Ottmar Fuchs

Wer's glaubt, wird selig ... Wer's nicht glaubt, kommt auch in den Himmel


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1. Glaube: geschenkt!

       2. Im Zeichen des schwachen Gottes

       3. Wie der „himmlische Vater“

       13. Gratis und kostbar

       1. Verschwendung

       2. Glaube als Gnade

       14. Im Glauben Heil für alle

       1. Mit Luther über Luther hinaus

       2. Anarchie der Gnade

       15. Gott im Glauben Gott sein lassen

       1. Besitzverzicht

       2. Einsame Andersheit

       3. Erwählung

       16. Gott die Ehre geben

       1. Anbetung und Anerkennung

       2. Vor-Zeichen für die Zukunft des Christentums

       17. Schlussgedanken

       1. Nochmals: das Wort aus dem Volk

       2. Was festzuhalten ist

       Anmerkungen

       Vorwort

      Religionen können menschliche Ängste bis ins Unermessliche steigern, sie können aber auch von Ängsten befreien und sie bewältigen helfen. Für viele Menschen sind christlicher Glaube und christliche Gemeinde jene Orte, wo sie aufatmen können, wo im zwischenmenschlichen Vertrauen das Vertrauen auf Gott wachsen kann und wo sich umgekehrt vom Gottesglauben her die Beziehung zu den Menschen vertieft und bereichert. Demgegenüber sind aber auch all die Menschen ernst zu nehmen, die den Glauben gerade nicht als Befreiung, sondern als Bedrückung und Unterdrückung erlebt haben und erleben. Auch die, die nicht selbst davon betroffen sind, werden Menschen kennen, die derart im Glauben verkettet sind, und manchmal haben sie selbst noch Restbestände beängstigender und zwangvoller Glaubensbilder „im Bauch“.

      Angst und Zwang im religiösen Bereich wurzeln meist in der Vorstellung, dass der Weg zu Gott mit vielen Wenn-Danns gepflastert ist, die zuerst und oft unter Strafandrohungen zu erfüllen sind, damit Gott den Menschen gut ist und gut tut. Einmal in diese Richtung hellhörig geworden, erschrickt man zuweilen, wie dieses Wenn-Dann-Muster auch noch in sublimer Form vorherrscht und sich im unmäßigen Gebrauch des „Müssens“ nicht für die befreiende Botschaft öffnet: dass Gott niemals seine Liebe zurückzieht, was immer die Menschen machen oder nicht machen. Die frohe Botschaft, dass Gott jede Bedingung „aufhebt“, ist das Grundanliegen dieses Buches.

      Dieses Anliegen ist nicht nur eine Frage christlicher Spiritualität, sondern reicht weit in akute Zukunftsprobleme und ihre politische Bewältigung hinein. Für eines steht das Flüchtlingsdrama „Lampedusa“. Ein entgrenzender Gottesglaube könnte sich in Europa als eine unerschöpfliche Ressource für eine Haltung erweisen, die möglichst keine Bedingungen stellt und niemanden ausgrenzen muss. Denn was in der Gottesbeziehung erlebt werden darf, wirkt sich auf die Menschenbeziehung aus.

      Dieses Buch ist das Ergebnis vieler Begegnungen, Gespräche und Lektüren. Allen, die zugehört, das Ihrige geteilt und mitgeteilt haben, mit ihren Anfragen und Widerständen bis hin zu den vielfältigen Unterstützungen, ohne die das Buch nicht hätte entstehen können, bin ich sehr dankbar! Namentlich danke ich Herrn Heribert Handwerk für sein engagiertes und umsichtiges Lektorat.

      Tübingen und Lichtenfels im Februar 2012, am Vorabend zum 1. Fastensonntag mit dem Evangelium: Der Teufel nennt „Wenn-dann“-Bedingungen (vgl. Mt 4,1–11): „Das alles will ich dir geben, wenn du vor mir niederfällst und mich anbetest“, und Jesus widersteht den Wenn-dann-Versuchungen: „Da sagte Jesus: Weg von mir, Satan!“ (Mt 4,9–10).

      Ottmar Fuchs

       1. Hinführung

      Selbstbewusst setzt sich das Sprichwort „Wer’s glaubt, wird selig, wer’s nicht glaubt, kommt auch in den Himmel“ in Widerspruch zu Mk 16,16: „Wer glaubt und sich taufen lässt, der wird selig (gerettet) werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“

      Nun, es gibt auf der anderen Seite eine Reihe von biblischen Texten, die sich selbst zu diesem Satz aus dem zugefügten Markusschluss in einen hoffnungsvollen Widerspruch bringen, wie etwa der Satz aus dem Lukasevangelium, dass bei Gott nichts unmöglich sei1 (vgl. Lk 1,37 und Mt 19,26). Und die Weltgerichtsrede in Mt 25,31–46 erwähnt gerade den Glauben nicht als Einlassbedingung in das Himmelreich, sondern gute und helfende Taten: ob man Kranke besucht, Obdachlose aufgenommen und Hungrige gespeist hat. Und dann gibt es jene Texte, die auch über die Verurteilung hinaus Gottes Liebe und Versöhnung in den Blick nehmen. In Jesus ist ein Verdammter Gottes Augapfel.

      Welche biblischen Texte etwas bedeuten, auch in Ergänzung und Kritik zu anderen biblischen Texten, hängt davon ab, welche Bedeutung die jeweils Lebenden ihnen zumessen, im Zusammenhang ihrer Verhältnisse, Herausforderungen und Dringlichkeiten.

      In diesem Buch begebe ich mich auf eine solche Spurenlese für die Zukunft des christlichen Glaubens in seiner lokalen und globalen Weltverantwortung.2 Dabei geht es besonders darum, den christlichen Glauben aus seinem eigenen Herzen heraus von Bemächtigungsattitüden, Zwangsvorstellungen und darin von zerstörerischen Wahnbildern, kurz: von der Angst zu befreien und so in ihm und ihm gegenüber den Horizont der Freiheit schier unendlich weit werden zu lassen.

      Ein Hinweis zum Gebrauch der Gottesrede: Den Gottesbegriff wiederhole ich lieber, als dass ich ihn mit „er“ wiedergebe und damit vermännliche. Allerdings hat dies den Nachteil, dass es im Text so viel „gottet“, als könnte man leicht und selbstverständlich über Gott reden. Dieses Dilemma sei als Vorbehalt eingebracht: Ein sprachlicher Zugriff ist immer auch, vor allem und wenn er häufig kommt, ein Versuch, etwas in den Griff zu bekommen. Über Gott reden macht Gott eher zum Gegenstand als „mit Gott zu sprechen“, also zu beten. Denn eine Ich-Du-Begegnung, wenn sie gut ist, bringt von vorneherein die andere Person nicht in die Herrschaft eines verdinglichenden Zugriffs, sondern lässt ihr auch ihr unantastbares und unergründliches Geheimnis. Dies gilt vor allem auf dem Hintergrund meines Anliegens, Gott „wirklich“ Gott sein zu lassen, unendlich über alle menschliche Fassungskraft hinaus: im Glauben berührbar, aber erst im Lobpreis Gottes abgebbar, in der Anbetung, die Gott