soll insgesamt mit sämtlichen Belegungs- oder Berechnungstagen als »schädlicher« Patient eingestuft werden.77
Beispiel
Nach dem zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus geschlossenen Behandlungsvertrag wird der Patient stationär aufgenommen. Der Patient hat dabei die Wahlleistung »Unterbringung im Einzelzimmer« vereinbart.
Im Rahmen der Behandlung wird der Patient operiert und verbringt einen Tag im Aufwachraum des Krankenhauses. An den restlichen Tagen wird er – wie vereinbart – in einem Einzelzimmer untergebracht. Die Wahlleistung »Einzelzimmer« wird zusätzlich zur Fallpauschale mit ihm gesondert abgerechnet.
Der Patient hat zwar an einem Tag seines Aufenthaltes in dem Krankenhaus die Wahlleistung »Einzelzimmer« tatsächlich nicht in Anspruch genommen. Gleichwohl gilt dieser Patient auch für diesen Tag als »schädlicher Patient« i. S. d. § 67 AO.
Sollte im Beispielsfall das Entgelt für die Wahlleistung »Einzelzimmer« auch für den Tag berechnet werden, an dem die Wahlleistung tatsächlich nicht in Anspruch genommen wird, dürfte die Auffassung von Buchna/Leichinger/Seeger/Brox dem Wortlaut des § 67 AO, der – rein formal – auf die Berechnung von Entgelten abstellt, entsprechen.
Ein Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist nach § 67 Abs. 2 AO ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt berechnet wird, als es bei einem in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fallenden Krankenhaus nach § 67 Abs. 1 AO zulässig wäre.
Bei der praktischen Anwendung des § 67 Abs. 2 AO ergeben sich jedoch zahlreiche Anwendungs- bzw. Zweifelsfragen.
Der Bundesfinanzhof hat sich im Urteil vom 26.08.201078 mit der Frage befasst, wie bei Krankenhäusern, die weder in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes noch der Bundespflegesatzverordnung fallen, hinsichtlich der Berechnung der 40 %-Grenze des § 67 Abs. 2 AO vorzugehen ist. Hiernach kommt es entscheidend darauf an, dass das Krankenhaus in mindestens 40 % der Jahres(pflege)tage keine Wahlleistungen zur Zimmerbelegung und zur Chefarztbehandlung erbringt und seine Leistungsentgelte nach Selbstkostengrundsätzen berechnet.
Bei der Berechnung der Jahrestage ist hiernach die Erbringung medizinischer Wahlleistungen nicht zu berücksichtigen.79 Dabei kann es sich bei den medizinischen Wahlleistungen handeln
• um Leistungen bei fehlender medizinischer Indikation (z. B. »Schönheitsoperationen«),
• um Leistungen anlässlich einer medizinisch indizierten Krankenhausbehandlung (z. B. erweiterte Labordiagnostik, die bei einer Erkrankung erfolgt, für deren Behandlung aber nicht notwendig ist),
• um medizinische Alternativbehandlungen (Fälle, in denen bei einer medizinisch notwendigen Behandlung – ggf. innovative – Alternativbehandlungsmethoden zur Verfügung stehen, deren Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen – ggf. noch – nicht getragen werden)
oder
• um Leistungen im Rahmen einer ambulanten Behandlung (Behandlung durch ein zur ambulanten Behandlung von Kassenpatienten nicht zugelassenes Krankenhaus).
Für ein (reines) Belegkrankenhaus, in dem die ärztlichen Leistungen ausschließlich von einem Belegarzt mit Liquidationsberechtigung erbracht und berechnet werden, müssen mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, deren ärztliche Behandlung der Belegarzt über Krankenschein oder entsprechend den für Kassenabrechnungen geltenden Vergütungssätzen abrechnet.80 Damit auch (reine) Belegkrankenhäuser ohne eigenen ärztlichen Dienst, die gemäß § 67 Abs. 2 AO nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes und der BPflV fallen, gleichwohl nach dieser Vorschrift steuerbegünstigt werden können, ist es zur Schließung der vorhandenen Regelungslücke notwendig, bei ihnen die Arztkosten in ähnlicher Art und Weise zu berücksichtigen, wie dies im Rahmen des § 67 Abs. 1 AO bei Krankenhäusern mit angestellten Ärzten geschieht.81
Sind die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO erfüllt, hat dies erhebliche Bedeutung für den Krankenhausträger im Bereich einzelner Steuergesetze:
• So sind nach § 3 Nr. 20 Buchst. b Gewerbesteuergesetz von der Gewerbesteuer befreit u. a. Krankenhäuser, wenn im Erhebungszeitraum die in § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind, ohne dass der Träger als gemeinnützige Körperschaft anerkannt sein muss. Auf die Erfüllung der übrigen, nachfolgend im Einzelnen noch darzustellenden Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitsrechts kommt es insoweit überhaupt nicht an.82
• § 4 Nr. 6 Grundsteuergesetz gewährt eine Grundsteuerbefreiung für Grundbesitz, der für Zwecke eines Krankenhauses genutzt wird, sofern das Krankenhaus in dem Kalenderjahr, das dem Veranlagungszeitpunkt vorangeht, die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 der Abgabenordnung erfüllt hat, gleichfalls unabhängig davon, ob der Träger eine steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaft ist oder nicht.83
Es fragt sich, ob sich aus dem Umstand, dass die »Krankenhäuser i. S. d. § 67 AO« in § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO explizit genannt werden, materielle Auswirkungen ergeben. Das Gesetz und die Gesetzesbegründung enthalten hierzu keine Aussagen84, ebenso wenig der Anwendungserlass zu § 67 AO.85
Grundsätzlich hat die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege eine »von der individuellen Hilfe gegenüber dem einzelnen Patienten losgelöste, auf das öffentliche Gesundheitswesen bezogene, übergreifende Funktion«86; sie betrifft damit die »allgemeine« Förderung der Gesundheit der Bürger.87 Dies könnte zu der Annahme führen, dass der Betrieb eines Krankenhauses als konkrete Zweckverfolgung dieses (allgemeinen) gemeinnützigen Zweckes nicht in Betracht kommt, weil es in Krankenhäusern – jedenfalls vorrangig – um die »individuelle« (stationäre, teilstationäre oder ambulante) Hilfe für kranke Menschen geht. Krankenhäuser wären dann als konkrete Zweckverfolgung im Bereich der Mildtätigkeit (§ 53 AO) anzusehen, weil es bei mildtätigen Körperschaften nicht um die Förderung der Allgemeinheit geht, sondern um die Unterstützung einzelner Personen, die wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands (ganz konkret) auf die Hilfe anderer angewiesen sind (§ 53 Nr. 1 AO).88 Sollte diese Auffassung richtig sein, müssten sich steuerbegünstigte Körperschaften, die Krankenhäuser (als begünstigte Zweckbetriebe) betreiben wollen, in ihren Satzungen zur Förderung mildtätiger Zwecke verpflichten. Es spricht allerdings vieles dafür, dass der Gesetzgeber durch die ausdrückliche Nennung von »Krankenhäusern i. S. d. § 67« in § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO diese Konsequenz vermeiden wollte mit der Folge, dass bei steuerbegünstigten Krankenhäusern de facto ein Wahlrecht besteht zwischen (satzungsmäßigen) gemeinnützigen Zwecken i. S. d. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO und (satzungsmäßigen) mildtätigen Zwecken i. S. d. § 53 Nr. 1 AO.
Bei Krankenhäusern, welche die Voraussetzungen des § 67 AO nicht erfüllen, stellt sich allerdings die Frage danach, ob sie als steuerbegünstigter Zweckbetrieb angesehen werden können.