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Lateral führen an Hochschulen


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und Führungstätigkeit in der Mitte von Hochschulen. An Schweizer Fachhochschulen übernehmen beispielsweise zahlreiche Personen auf dritter Hierarchiestufe Leitung und Personalverantwortung für Institute, Zentren oder Bereiche. An deutschen Hochschulen hat gerade die Neuordnung des Akkreditierungswesens in der Lehre zu einer Neustrukturierung hochschulischer Verantwortlichkeiten geführt (Reil & Wilbers, 2014). Gleichzeitig wird ein beeindruckendes Portfolio an Projekten bearbeitet, häufig mit Fragestellungen von bereichsübergreifendem Charakter, welche eine Koordination und Zusammenarbeit quer durch die Organisation erfordern. Etwa erfolgt eine Studiengangsentwicklung im Sandwich unterschiedlichster Ansprüche und Interessen, häufig ohne dass die Führung mit adäquaten Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet ist.

      Ziel dieses Beitrags ist eine Übersicht über Personen und ihre Aufgaben, welche in der Mitte von Hochschulen hierarchische oder laterale Führung übernehmen. Ausgangspunkt dabei ist eine Darstellung der Diskussion um mittleres Management in Unternehmen und relevante Parallelen und Differenzen zu den Entwicklungen im Hochschulbereich. Es folgt eine Übersicht über die Vielgestaltigkeit der Verantwortungsübernahme in der Mitte von Hochschulen.

      Wenn über Führungspraxis an Hochschulen nachgedacht wird, schwingt meist der Diskurs um moderne Unternehmensführung mit. Nicht selten ist festzustellen, dass Bilder und Konzepte, welche in der Managementlehre bereits wieder als überholt gelten, den Führungsalltag an Hochschulen prägen. Deshalb möchte ich als Erstes die Diskussion um Führung in der Mitte mit Bezug auf »klassische« Unternehmen nachzeichnen, bevor ich auf das mittlere Management an Hochschulen eingehe.

      Definition und Aufgaben des mittleren Managements

      Mittleres Management bezogen auf die Unternehmenshierarchie wird in der Literatur sehr unterschiedlich definiert (Wieser, 2014) und umfasst schätzungsweise 10 % der Mitarbeitenden eines mittelständischen oder großen deutschen Unternehmens (Hölterhoff et al., 2011). Die Mitte ist allgemein gesprochen das, »was nicht ganz ›oben‹ und nicht ganz ›unten‹ einzuordnen ist« (Stahl, 2005, S. 16), also ohne strategische Gesamtverantwortung und ohne Ansiedelung im operativen Kern.

      Obwohl dieses mittlere Management als »zentrales Bindeglied zwischen strategischer Spitze und operativem Kern eines Unternehmens« bezeichnet wird, kommt dieser Funktionsgruppe im öffentlichen Diskurs wie auch in der betriebswirtschaftlichen Forschung nur geringe Aufmerksamkeit zu (Hölterhoff et al., 2011, S. 8). Diese mangelnde Aufmerksamkeit scheint gerade auch eine Empfindung vieler mittleren Führungskräfte zu sein, welche als »unsichtbare Leistungsträger« herausfordernde Rollen wahrnehmen, eher selten am Erfolg beteiligt, dafür häufig für Misserfolg verantwortlich gemacht werden (Hölterhoff et al., 2011, S. 19).

      In einer älteren Untersuchung deutscher Industrieunternehmungen fasst Walgenbach (1994) die Funktion des mittleren Managements wie folgt:

      

Sie führen auf Basis überragender Fachlichkeit und berufen sich eher weniger auf ihre hierarchische Position. Die fachliche Qualifikation ist denn auch für die Rekrutierung in solche Positionen entscheidend, weniger die Qualifikation zur Führungsarbeit.

      

Sie sorgen für reibungslose Abläufe in ihrem Bereich und klären auch allfällige Konflikte mit anderen Abteilungen.

      

Ihre Entscheidungskompetenz ist beschränkt, inneres Unternehmertum würde mehr Freiheiten bedingen.

      

Sie sind zentrale Wissensträger und Vermittler, verfügen über großes organisationales Erfahrungswissen und kennen die Prozesse zur Problemlösung im Detail.

      

Sie spielen eine zentrale Rolle in der Bewältigung von organisationalem Wandel und sind Träger von zentralen Kundenkontakten (Hölterhoff et al., 2011).

      Die Bedeutung und auch Belastung des mittleren Managements ist vor allem von Interesse in Prozessen des strategischen Wandels (Wiesner, 2014). Während Studien wie jene von Hölterhoff et al. (2011) für den Wert des mittleren Managements sensibilisieren möchte, gilt ihm auch Kritik. So sprach Siemens-Chef Peter Löscher 2008 plakativ von einer »Lehmschicht«. Diese sei erstarrt und undurchlässig und behindere Wandel (Löhr, 2010). Das mittlere Management ist denn auch manchenorts drastisch reduziert worden.

      Mittleres Management und die Bewältigung von organisationalem Wandel

      Floyd und Lane (2000) verstehen strategischen Wandel von Organisationen nicht als rational vorab geplante Schrittfolge, sondern als evolutionären, graduell voranschreitenden, politischen Prozess. Dem mittleren Management weisen sie dabei eine besondere Bedeutung zu in der Übersetzung von oben nach unten sowie von unten nach oben. Dabei erfüllen sie einerseits eine integrierende Funktion und vertreten andererseits auch abweichende Positionen, um die Fähigkeit zur Anpassung an den Markt sicherzustellen.

Nach oben gerichtete Einflussnahme Nach unten gerichtete Einflussnahme
Divergent Sich für strategische Alternativen stark machen (Champoining Strategic Alternatives) Anpassungsfähigkeit des Unternehmens gewährleisten (Facilitating Adaptability)
Integrativ Informationen synthetisieren (Synthesizing Information) Strategie implementieren (Implementing Delibarate Strategy)

      Tabelle 2 Strategische Rolle des mittleren Managements nach Floyd & Wooldridge, 2000, S. 117 ff. zit. in Wilbers (2015)

      Im Prozess der Entwicklung neuer Kompetenzen wird auf der operativen Ebene experimentiert. Die Informationen werden vom mittleren Management synthetisiert (›synthesizing‹). Es setzt sich beim Topmanagement für Erfolg versprechende Alternativen ein (›championing‹). Das mittlere Management eröffnet nach unten Spielräume (›facilitating‹), um sich auf der operationalen Ebene überhaupt anpassen zu können, d. h., es gewährleistet ein mehr oder weniger großes Abweichen von der Strategie. Die Ziele und Vorgaben der Führung werden zudem durch das mittlere Management heruntergebrochen (›implementing‹) und die operationale Ebene richtet ihr Handeln an diesen Vorgaben aus. Je nachdem wie gut diese Übersetzungsleistungen gelingen, wird das mittlere Management eher als »Transmissionsriemen« oder als »Lehmschicht« wahrgenommen.

      Herausforderungen des mittleren Managements

      Entsprechend zahlreich sind die Herausforderungen des mittleren Managements, wie diese Hölterhoff et al. (2011, S. 16) in einer Expertenbefragung eruierten.

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      Abbildung 1 Spezifische Probleme des mittleren Managements (nach Hölterhoff et al., 2011, S. 16)

      Aus dieser Übersicht werden erste Parallelen zur Diskussion im Hochschulumfeld sichtbar, etwa bezüglich der erlebten Rollenkonflikte (vgl. die Beiträge von Fröhlich Luini und Rutz i. d. Bd.) oder aus Sicht der Personalentwicklung (den Beitrag von Stäuble i. d. Bd.)

      Im 2012 erschienenen Sammelband »Führung der Zukunft« (Grote, 2012) ist vom mittleren Management kaum die Rede. Die Hierarchie verliert vielerorts an Bedeutung. Im Fokus sind zunehmend die Flexibilität von Organisationen, der Umgang mit Unsicherheit, die wachsende Heterogenität der Belegschaft und die Bedeutung von Arbeit in Teams und Projekten. Für Führungsarbeit bedeutet dies, Ziele und Aktivitäten