Thomas Wienhardt

Qualität in Pfarreien


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Wirklichkeiten verstehen, daß die geschaffenen Dinge und auch die Gesellschaften ihre eigenen Gesetze und Werte haben, die der Mensch schrittweise erkennen, gebrauchen und gestalten muß, dann ist es durchaus berechtigt, diese Autonomie zu fordern. Das ist nicht nur eine Forderung der Menschen unserer Zeit, sondern entspricht auch dem Willen des Schöpfers. Durch ihr Geschaffensein selber nämlich haben alle Einzelwirklichkeiten ihren festen Eigenstand, ihre eigene Wahrheit, ihre eigene Gutheit sowie ihre Eigengesetzlichkeit und ihre eigenen Ordnungen, die der Mensch unter Anerkennung der den einzelnen Wissenschaften und Techniken eigenen Methode achten muß.“ (GS 36)

      Die Funktionssysteme der modernen Gesellschaft sind damit auch aus theologischer Sicht in ihrer Eigenständigkeit anzuerkennen. Sie sind geschaffen und daher gewollt. Sie bilden keinen Gegensatz zur Kirche. Unabhängig von ihr entfalten sie ihre eigenen Codierungen und Regeln und tragen so zur Bereicherung und Gestaltung der Gesellschaft bei. Die Selbständigkeit der Subsysteme muss in der modernen Gesellschaft als wichtige Teilfunktion zum wirkungsvollen Zusammenleben wahrgenommen werden. Durch Arbeitsteilung entfaltet die moderne Gesellschaft ihre so wichtige Leistungsfähigkeit.

      Auch die Kirche kann von diesen Teilsystemen profitieren:

      „Wie es aber im Interesse der Welt liegt, die Kirche als gesellschaftliche Wirklichkeit der Geschichte und als deren Ferment anzuerkennen, so ist sich die Kirche auch darüber im klaren, wieviel sie selbst der Geschichte und Entwicklung der Menschheit verdankt. Die Erfahrung der geschichtlichen Vergangenheit, der Fortschritt der Wissenschaften, die Reichtümer, die in den verschiedenen Formen der menschlichen Kultur liegen, durch die die Menschennatur immer klarer zur Erscheinung kommt und neue Wege zur Wahrheit aufgetan werden, gereichen auch der Kirche zum Vorteil.“ (GS 44)

      Die Gesellschaft nützt der Kirche. Die dort erzielten Leistungen auf den verschiedenen Handlungsfeldern, u. a. der Wissenschaft, fordert Kirche nicht nur heraus, sondern hilft ihr auch weiter. Das Konzil verweist z.B. auf die Rolle der Philosophie, die immerwieder als Disziplin in Anspruch genommen wurde, um den Glauben zu verkünden. Von der Philosophie hat auch die Theologie profitiert, was zu einem tieferen Verständnis des eigenen Glaubens beitrug. So kann auch die sichtbare Institution Kirche wesentlich von den verschiedenen Disziplinen lernen.

      Aus der Sicht des Konzils ist es geradezu eine Notwendigkeit, dass sich die Verkündigung inkulturiert und damit anknüpfungsfähig macht:

      „Diese (…) angepaßte Verkündigung des geoffenbarten Wortes muß ein Gesetz aller Evangelisation bleiben. Denn so wird in jedem Volk die Fähigkeit, die Botschaft Christi auf eigene Weise auszusagen, entwickelt und zugleich der lebhafte Austausch zwischen der Kirche und den verschiedenen nationalen Kulturen gefördert (…).“ (GS 44)

      Dazu benötigt die Kirche die Menschen, die sich mit den verschiedenen Denkformen, Institutionen oder auch Disziplinen wirklich auskennen. Kirche muss also auf Fachwissen zurückgreifen und dieses für sich fruchtbar machen. Es ist Aufgabe des ganzen Volkes Gottes, den Geist wahrzunehmen, der in den Anregungen, dem Fachwissen und den Weiterentwicklungspotentialen heutigen Wissens steckt, und es auf die Kirche anzuwenden.

      „Es ist jedoch Aufgabe des ganzen Gottesvolkes, vor allem auch der Seelsorger und Theologen, unter dem Beistand des Heiligen Geistes auf die verschiedenen Sprachen unserer Zeit zu hören, sie zu unterscheiden, zu deuten und im Licht des Gotteswortes zu beurteilen, damit die geoffenbarte Wahrheit immer tiefer erfaßt, besser verstanden und passender verkündet werden kann. Dadie Kirche eine sichtbare gesellschaftliche Struktur hat, das Zeichen ihrer Einheit in Christus, sind für sie auch Möglichkeit und Tatsache einer Bereicherung durch die Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens gegeben, nicht als ob in ihrer von Christus gegebenen Verfassung etwas fehle, sondern weil sie so tiefer erkannt, besser zur Erscheinung gebracht und zeitgemäßer gestaltet werden kann. Die Kirche erfährt auch dankbar, daß sie sowohl als Gemeinschaft wie auch in ihren einzelnen Kindern mannigfaltigste Hilfe von Menschen aus allen Ständen und Verhältnissen empfängt.“ (GS 44)

      Dieses Fachwissen dient auch dem Engagement, das Menschen nicht direkt der Kirche, sondern der Gesellschaft und ihren Problemlagen zuteil werden lassen. Denn so wirken sie im Sinne des Reiches Gottes.

      Über die Zeit hinweg entwickelten sich verschiedene Grundformen kirchlicher Gemeinschaft:

      Daneben können als weitere Grundgestalten die (monastische) Personalgemeinde, die sich insbesondere in den klösterlichen Gemeinschaften zeigt, oder mit Wiedenhofer die aktuellen Basisgemeinden benannt werden. Neuere theologische Ansätze versuchen,

       Ortskirchen

      Kirche, existent in der Welt, zeigt sich vollwertig in seinen Teilstrukturen. D. h., die Ortskirchen sind, unter der Leitung eines Bischofs, genauso Kirche wie die Gesamtkirche. Auch in den Ortsgemeinschaften zeigt sich Kirche. Dort sind in gleicher Weise die kirchlichen Grundvollzüge zu finden.

      Universal- wie auch Ortskirche sind Kirche,