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Geist & Leben 1/2017


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und zu verstehen, und zwar v.a. nach seiner Erleuchtungserfahrung am Cardoner.

      Nach der Phase seiner Bekehrung in Loyola suchte Ignatius, in welche Richtung Gott ihn konkret berief. Zusätzlich zum Gespräch mit Gott im Gebet ergab sich als primärer Weg, um mit Gottes Willen in Einklang zu kommen, immer mehr die Arbeit in Gottes Weinberg im Dienst an anderen. Doch was für einDienst es genau sein sollte, war für Ignatius schwierig zu bestimmen. Im Jahr nach seiner Bekehrung (1523), während seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem, wurde sein Verlangen, dort zu bleiben und zu dienen, durch die Franziskaneroberen im Heiligen Land aus verschiedenen praktischen Gründen enttäuscht. Als er damit fertig werden musste, dass seine Pläne so unglücklich durchkreuzt wurden, lernte Ignatius viel über den Prozess von Unterscheidung und Bestätigung.

      „Sein fester Vorsatz war, in Jerusalem zu bleiben und immer jene Heiligen Stätten zu besuchen. Und auch hatte er außer dieser Andacht den Vorsatz, den Seelen zu helfen (…) Der Guardian antwortete ihm, er sehe nicht, wie sein Bleiben möglich sein solle, da das Haus in so großer Not sei, dass es nicht den Unterhalt der Mönche tragen könne; und aus diesem Grunde sei er entschlossen, einige mit den Pilgern nach hier zu schicken (…) Und der Provinzial sagt ihm mit guten Worten, wie er von seiner guten Absicht erfahren habe, an jenen Heiligen Stätten zu bleiben; und er habe gut über die Sache nachgedacht; und wegen der Erfahrung, die er mit anderen habe, urteile er, es sei nicht angebracht. Denn viele hätten jenes Verlangen gehabt, und mancher sei gefangen worden, mancher gestorben; und danach sei der Orden verpflichtet geblieben, die Gefangenen loszukaufen.“ (PB 45f.)

      Man kann sich vorstellen, wie der eigensinnige Ignatius auf dieses Hindernis reagierte. Aber die verschiedenen Gründe, die der Franziskaner-Guardian und der Franziskaner-Provinzial anführten, hatten die Eigenschaft der ‚Klarheit‘. Ignatius lernte mit dieser traumatischen Durchkreuzung seiner Pläne, dass er auf die Gedanken und Gefühle anderer hören musste, um eine ausgewogene und gute Unterscheidung zu treffen. Von nun an sollte er Vorgesetzten immer gehorchen, wenn ihre Gründe die Eigenschaft der Klarheit besaßen, auch wenn er ihrem Urteil nicht zustimmte.

      Da seine lange verfolgten Pläne und Träume im Heiligen Land zunichte gemacht wurden, musste sich der Pilger Ignatius weiterhin fragen, wozu Gott ihn berief. Bei seiner Rückkehr nach Europa traf Ignatius eine wichtige Entscheidung für seine Zukunft: „Seit der genannte Pilger eingesehen hatte, dass es Gottes Wille war, dass er nicht in Jerusalem sei, dachte er ständig bei sich nach: Was tun? Und am Schluss neigte er mehr dazu, eine Zeit zu studieren, um den Seelen helfen zu können; und er entschloss sich, nach Barcelona zu gehen.“ (PB 50)

      Als die Tür, um nach Jerusalem zu gehen und dort zu bleiben, für Ignatius geschlossen war, wurde in seiner Spiritualität die Arbeit im Weinberg des Herrn im Dienst für andere zum Hauptkriterium dafür, ob man mit Gottes Willen in Einklang steht. Ignatius erkannte, dass er sein Wissen durch ein Studium erweitern musste, um anderen und Gott wirksamer zu dienen. Diese Entscheidung wurde durch Ignatius‘ Freundin Isabel Roser und seinen Lateinlehrer Magister Ardèvol bestätigt: „Beiden schien es sehr gut“ (PB 54). Die Erfahrung einer zusätzlichen Bestätigung durch andere bekräftigte für Ignatius, wie wichtig dies im Unterscheidungsprozess ist.

      Die Enttäuschung in Jerusalem war für Ignatius nicht das einzige Hindernis, auf das er während seiner langen Entdeckungsreise zu dem, ‚was zu tun war‘, stieß. Als er in Alcalá und Salamanca von 1526 bis 1528 studierte, wurde er mehrfach von der Inquisition untersucht, er musste sich drei kirchlichen Prozessen unterziehen und wurde angeklagt, ohne ausreichende Bildung zu predigen (PB 58–63). 1528 reiste Ignatius nach Paris, um seine Studien in einer Umgebung, in der er freier über seine geistlichen Erfahrungen sprechen konnte, von neuem anzufangen. Über geistliche Gespräche begann er Schritt für Schritt ein paar bleibende Gefährten zu gewinnen, zunächst seine Zimmergenossen Francisco Javier und Peter Faber, „die er danach mittels der [Geistlichen] Übungen für den Dienst Gottes gewann“ (PB 82).

      Ignatius war sehr ermutigt durch den Nutzen, den verschiedene Menschen aus den Geistlichen Übungen zogen. Als er beobachtete, wie fruchtbar sie in Francisco Javier, Peter Faber und anderen wirkten, wurde er in der Ausrichtung seines Dienstes sehr bestätigt. Indem sie die Exerzitienerfahrung weitergaben, schlossen sich ihnen noch mehr an, so dass letztlich sieben gleichgesinnte Gefährten die privaten Gelübde der Keuschheit und Armut am Montmartre in Paris am 15. August 1534 ablegten. Bei der Gelübdefeier versprachen diese sieben Gefährten auch, nach Jerusalem zu reisen und „ihr Leben zum Nutzen der Seelen zu verbringen; und wenn ihnen nicht die Erlaubnis, in Jerusalem zu bleiben, gegeben würde, nach Rom zurückzukehren und sich dem Stellvertreter Christi anzubieten, damit er sie einsetze, wo er urteile, es sei mehr zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Seelen“ (PB 85).

      Wegen des Krieges zwischen der Republik Venedig und dem Osmanischen Reich im Mittelmeer mussten die Gefährten ein Jahr lang in Venedig warten, und Ignatius‘ Plan, in Jerusalem zu predigen, wurde ein weiteres Mal durchkreuzt. Die Gefährten reisten nach Rom, um den zweiten Teil ihres Gelübdes zu erfüllen und sich dem Papst zum Dienst zur Verfügung zu stellen: „Und als er an einem Tag, einige Meilen, bevor er nach Rom gelangte, in einer Kirche war und betete, verspürte er eine solche Veränderung in seiner Seele und hat so klar gesehen, dass Gott Vater ihn zu Christus, seinem Sohn, stellte, dass ihm der Mut nicht ausreichen würde, daran zu zweifeln, dass vielmehr Gott der Vater ihn zu seinem Sohn stellte“ (PB 96). Diese starke Erscheinungserfahrung im Gebet in der kleinen Kirche von La Storta wurde zu der Bestätigung, die Ignatius die letzten siebzehn Jahre gesucht hatte, um zu erkennen, wohin genau Gott ihn rief. Sie ist auch ein klares Beispiel für die „erste Zeit“, in der es passt, „eine gesunde und gute Wahl zu treffen“: die Bewegung einer unmittelbaren Erkenntnis, „ohne zu zweifeln oder zweifeln zu können“.

      Nach seiner Bekehrung hat Ignatius über siebzehn Jahre hinweg danach gesucht, ‚was zu tun war‘: in einer geistlichen Pilgerreise des Unterscheidens, die in der Bestätigungserfahrung und v.a. in der tiefen Gebetserfahrung von La Storta ihren Höhepunkt erreichte. Luis Gonçalves da Câmaras Nachwort zum Pilgerbericht fasst die Summe und das letzte Ziel des geistlichen Wegs von Ignatius zusammen: „So wachse er immer in der Andacht, das heißt, in der Leichtigkeit, Gott zu finden, und jetzt mehr als in seinem ganzen Leben. Und jedesmal und zu jeder Stunde, da er Gott finden wolle, finde er ihn“ (PB 99).

      Für eine apostolisch ausgerichtete Spiritualität wie die des Ignatius wirkt nichts deutlicher bestätigend, als eben in Klarheit zu entdecken, wie Gott konkret und persönlich im Leben eines Menschen sich müht, und zwar durch dessen tägliche Entscheidungen zu Dienst, Glaube und Liebe. In meiner eigenen Seelsorgserfahrung bei geistlicher Begleitung, im Unterrichten und bei geistlichen Gesprächen habe ich diese fünf Kriterien, die Kardinal Martini herausgearbeitet hat, vielen Menschen vermittelt und mit ihnen angewandt. Sie haben ihnen bei ihrem Entscheiden und im Prozess individuellen und gemeinsamen Unterscheidens fruchtbare Klarheit geschenkt und sind ihnen nützlich geworden.

      Diese fünf praktischen und weisen Kriterien sind eine wichtige Richtschnur für die Lektüre des Pilgerberichts als Gesamtwerk und für das Verständnis seiner geistlichen Bedeutung. Viele der großen Entscheidungen, vor die Ignatius gestellt war und die er später in den Pilgerbericht aufnahm, können im Licht dieser fünf Kriterien als Bestätigung verstanden werden: sein Ringen mit Skrupeln und das übermäßige Fasten in Manresa (PB 21–25); sein Staunen und die außerordentlichen Trosterfahrungen, als er zu studieren oder zu schlafen versuchte (PB 26); sein Dienst des geistlichen Gesprächs während seiner Tage in Haft (PB 67); das Einordnen seiner Gefühlsregungen auf dem Weg nach Rouen, um den kranken Spanier zu besuchen (PB 79); der Zweifel, ob er einen Escudo, eine Goldmünze, zahlen sollte, um sein Diplom in Paris zu erhalten (PB 84).

      Ich meine außerdem, dass diese fünf Kriterien fruchtbar auf die Unterscheidung von ‚falschem‘ und ‚wahrem‘ Trost nach den Regeln der Zweiten Woche zur Unterscheidung der Geister (GÜ 328–336) angewendet werden können. Die Geschichte, wie Ignatius die Unterscheidung entdeckt hat, und ebenso, wie seine Entscheidungen von Gott im Pilgerbericht bestätigt wurden, wird für uns zu einem Vorbild, wenn wir in unserem eigenen Leben entdecken, wie Gott darin gegenwärtig ist und wirkt, und wir darauf antworten.

      1 Der Artikel erschien unter dem Titel The Thing Has Been