Joachim Kopp

Pétanque


Скачать книгу

aufwärts haben, damit das größere Geschoss eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit aufweist. Im Gegenzug soll der Pointeur mit möglichst kleinen Kugeln spielen, um dem Tireur ein schwierigeres Ziel zu bieten und um die Kugel schlanker durch Kugelhaufen steuern zu können.

      Das gehört, mit Verlaub gesagt, ins Reich der Fabeln, denn das einzig wahre Maß für einen guten Spieler ist genau an die Hand angepasst und sonst nichts. Wenn mir die Kugel gut in der Hand liegt, dann kann ich auch gut spielen. Ich kenne eine Frau mit einer kleinen Hand, die deshalb 72 mm führt – sie schießt gut.

      Große Kugeln haben eine bessere Überschreitfähigkeit über kleine Bodenunebenheiten beim Legen, das bedeutet, sie laufen besser geradeaus als kleine. Aber das kann man nicht unabhängig vom Gewicht sehen, weil große und schwere Kugeln (schwerer als 710 g) noch besser geradeaus laufen. Somit sind wir beim Gewicht angelangt.

      Eine Kugel kann laut Reglement zwischen 650 g und 800 g wiegen. Das ist ein enormer Unterschied von 150 g. Beim Gewicht (poids) ist jetzt wirklich die hauptsächliche Funktion des Spielers zu berücksichtigen:

      •Der Leger bevorzugt schwere Kugeln, weil diese besser mit kleinen Unebenheiten fertig werden. Auch verspringen schwere Kugeln weniger beim Aufprall als leichte. Ab 710 g aufwärts.

      •Der Schießer muss bei einem Turnier viele Stunden lang vorrangig schießen. Das braucht bei einer leichten Kugel unter 700 g einfach weniger Kraft und vermindert über die Jahre auch die Beanspruchung für Bänder und Gelenke.

      Welche Kugel passt zu Ihnen?

      Für die richtige Größe kann als Näherung der Abstand zwischen der ersten Handwurzelfalte und der Fingerspitze des Mittelfingers dienen.

      Daraus können folgende Werte resultieren (nach www.planetboule.de):

images

       gemessener Abstand / Durchmesser der Kugel (diametre)

      ab 135 mm / 71 mm

      ab 150 mm / 72 mm

      ab 165 mm / 73 mm

      ab 180 mm / 74 mm

      ab 195 mm / 75 mm

      ab 210 mm / 76 mm

      ab 225 mm / 77 mm

      ab 240 mm / 78 mm

      Aber bitte: Das ist nur eine Näherung. Sie und Ihr Gefühl für die Kugel sind der wirkliche Maßstab. Gehen Sie auf einen Bouleplatz und fragen Sie Spieler nach der Größe ihrer Kugel und nehmen Sie verschiedene Größen in die Hand. Ihr Gefühl sagt Ihnen dann schnell, was für Sie passt. Falls Sie sich bezüglich des Kugeldurchmessers unsicher sind, dann nehmen Sie die Kugel lieber 1 mm kleiner. Fast alle Boulistes fangen mit größeren Kugeln an und nehmen später dann kleinere.

images

       Legen aus der Hocke – der hintere Arm macht eine Ausgleichsbewegung zum Wurf; das gesenkte Knie stabilisiert den Oberkörper nach hinten.

      •Der Milieu legt und schießt und macht deshalb einen Kompromiss. Seine Kugeln bewegen sich zwischen 690 und 710 g, ich spiele 700 g.

      Jetzt kommt die finale Eigenschaft: das Metall. Um es gleich vorweg zu sagen, es gibt gegossene Kugeln aus Messinglegierungen (Allergiker!) von guter Qualität, die sich jedoch schneller abspielen als weicher Stahl. Die Stanzungen sind dann nicht mehr lesbar, was die Kugeln im Wettkampf ungültig macht – allerdings sind meine Kugeln in den letzten 25 Jahren nie geprüft worden.

      Das Metall der Kugel ist zumeist Stahl in verschiedenen Härten und mit unterschiedlichen Eigenschaften:

      •Ab 130 kg/mm2 Härtegrad aufwärts ist die Kugel hart (dure) und hat deshalb einen hohen Abprall-Effekt. Für den Leger ist dies von Vorteil, weil die Schusskugel dann weniger im Umfeld der Zielkugel liegen bleibt. Außerdem nützen sich harte Kugeln kaum ab und sind deshalb sehr langlebig.

      •Bei ca. 110 kg/mm2 Härtegrad spricht man von weichen (tendre) Kugeln, die der Schießer bevorzugt. Eine weiche Kugel hat einen geringeren Rebond (Abprall-Effekt) als eine harte. Das erhöht die Chance, dass die Schusskugel im Zielbereich liegen bleibt. Weiche Kugeln nutzen sich naturgemäß stark ab. Das ist angenehm, weil die Kugel Struktur bekommt und sich dadurch besser anfühlt. Dafür ist eine weiche Kugel kurzlebiger.

      •Der Milieu hat Kugeln von 115 bis 120 kg/mm2 Härtegrad, das sind halbweiche (demi-tendre) Kugeln. Sie stellen analog zur Gewichtsfrage einen Kompromiss dar und sollen für das Legen und Schießen gleichermaßen brauchbar sein.

      Aufpassen sollten Sie, wenn Hersteller aufgrund von speziellen Bearbeitungen des Stahls und der Kugeloberfläche Versprechungen zu einem geringen Rebond machen: So sollte eine halbweiche Kugel durch solche Behandlungen das Verhalten einer weichen aufweisen. Ein lizenzierter Trainer hat zu Vergleichszwecken weiche und halbweiche Kugeln mit angeblich reduziertem Rebond aus gleicher Höhe auf planen Stein fallen lassen: Die halbweichen Kugeln seien eindeutig höher zurückgeprallt als die weichen.

images

       Der Bouliste wirft eine rot markierte Kugel (im Flug rechts neben der blaugrünen Anzeigetafel).

      Weiter werden rostende oder nichtrostende Kugeln angeboten (nichtrostende Inox-Kugeln fühlen sich glatter an als Karbonstahl). Ich persönlich bevorzuge Kugeln, die rosten können und reibe diese ab und zu mit einem Tropfen Waffenöl ein. Verchromte »Christbaumkugeln« rosten. Mit Rostbefall müssen Sie besonders in Meeresnähe rechnen, da können Ihre Kugeln innerhalb einer Nacht im Freien rostrot werden. Neue Kugeln können auch farbig grundiert sein (meist schwarz oder blau). Diese Grundierung geht ab und Sie haben nach einiger Zeit die normale Farbe des Stahls vor sich.

      Zusammenfassend kann man sagen:

      •Der Leger spielt mit schweren harten Kugeln (schwerer 710 g, Härtegrad ab 130 kg/mm2).

      •Der Schießer spielt leichtere weiche Kugeln (ab 700 g abwärts, Härtegrad 110 kg/mm2).

      •Der Milieu bevorzugt mittleres Gewicht und Härte (Gewicht 690 bis 710 g, Härte 115 oder 120 kg/mm2).

      Sie wird auch Cochonnet oder Schweinchen, But (Ziel) oder Bouchon (Korken) genannt. Manche sagen auch einfach die »Sau«. Es gibt weitere Bezeichnungen, aber das ist hier nicht das Thema. Das Reglement des Deutschen Pétanque Verbandes EV legt in Artikel 3 fest:

      Eigenschaften der zugelassenen Zielkugeln

      Die Zielkugeln sind aus Holz oder aus synthetischem Material. Zielkugeln aus synthetischem Material müssen das Herstellerlogo tragen, durch die F.I.P.J.P. zugelassen sein und den Normen entsprechen, die im Pflichtenheft (»Cahier des Charges«) festgelegt sind.

      Der Durchmesser muss 30 mm Toleranz ± 1 mm betragen. Das Gewicht muss zwischen 10,0 Gramm (Minimum) und 18,0 Gramm (Maximum) liegen.

      Gefärbte Zielkugeln, gleich in welcher Farbe, sind zulässig, aber weder diese, noch Zielkugeln aus Holz dürfen mit einem Magneten aufzuheben sein.

      Eine gefärbte hölzerne Zielkugel aus dem Automaten kostet bei uns im Klubheim einen Euro. Es gibt auch neonfarbene Zielkugeln mit Holzkern, die sind ziemlich weich und nach wenigen Sauschüssen eiförmig. Ich mag diese neonfarbenen Zielkugeln mit ihren aufdringlichen Farben nicht, denn sie saugen den Blick förmlich an und lassen das direkte Umfeld der Sau nicht mehr richtig zur Geltung kommen. Prüfen Sie vor einem Spiel den Zustand der Zielkugel. Ist sie deformiert, dann läuft sie nicht mehr oder nur unberechenbar auf dem Boden. Dann ist es sehr schwer, die Sau zu »ziehen« (Sau ziehen heißt, mit einer Kugel die Lage des Schweinchens verändern).