Группа авторов

Geist & Leben 1/2017


Скачать книгу

Zeit verbrachte er mit Schreiben, einen Teil mit Gebet. Und die größte Tröstung, die er empfing, war, den Himmel zu schauen und die Sterne. Dies tat er viele Male und über langeZeit; denn dadurch verspürte er in sich einen sehr großen Eifer, Gott unserem Herrn zu dienen. Er dachte viele Male an seinen Vorsatz und wünschte, bereits ganz gesund zu sein, um sich auf den Weg zu machen.“ (PB 10–11)

      Auf den ersten Blick wirken diese Abschnitte wie eine einfache Erzählung. Zu Beginn des ersten Teils aber, in dem Ignatius seine Bekehrungserfahrung mit ihrem „Nachglühen“ in Beziehung setzt, sagt er klar, dass er aus Erfahrung objektive Zeichen von Gottes Bestätigung für seine neue Lebensausrichtung beschreibt: Das Verlangen „wurde ihm durch eine Heimsuchung bestätigt“, und „aus dieser Wirkung kann man urteilen, dass die Sache von Gott war“. Die beiden Abschnitte, die Ignatius gegen Ende seines Lebens diktiert hat und in denen er über sein Leben in geistlicher Unterscheidung reflektiert, geben das reife Verständnis von Gottes Bestätigung wieder, die er während der Zeit unmittelbar nach seiner Bekehrung im Schloss von Loyola erfahren hat, als er noch seine Wunden heilen ließ.

      Nach Kardinal Martini enthält dieser Schlüsseltext aus dem Pilgerbericht fünf objektive Kriterien, mit denen man beurteilen kann, ob jemand vom Geist Gottes geführt und bestätigt wird während jeder dieser „drei Zeiten“, in denen wir dem Einfluss Gottes auf unsere Entscheidungsfindung begegnen. Um zu verstehen, was Ignatius über die Art der Bestätigung mitteilt, müssen wir genau auf das Genre der Erzählung achten. Dies gilt für die sorgfältig ausgewählten Geschichten in diesen beiden Abschnitten und an anderen Stellen im Pilgerbericht. Indem er seine Lebenserfahrung als Beispiel nimmt und über die dreißig Jahre, seitdem er das Exerzitienbuch zu schreiben begonnen hatte, reflektiert, bietet Ignatius in diesen zwei bedeutsamen Abschnitten seines Pilgerberichts eine differenziertere oder weiter entwickelte Darstellung von Gottes Bestätigung. Er beschreibt darin fünf grundlegende Kriterien für eine Bestätigung:

      1. Klarheit, weil Gott nicht unverständlich ist (er sah deutlich ein Bild);

      2. Beständigkeit, weil Gott nicht launisch ist (er hatte niemals mehr auch nur eine geringste Zustimmung in Dingen des Fleisches);

      3. Äußeres Verhalten (sie konnten am Äußeren die Veränderung erkennen, die innerlich in seiner Seele geschehen war);

      4. Nutzen für andere (er bewirkte ihren Seelen Nutzen);

      5. Verlangen zu dienen (ein sehr großer Eifer, Gott unserem Herrn zu dienen).

      Diese fünf Kriterien für eine Bestätigung ergeben eine wertvolle und objektive Richtschnur, mit der man den ganzen Pilgerbericht als geistliche Schrift verstehen kann. Nicht alle dieser fünf Kriterien treffen auf jeden Unterscheidungsschritt zu, den Ignatius für uns als Beispiel nützlich hielt und den er sich in diese Schrift aufzunehmen und zu diktieren entschied. Ein oder zwei Kriterien für eine Bestätigung können in einer bestimmten Situation eher zutreffen als die anderen. Die Weisheit dessen, was Ignatius beschreibt, zeigt sich in der konkreten Anwendung und wird mit Beispielen erläutert, die im Pilgerbericht unmittelbar auf die soeben erzählte Episode folgen:

      „Und indem er seine Pläne machte, was er tun würde, nachdem er von Jerusalem zurückgekehrt wäre, um immer in Buße zu leben, bot sich ihm an, in die Kartause von Sevilla einzutreten, ohne zu sagen, wer er sei, damit sie ihn geringachteten, und dort nur Kräuter zu essen. Doch wenn er ein anderes Mal wieder an die Bußen dachte, die er, in der Welt umherziehend, auszuführen verlangte, erkaltete ihm das Verlangen nach der Kartause.“ (PB 12)

      In die Mönchsgemeinschaft der Kartäuser von Sevilla einzutreten, ist sicher eine gute Wahl im äußeren Verhalten. Für Ignatius war diese Wahl anfangs aus verschiedenen Gründen attraktiv. Das Verlangen jedoch „erkaltete“ in ihm immer mehr. Ignatius realisierte, dass dieses strikt monastische Ordensleben nicht die Richtung war, in die Gott ihn führen wollte, da sein anfängliches, begeistertes Verlangen nicht dauerhaft war. Kurz darauf, als Ignatius zu seiner Reise durch Nordspanien mit dem Ziel, nach Jerusalem zu gelangen, aufbrach, begegnete er auf dem Weg einem Mauren, und die beiden Reisenden begannen ein langes Gespräch. Nachdem er nur zwei Begegnungen im Pilgerbericht in einer solchen Genauigkeit beschreibt, sollten wir die Erzählung dieses relativ komplexen Beispiels lesen, in dem es um die Entdeckung und Anwendung verschiedener entgegengesetzter Geister geht, die im Leben des Ignatius wirken. Er spricht in dieser Erzählung von sich in der dritten Person als dem „Pilger“:

      „Wie er also seines Weges zog, holte ihn ein Maure ein, ein Reiter auf einem Maultier. Und wie die beiden miteinander sprachen, kamen sie darauf, über unsere Herrin zu sprechen. Und der Maure sagte, es schiene ihm wohl, dass die Jungfrau ohne einen Mann empfangen habe; aber das Gebären und dabei Jungfrau-Bleiben, das könne er nicht glauben. Und er gab dafür die natürlichen Gründe, die sich ihm anboten. Der Pilger konnte ihm diese Auffassung, so viele Gründe er ihm gab, nicht auflösen. Und so ritt der Maure mit soviel Eile voran, dass er ihn aus der Sicht verlor. Er blieb im Nachdenken darüber, was mit dem Mauren gewesen war.

      Und dabei kamen ihm einige Regungen, die in seiner Seele Unzufriedenheit bewirkten. Ihm schien, dass er seine Pflicht nicht getan habe; und auch verursachten sie ihm Unwillen gegen den Mauren. Es schien ihm, er habe schlecht getan, zuzulassen, dass ein Maure solche Dinge über unsere Herrin sage, und dass er verpflichtet sei, ihre Ehre wiederherzustellen. Und so kam ihm das Verlangen, den Mauren suchen zu gehen und ihm Dolchstöße zu versetzen für das, was er gesagt hatte.

      Und indem er lange im Kampf dieser Wünsche verharrte, blieb er zum Schluss im Zweifel, ohne zu wissen, was zu tun er verpflichtet sei. Der Maure, der vorangeritten war, hatte ihm gesagt, dass er an einen Ort reiste, der ein wenig weiter voran auf seinem selben Weg lag, ganz nahe bei dem Königsweg, aber nicht, dass der Königsweg durch den Ort ging. Und indem er es so müde geworden war, zu erforschen, was gut zu tun wäre, und er nichts Gewisses fand, wozu er sich entschließen sollte, entschloss er sich zu diesem: nämlich, das Maultier mit verhängtem Zügel zu dem Ort gehen zu lassen, wo die Wege sich teilten. Und wenn das Maultier auf dem Weg in das Städtchen ginge, würde er den Mauren suchen und ihn mit Dolchstößen versehen; wenn es nicht in Richtung des Städtchens ginge, sondern auf dem Königsweg, ihn in Ruhe lassen. Und indem er es so tat, wie er gedacht hatte, wollte unser Herr, dass das Maultier den Königsweg nahm und den Weg zum Städtchen ließ, obwohl das Städtchen wenig weiter als dreißig oder vierzig Schritte weit lag und der Weg, der dorthin ging, sehr breit und sehr gut war.“ (PB 15–16)

      Diese wohlbekannte Begebenheit stellt dar, wie unreif Ignatius‘ geistliches Verstehen noch war, obwohl er erst kurz zuvor sein Bekehrungserlebnis hatte. Da er „[zugelassen hatte], dass ein Maure solche Dinge über unsere Herrin sage“, war Ignatius versucht, „ihm Dolchstöße zu versetzen für das, was er gesagt hatte“. Ignatius verstand zu dieser Zeit das Wesen seiner unterschwellig gewaltbereiten, schlechten Haltungen nicht und dachte doch nur sehr wenig über die Sittlichkeit einer gewaltsamen Verteidigung der Ehre unserer Herrin nach, ohne zu realisieren, dass das ‚äußere Verhalten‘ dieser Tat gegen Gottes Willen war. Dennoch ließ ihn der „Kampf dieser Wünsche“ zögern, was ihn verwirrte. Ignatius dachte im Jahre 1523 fälschlich, Gott würde durch die willkürliche Entscheidung des Maultiers wirken. Erst später, mit der Weisheit, die er aus seiner Erfahrung in Manresa gewonnen hatte, konnte der geistlich reifere Ignatius wahrnehmen, dass Gott um ihn rang durch die verschiedenen ‚miteinander kämpfenden‘ und ‚zweifelhaften‘ Gefühle, die er spürte, als „er es so müde geworden war, zu erforschen, was gut zu tun wäre“, und ihm die Klarheit fehlte. Diese Begebenheit mit dem Mauren stellt eine Entscheidung gemäß der „zweiten Zeit“ dar, also „die Erfahrung der Unterscheidung verschiedener Geister“. Diese Begegnung ist außerdem ein Beispiel für das Ausbleiben von Gottes Bestätigung, da es an Klarheit fehlte und der Mangel an gutem ‚äußeren Verhalten‘ wegen der Versuchung, einen anderen Reisenden mit dem Dolch niederzustechen, offensichtlich war.

      Beide Geschichten – Ignatius‘ anfängliche Begeisterung von den Kartäusern und die Begebenheit mit dem Mauren – zeigen, dass bei diesen Entscheidungen, vor die Ignatius kurz nach seiner Bekehrung gestellt war, die Bestätigung von Gott ausblieb. Welche Beispiele aber zeigen, dass Gott eine Entscheidung von Ignatius nach den Kriterien,