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Kirche


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die syrophönizische Frau. All diese Zufallsbekanntschaften zeigen eine uns innerkirchlich unbekannt gewordene Gestalt: den staunenden Jesus. Jesus staunt über den robusten Lebensglauben dieser Leute: die blutflüssige Frau, die ihn einfach berührt; Batimäus, der seinen Mantel wegwirft – bevor er geheilt wurde!; den Hauptmann, der ihn nicht mal drängt, seinen kranken Sohn zuhause zu besuchen; den Jungen, der wenig hat, aber alles gibt; die Syrerin in ihrer entwaffnenden Schlagfertigkeit. Jesus ruft aus: Solch einen Glauben habe ich in Israel nirgends gesehen! Und, spektakulär: Frau, Mann, Junge: Dein Glaube hat dir geholfen!

      Das ist Evangelium: Nicht ich, Jesus, habe dir geholfen. Sondern du hast dir selber geholfen, weil du geglaubt hast. Natürlich war Jesus in diesen Episoden unersetzlich. Aber dem Textzeugnis nach nicht als kausal Heilender, sondern als der, der als Erster und als Mutigster gegen jeden Aberglauben geglaubt hat, dass jener Glaube helfen wird, der schon da ist.

      Was für ein Bild für Kirche! Kirche nicht als die, die alles in der Hand haben. Die wissen, ob einer richtig glaubt oder falsch. Die sich anmaßt, den richtigen Glauben zu kennen und vorzuschreiben. Sondern als Kirche, die wie Jesus staunt über das, was an Glauben und an Lebensleistung schon da ist. Die gegen jeden Aberglauben glaubt, dass der Glaube der Leute die heilende Kraft selber ist. Ja, Kirche als staunende Versammlung derer, die sich selber heilen lässt durch den Lebensglauben der Leute.

      Unruhig schlägt unser Herz, bis es Ruhe findet in dir? Oh nein: Unruhig ist unser Herz, seit es Dir, der spektakulären Möglichkeit des Guten, begegnet ist – und seitdem rennen wir hier herum und fürchten den Regen und die Nacht, aber wir rennen weiter. Kirche ist das, was dort erst entsteht, wo der je individuelle und sehr variantenreiche Glaube an das Gute einen Ort bekommt, an dem er geteilt, beglaubigt und gefeiert wird. Natürlich ist Kirche auch der Ort, an dem man Jesus dafür dankt, dass er uns diesen Glauben vorgemacht hat, so dass wir alle an ihm kondensieren wie Wassertropfen an der Fensterscheibe. Natürlich ist Kirche auch der Ort, an dem der Glaube an das Gute an Gott adressiert wird. Natürlich ist Kirche auch der Ort, den es schon gibt, weil dieser Grundglaube an das Gute vom Hören kommt.

      Aber damit er vom Hören kommen kann, muss es Leute geben, die vom Glauben erzählen. Und die das nicht sofort religiös und kirchlich machen, sondern die in der Lage sind, in ihrem alltäglichen Leben den Punkt zu identifizieren, an dem sie sich für das Gute und gegen das Müde, Lahme und Zynische entscheiden.

      Werden wir solche Leute! Bilden wir solche Orte von Kirche! Versprechen wir uns, dass unsere Regenschirme nach längstens 30 Minuten porös werden! Gönnen wir den Deutschen Orte, an denen es wahrscheinlicher wird, an das Gute zu glauben. Seien wir Christen, über die Jesus staunt. Und über die er ausruft: Wahrlich, wahrlich – die sehen zwar aus wie Teebeutel – aber es sind echte Piranhas!

      1 Kurzvortrag auf dem Kongress Kirche2, Hannover 2013. Der Vortragsstil wurde einer Publikation angepasst, im Duktus aber beibehalten.

      2 Ähnlich Sellmann, Matthias: Art. Seelsorge/Pastoral, in: Georg Gänswein / Martin Lohmann (Hg.), Katholisch. Wissen aus erster Hand, Freiburg i. B. 2010, 98–100.

      3 Rahner, Karl: Über die Möglichkeit des Glaubens heute, in: Gert Otto (Hg.), Glauben heute (II). Ein Lesebuch zur katholischen Theologie der Gegenwart, Hamburg 1968, 11–36, 18.

      4 Kaufmann, Franz-Xaver: Kirche begreifen. Analysen und Thesen zur gesellschaftlichen Verfassung des Christentums, Freiburg i. B. u. a. 1979, 102 f.

      5 Rahner, Über die Möglichkeiten des Glaubens heute, 30.

      6 Eine ausführliche theologische Kritik der ‚Gemeindetheologie‘ und praxeologische Zukunftsausblicke liefert jetzt Sellmann, Matthias (Hg.), Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatte und praktische Modelle, Freiburg i. B. u. a. 2013. Nur eine Zahl aus einer deutsch-US-amerikanischen Gemeindeumfrage von 2006: 67 % der deutschen Katholiken haben „5 und mehr engste Freunde“ in der Ortsgemeinde (Vergleich USA: 25 %)!

      7 Vgl. auch den Beitrag von Heinzpeter Hempelmann in diesem Band.

      8 Vgl. zum Folgenden Theobald, Christoph: Heute ist der günstige Augenblick. Eine theologische Diagnose der Gegenwart, und: Evangelium und Kirche, in: Hadwig Müller / Reinhard Feiter (Hg.), Frei geben. Pastoraltheologische Impulse aus Frankreich, Ostfildern 2012, 81–109. 110–138. Soziologisch ist unter Bezug auf die Rede vom ‚Guten‘ zu erinnern an Peter L. Bergers bahnbrechende Studie: Auf den Spuren der Engel. Die moderne Gesellschaft und die Wiederentdeckung der Transzendenz, Freiburg i. B. u. a. 21991, v. a. 84–89.

      9 Vgl. Höhn, Hans-Joachim: Zustimmen. Der zwiespältige Grund des Daseins, Würzburg 2001; ders.: Der fremde Gott. Glaube in postsäkularer Kultur, Würzburg 2008.

      10 Vgl. a. a. O., 104–106.

      11 Vgl. den Beitrag von Christina Brudereck in diesem Band.

      12 Vgl. Anm. 6. Zum auffällig deutlich koinonial geprägten Zuschnitt deutscher Gemeinden die Umfragedaten und kritischen Analysen in Reinhold, Kai / Sellmann, Matthias (Hg.): Katholische Kirche und Gemeindeleben in den USA und in Deutschland. Überraschende Ergebnisse einer ländervergleichenden Umfrage, Münster 2011; v. a. 79–84, 189–212. Tabelle A 110.

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