um 270/75) ausführlich schildert. Nach dem Muster zeitgenössischer Philosophenschulen entfaltet Origenes für diese Schüler nämlich ein Lehrprogramm, das von der Behandlung der philosophischen Teilbereiche Logik, Physik und Ethik bis zur philosophischen Güterlehre reicht und mit einer Einführung in die Heilige Schrift abgeschlossen wird. Allerdings beinhaltet dieses Curriculum nicht nur die Vermittlung