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Wie lernt Kirche Partizipation


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gilt, ist eine narrative Kultur, in der die großen und die kleinen Erfahrungen des Lebens und des Glaubens geteilt werden.

      Mit dem Dialog beginnt auch die vierte Disziplin, das Teamlernen, das von besonderer Bedeutung ist, „weil Teams, nicht einzelne Menschen, die elementare Lerneinheit in heutigen Organisationen bilden“72. Senge erklärt sie zu „‚Nagelprobe[n]‘ für die Praxis“73, denn: „Nur wenn Teams lernfähig sind, kann die Organisation lernen.“74 Team-Lernen kann beschrieben werden als der „Prozeß, durch den ein Team seine Fähigkeit, die angestrebten Ziele zu erreichen, kontinuierlich ausrichtet und erweitert“75. Ziel ist die Förderung der Fähigkeit als Team, auf synergetische Art und Weise zu denken, zu lernen und zu handeln. Es kommt darauf an, Pluralität genauso wie Meinungsverschiedenheiten als Potenzial zu entdecken. Dazu bedarf es des offenen und ehrlichen Dialogs („Konfliktfähigkeit“) genauso wie der Fähigkeit, eingeschliffene Handlungsmuster im Hinblick auf gemeinsame Ziele als produktiv oder unproduktiv zu entlarven.

      Die Förderung kreativer Wandlungsprozesse setzt fünftens ein systemisches Denken („systems thinking“) voraus. Gemeint ist die Fähigkeit, organisationale Vorgänge nicht einzeln und getrennt voneinander, sondern in ihrer Ganzheitlichkeit erfassen zu können.76 Dazu sind mehrere Prozesse notwendig: „Erkennen von Strukturen und Zusammenhängen, Denken in Möglichkeiten, Prozessdenken (‚was passiert, wenn‘), Denken in Szenarien (‚was wird aus uns in zehn Jahren‘) sowie vernetztes Denken (Zusammenhänge von alternativen Entscheidungen und ihren Konsequenzen).“77

      Mit den fünf Disziplinen bezeichnet Senge keineswegs „eine ‚erzwungene Ordnung‘“, sondern eine „grundlegende Theorie und Methodik“, die einen Prozess lebenslangen Lernens impliziert.78 Die Disziplinen unterscheiden sich von üblichen Managementdisziplinen darin, dass sie „‚persönliche‘ Disziplinen“ sind. „Eine Disziplin auszuüben ist etwas anderes, als ein ‚Modell‘ nachzuahmen“79, so Senge. Im Vordergrund steht der persönliche Lernprozess jeder und jedes Einzelnen, ein schöpferischer Prozess des Umkehrens („Metanoia“), der „den Kern unserer menschlichen Existenz“80 berührt.

      Vor diesem Hintergrund ist auf mindestens drei weitere Aspekte hinzuweisen, die in Bezug auf die Herausforderung des Lernens in der Organisation Kirche an Bedeutung gewinnen:

      Wer erstens ausgehend von der Selbstorganisation jeder/s Einzelnen Lernprozesse in der Pastoral ermöglicht, der geht das Wagnis ein, zuzulassen, dass unter Umständen Fehler gemacht werden. Umso wichtiger ist die Förderung einer wertschätzenden Fehlerkultur in der Kirche, in der begrüßt wird, dass Neues ausprobiert wird, selbst wenn es scheitern sollte. Anstatt den Freiraum von vornherein zu beschränken, bedarf es eines Klimas, in dem experimentiert werden darf, eine angstfreie Haltung der Neugier vorherrscht und aus Fehlern gelernt wird. Grundlage dafür ist vor allem eine Kultur des Vertrauens. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Aussage des jüngst emeritierten Aachener Bischofs Dr. Heinrich Mussinghoff (1995 bis 2015), der die pastoralen MitarbeiterInnen seines Bistums dazu ermutigte, etwas Neues zu gestalten, um dann hinzuzufügen: „Und ihr dürft Fehler machen. Der größte Fehler – und die eigentliche Todsünde – ist nichts zu tun. Wir brauchen kreative Menschen, die in die Zukunft sehen.“81

      Zudem sind innovative Prozesse zweitens stets von denen her zu gründen, denen sie zu dienen haben. Kirche ist nicht für sich selber da, sondern ist „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (LG 1). Als Prüfstein für die Notwendigkeit innovativer Entwicklungsprozesse kann die Frage gelten: Was würde den Menschen in der Stadt oder im Dorf fehlen, wenn es uns als Kirche hier nicht mehr geben würde? Oder positiv formuliert: Was haben die Menschen in der Stadt oder im Dorf davon, dass es uns hier als Kirche gibt? Worauf diese Fragen hinauslaufen, ist keine konsumorientierte Produktlogik im Sinne eines pastoralen Nutzenkalküls, sondern eine „Exposure“-Struktur, die erfordert, aus dem Eigenen herauszugehen und sich Fragen, Perspektiven, Lebensstilen, Gefühlen und Situationen von Menschen auszusetzen.82 Anders gesagt: Die Initiierung innovativer Prozesse in der Pastoral hat der Rekrutierung neuer Mitglieder genauso zu widerstehen wie der Dynamik angepasster Selbsterhaltung. Von Anfang an ist der Fokus der Wahrnehmung in der Perspektive des Evangeliums auf die Lebensfragen und -themen der Menschen zu richten, die mit uns leben, wohnen und arbeiten.

      Drittens wohnt schließlich jedem „schöpferischen Handeln […] ein Moment der Nicht-Handlung inne“83. Kreative Wandlungsprozesse bewegen sich in der Dialektik zwischen Altem und Neuem, zwischen Handlung und Nicht-Handlung, zwischen Macht und Ohnmacht.84 Dabei bedeutet auch „innovatives“, erneuerndes Handeln „zu antworten“. Während wir zwar erfinden können, was wir antworten, können wir hingegen nicht erfinden, worauf wir antworten.85 „Das, worauf wir antworten, ist ein Fremdes und Außer-ordentliches, das sich der jeweiligen Ordnung entzieht“86, so der Phänomenologe Bernhard Waldenfels. Geraten wir demgegenüber – so wäre kritisch zu hinterfragen – nicht auch in pastoralen Zusammenhängen oftmals allzuschnell in den Sog einer Normalisierung, die darin besteht, „die Differenz zwischen dem Was und dem Worauf des Antwortens zum Verschwinden zu bringen und sie durch eine fungierende Ordnung zu ersetzen, in der Andersheit nur als andere Möglichkeit, nicht als fremder Anspruch vorkommt“87? Auch im Hinblick auf innovative Prozesse in der Pastoral kann es unterdessen nur um ein demütiges Planen gehen, „das einplant, was es nicht planen kann, um ein Handeln, das teilhat an dem, was es letztlich nicht haben kann, und das als solches Planen und Handeln offen bleibt auf die Dynamik des Heiligen Geistes und ihre ungeahnten Wirkungen hin“88.

      6. DAS BILDUNGSCURRICULUM

      Die Leitlinien konkretisieren sich in der Konzeption des Bildungscurriculums „Verantwortung teilen“. Die Zielgruppen bestehen aus freiwillig Engagierten und hauptamtlich Tätigen, die in mehr oder weniger klassischen Leitungs- und Gremienstrukturen partizipieren sowie aus jenen Christinnen und Christen, die ohne konkretes „Amt“ auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen glaubwürdigen Christseins sind. Das Curriculum umfasst mehrtägige Kurse für GdG-Rats-Vorstände, für Teams besonderer Leitung, für Tandems aus je einer bzw. einem freiwillig Engagierte/n und hauptberuflich Tätige/n sowie für alle Suchenden. Darüber hinaus werden flexibel kombinierbare Bausteine angeboten, die je nach Bedarf und gewünschten Schwerpunkten frei wählbar und kombinierbar sind. Mit dieser Möglichkeit wird dem großen Bedürfnis von freiwillig und hauptamtlich Tätigen Rechnung getragen, angesichts sehr begrenzter Zeitfenster, sowohl den Zeitraum als auch den Lernort individuell bestimmen zu können. Über das Bildungscurriculum wird im Sinne der Teamförderung eine Art „Kontraktsituation“ geschaffen, wonach freiwillig Engagierte und hauptamtlich Tätige, die in der Praxis gemeinsam im Team Verantwortung für (Leitungs-)Aufgaben wahrnehmen (wie etwa im GdG-Rats-Vorstand) auch (!) als Team am Bildungsprogramm teilnehmen. Im Folgenden werden die Themen des Kursprogramms kurz skizziert. Eine ausführliche Darstellung der Lernziele und der methodischen Umsetzung erfolgt in Kapitel IV in diesem Band.

      6.1 BAUSTEINE

      Wie das Schaubild unten zeigt, setzen sich die Kurse aus den Bausteinen zusammen, die die beiden Module (1) „Team-Identität“ und (2) „Ermöglichungskultur“ (unter dem Stichwort „pastorale Entwicklung (an-)leiten“) umfassen. Das Curriculum eröffnet einen orientierenden Rahmen, in dem einzelne Bausteine in Form eines „Wahlkurses“ je nach Bedarf frei kombinierbar sind. Die Querschnittsperspektive des gesamten Curriculums ist die Spiritualität des Wortes Gottes. Nicht nur in dem, was gelernt wird, sondern auch darin, wie gelernt wird, soll etwas von der Kraft und Freiheit der Frohen Botschaft erfahrbar werden.

      KURS 1: „EINE KIRCHE, DIE AUS SICH HERAUSGEHT“. NEUE FORMEN DES KIRCHESEINS. KURS FÜR SUCHENDE CHRISTINNEN UND CHRISTEN

       (ReferentIn: Martin Pott / Elisa Kröger / Reinhard Feiter)

      Exposure (sich Aussetzen) – teilnehmende Beobachtung – Kultur des Hörens – an den Lebensfragen und -situationen von