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Geist & Leben 1/2017


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wird uns in der unverborgenen Begegnung mit dem Dreifaltigen Gott geschenkt, mit seiner richtenden, läuternden und versöhnenden Liebe. Er nimmt uns – so hoffen wir Christen – mit unserer Lebensgeschichte hinein in das unausschöpfliche Leben seiner Liebe und dadurch erhält unser Leben von Gott seine vollendete Gestalt und Form: „Leben in Fülle“.

      Selbst dabei wird unsere Freiheit von Gott voll und ganz mit einbezogen, endet doch unsere Freiheit keineswegs mit dem Tod: Wir können uns von seinem gerechten und zugleich gütigen Urteil über unser gelebtes Leben läutern lassen, es annehmen, uns versöhnen lassen und so erst „himmelsfähig“ werden – oder auch nicht. Diese Hoffnung und Vorfreude lebendig zu halten, dürfte eine besondere Berufung des Christen im Alter sein, gerade dann, wenn so manches allmählich abbricht und dies mehr und mehr an unserer Lebensfreude nagt.

      Aus diesem Vertrauen heraus bis zuletzt zu leben ist keineswegs immer leicht und selbstverständlich, auch nicht für einen gläubigen Menschen. Es kann sein, dass gerade im Alter manche gewohnte Glaubensvorstellungen oder gar wichtige Glaubensgehalte zur Frage werden. Dies gilt gerade auch für unsere Hoffnung auf das ewige Leben. Die bekannten Begriffe mögen dann zuweilen zu groß, zu vollmundig scheinen, so als ob sie ein zu sicheres Bescheid-Wissen vortäuschen. Man möchte sich lieber mit sehr einfachen Worten und Vergleichen begnügen, die auf dem Grundvertrauen beruhen: „Ich bin auch im Tod und danach bei Gott zutiefst geborgen – wie auch immer das im Einzelnen aussehen mag.“ Für dieses Vertrauen brauchen wir bis zuletzt einander, eben die Gemeinschaft der Glaubenden. Wie einst Petrus sollen wir alle unsere Schwestern und Brüder im Glauben und in der Hoffnung stärken; wir alle sind darauf angewiesen.

      Gebet um einen guten Tod

      Ein Gebet des Theologen Pierre Teilhard de Chardin, das die Gebrüder Karl und Hugo Rahner auf das Totenbild ihrer 101-jährigen Mutter gesetzt haben, fasst gut das oben Beschriebene zusammen. Die Brüder fügten dem Text die Erklärung hinzu „Gebet um einen guten Tod; handgeschrieben von unserer Mutter“:

      „Nachdem ich Dich als den erkannt habe, der mein erhöhtes Ich ist, lass mich, wenn meine Stunde gekommen ist, Dich unter der Gestalt jeder fremden oder feindlichen Macht wiedererkennen, die mich zerstören oder verdrängen will. Wenn sich an meinem Körper oder an meinem Geist die Abnutzung meines Alters zu zeigen beginnt; wenn das Übel, das mindert oder wegrafft, mich von außen überfällt oder in mir entsteht; im schmerzlichen Augenblick, wo es mir plötzlich zu Bewusstsein kommt, dass ich krank bin und alt werde; besonders in jenem letzten Augenblick, wo ich fühle, dass ich mir selbst entfliehe, ganz ohnmächtig in den Händen der großen unbekannten Mächte, die mich gebildet haben; in all diesen düsteren Stunden, lass mich, Herr, verstehen, dass Du es bist, der – sofern mein Glaube groß genug ist – unter Schmerzen die Fasern meines Seins zur Seite schiebt, um bis zum Mark meines Wesens einzudringen und mich in Dich hinein zu ziehen.“13

      1 Der Text gibt einen Vortrag im „Haus am Dom“, Frankfurt a. M., am Samstag, 16. April 2016 wieder.

      2 Vgl. F.-J. Nocke, Ja sagen zum Alter. München 2007, 22–27.

      3 B. Leven, Recht auf den eigenen Tod?, in: HerKorr 69 (2015), 613.

      4 Ebd.

      5 Vgl. dazu G. Haeffner / G. Brüntrup, Gibt es einen guten Tod? Würzburg 2016, 25–28.

      6 P. v. Breemen, Alt werden als geistlicher Weg. Würzburg 52009, 23.

      7 K. Rahner, Zum theologischen und anthropologischen Grundverständnis des Alters, in: ders., Schriften zur Theologie XV. Zürich u.a. 1983, 315-325; vgl. dazu auch F.-J. Nocke, Ja sagen zum Alter, 40–48 [s. Anm. 2].

      8 K. Rahner, Grundverständnis des Alters, 317 [s. Anm. 7].

      9 Ebd.

      10 Ebd., 318.

      11 Ebd., 319.

      12 Ebd., 319f.

      13 Abgedruckt in: P. v. Breemen, Alt werden als geistlicher Weg, 70 f. [s. Anm. 6].

      Kevin Leidich SJ | Los Altos (Calif. /USA)

      geb. 1952, Exerzitienbegleiter, Lehrer an Schulen und in der religiösen Erwachsenenbildung

       [email protected]

      Bestätigung durch Gott

      Entscheidungen im Pilgerbericht des Ignatius1

      Wenn ich auf die Jahre zurückblicke, in denen ich Exerzitien gegeben, geistlich begleitet und die Methoden der ignatianischen Spiritualität unterrichtet habe, wird mir eines deutlich: Viele Menschen, die wichtige Entscheidungen geistlich klären, fragen nach Gottes Bestätigung für das, was sich aus ihrem Gebet und ihren Überlegungen ergeben hat. Für Ignatius war das Deuten oder Klären des Willens Gottes nicht nur Gegenstand eines Entscheidungsprozesses, sondern er fragte auch, ob die Entscheidung letztlich bestätigt wurde.

      Die Erfahrung der Bestätigung ist ein ganz besonderer Moment im Unterscheiden und Entscheiden, sei es bei einer Lebenswahl oder bei der Reform des Lebens, oder bei den alltäglichen Entscheidungen, die das Gebet des Tagesrückblicks ans Licht bringt. Wir lernen aus der Erfahrung des Ignatius und aus seinen Einsichten im Exerzitienbuch, dass Gott uns seine Führung mitteilt in „drei Zeiten, von denen in jeder eine gesunde und gute Wahl getroffen werden kann“ (GÜ 175–177)2, und zwar durch 1. die Bewegung einer unmittelbaren Erkenntnis „ohne zu zweifeln oder zweifeln zu können“; 2. das Abwägen innerer Bewegungen aus der „Erfahrung der Unterscheidung verschiedener Geister“; und 3. den Gebrauch der Vernunft während einer Zeit der „Ruhe“.

      Auf all diesen drei Wegen möchte Gott die Bestätigung mitteilen. Doch wie kommen wir zur Erkenntnis, dass die Ergebnisse eines Unterscheidens oder Entscheidens von Gott bestätigt werden und ob unsere Wahl wirklich in die Richtung geht, in die Gott uns zu gehen einlädt? Welche Zeichen wir erwarten können, wenn der Unterscheidungsprozess von Gott bestätigt wird, wird im Exerzitienbuch, in den Regeln zur Unterscheidung der Geister oder in den Anmerkungen zur Entscheidungsfindung nicht allgemein auf klare und systematische Weise dargestellt.

      Im Pilgerbericht des Ignatius ist jedoch ein Katalog klarer Kriterien zu finden. Carlo Kardinal Martini3 hat ihn bei Exerzitien für Jesuiten der kalifornischen Jesuitenprovinz im Sommer 1991 vorgestellt. Im Folgenden sollen diese Kriterien anhand von zwei sehr bedeutsamen Abschnitten aus dem Pilgerbericht aufgeschlüsselt werden, die sich unmittelbar im Anschluss an die Beschreibung von Ignatius‘ Bekehrung finden:

      „Und die vergangenen Gedanken begann er bereits mit dem heiligen Verlangen, das er hatte, zu vergessen. Und dies wurde ihm durch eine Heimsuchung auf diese Weise bestätigt: Eine Nacht war er wach und sah deutlich4 ein Bild unserer Herrin mit dem heiligen Jesuskind, bei deren Anblick über einen beachtlichen Zeitraum er sehr übermäßige Tröstung empfing. Und er verblieb mit solchem Ekel gegen sein ganzes vergangenes Leben und besonders gegen Dinge des Fleisches, dass ihm schien, ihm seien alle Vorstellungsbilder aus der Seele genommen, die er zuvor in ihr gemalt trug. Und so hatte er seit jener Stunde bis zum August des Jahres 1553, da dies geschrieben wird, niemals mehr auch nur eine geringste Zustimmung in Dingen des Fleisches. Und aus dieser Wirkung kann man urteilen, dass die Sache von Gott war, obwohl er es nicht zu bestimmen wagte und auch mehr nicht sagte, als das oben Gesagte zu behaupten. Doch sowohl sein Bruder wie alle übrigen Hausbewohner konnten am Äußeren die Veränderung erkennen, die innerlich in seiner Seele geschehen war.

      Indem er sich um nichts kümmerte, verharrte er bei seiner Lektüre und bei seinen guten Vorsätzen. Und die Zeit, die er mit den Hausbewohnern verkehrte, verwandte er ganz auf Dinge Gottes, womit er ihren Seelen Nutzen bewirkte. Und da er viel Geschmack an jenen Büchern fand, kam ihm in den Sinn, einige wesentlichere Dinge aus dem Leben Christi und der Heiligen in Kürze herauszuschreiben. Und so begibt er sich daran, mit viel Sorgfalt ein Buch zu schreiben, welches etwa 300 Seiten hatte, alle im Quartformat beschrieben, – denn er begann bereits, ein