Hermann Wohlgschaft

Für immer und ewig?


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Vom Fragment zur Vollendung

       Kapitel V

       Ehelosigkeit und Partnerbeziehung

       1. Der Pflichtzölibat

       2. Gesetz und Charisma

       3. »… um des Himmelreichs willen«

       4. Die Sadduzäerfrage

       5. Keine Ehe im Himmel

       6. »Die Menschen werden sein wie die Engel«

       7. Die Sehnsucht ohne Ende

       8. Der Eros und die ›Gottesminne‹

       Kapitel VI

       Unbeschränkte Kommunikation

       1. ›Bin ich, wenn ich nicht mehr bin?‹

       2. Ein Plädoyer für das ›Ich‹ und das ›Wir‹

       3. Die personale Vollendung

       4. Die Auferstehung zum Leben

       5. Die himmlische ›Hochzeit‹

       6. Zur neuen Leiblichkeit

       Kapitel VII

       Mann und Frau – sub specie aeternitatis

       1. Sinnlichkeit als Verheißung

       2. Intimes im Himmel?

       3. Zur Vielfalt der Beziehungen

       4. Das göttliche Fest

       Anmerkungen

       Personenregister

      Die Liebe allein versteht

      dies Geheimnis,

      andere zu beschenken

      und dabei selbst reich zu werden.

       Clemens Brentano

      Einführung

      Leben heißt immer in Beziehungen leben. Ich lebe, wenn ich in Beziehung lebe zu mir selbst, zu anderen Geschöpfen, zu Gott. Beziehungen aber können gut sein oder auch schlecht. Leben im Vollsinn können wir nur, wenn wir in guten Beziehungen leben. Anders gesagt: Leben im eigentlichen Sinne können wir nur, wenn wir lieben, wenn wir Gott und die Schöpfung, wenn wir bestimmte Menschen und uns selbst wirklich lieben.

      Über die Liebe wurde, auch von mir, schon sehr viel geschrieben. Was Liebe eigentlich ist, ist freilich umstritten. Nicht jeder versteht unter Liebe dasselbe. Ob es eine verlässliche, eine wirklich dauerhafte oder gar eine ewige Liebe gibt, ist erst recht eine Streitfrage. Die Beantwortung dieser Frage wird mit persönlichen Erlebnissen und mit der religiösen Einstellung zusammenhängen.

      Wer Gott nie wirklich erfahren hat (oder wer meint, dass er Gott nie erfahren hat), wird wohl nicht an die ewige Liebe und nicht an das ewige Leben glauben. Aber auch der Atheist, der Skeptiker, der an keine unsterbliche Seele, an keine Auferstehung der Toten, an keine Art des Weiterlebens glaubt, wird einräumen müssen: Zumindest als literarisches Thema ist die Liebe unsterblich und unerschöpflich. Für mich als Christ allerdings ist die Liebe als solche die belebende Energie, die göttliche Kraft, die unser Leben unsterblich macht.

      Warum nun schreibe ich ein weiteres Buch über die Liebe, warum lässt mich dieses Thema nicht los? Die Antwort ist einfach: Es gibt noch so vieles zu sagen! Ich werde nie an ein Ende kommen, alles was über die Liebe geschrieben wird, bleibt immer ein Stückwerk. Aber gerade das macht die Liebe so schön! Sie hört nie auf, unser Leben zu bereichern, zu erneuern, zu inspirieren.

      Ich schreibe gern über die Liebe, weil ich vieles erlebt habe und weil es auf diesem Gebiet stets neue Überraschungen gibt. Die Liebe ist das tiefste Geheimnis des Lebens und das tiefste Geheimnis der Lebensfreude. Sie ist die größte Gabe und die größte Aufgabe des Menschen. Für mich jedenfalls kann es nichts Schöneres geben als Liebe zu schenken und dabei auch selbst sehr beschenkt zu werden. Schon so oft habe ich dies an Leib und Seele erfahren. Ich hoffe, dass dies auch künftig so bleiben wird, dass ich in der Liebe noch wachsen werde und dass in der Ewigkeit Gottes diese Liebe zum endgültigen Ziel kommen wird.

      Nun gibt es bekanntlich sehr viele und sehr unterschiedliche Arten der Liebe. Warum schreibe ich als ›Single‹, als zölibatärer Priester ausgerechnet über die Liebe von Mann und Frau? Warum schreibe ich nicht ausschließlich über die Liebe zu Gott bzw. über die Liebe Gottes zum Menschen?

      Ich schreibe gerne auch über die Partnerliebe, weil ich als katholischer Pfarrer, als Seelsorger und Konfliktberater ja nicht auf einem anderen Stern lebe. Ich schreibe über die Partnerbeziehung, weil ich viele Ehepaare (oder Paare, die in einer eheähnlichen Beziehung leben) seelsorglich oder privat sehr gut kenne und weil ich als Theologe der Meinung bin, dass die Partnerliebe von anderen Arten der Liebe – etwa der Seelenfreundschaft, der intensiven Nächstenliebe und vor allem der Gottesliebe – zwar zu unterscheiden, aber nicht wirklich zu trennen ist.

      Wenn ich über die ›Partnerliebe‹, ihre vielfältigen Aspekte und Dimensionen schreibe, kann es realistischerweise nicht ausschließlich um die Ehe gehen. Zwar weiß ich als Christ um den hohen Wert der sakramental geschlossenen Ehe, die es zu schützen und zu fördern gilt. Als praktizierender Seelsorger weiß ich aber zugleich, dass es alternativ zur Ehe, zur Lebensgemeinschaft von Mann und Frau, ja nicht nur die Lebensform der Ehelosigkeit (des freiwilligen oder des unfreiwilligen Zölibats) gibt. Nein, es gibt neben der Ehe auch andere Arten der Partnerbeziehung. Es gibt andere, nichteheliche Formen der Liebe von Mann und Frau. Und es gibt auch die gleichgeschlechtliche Paarbeziehung.

      Solche Fakten müssen die christlichen Kirchen zur Kenntnis nehmen. Und sie müssen, über Kritik und Klage hinaus, nach hilfreichen Antworten suchen.