dies eine unerwartete, überraschende Begegnung, die mir Angst macht. Ein Barrakuda zum völlig falschen Zeitpunkt! Einen beliebig anderen Fisch, der sich präsentierte, würde ich mit Freude und Begeisterung zeigen und dieses Erlebnis liebend gerne teilen. Doch sich beim ersten Tauchgang auf zwei Meter Distanz einem über einem Meter großen Raubtier gegenüber zu sehen, würde mit Sicherheit zu unkontrollierten Bewegungen und Handlungen meiner Studenten führen. Genau das möchte ich in diesem Moment nicht riskieren, und ich entscheide mich daher dafür, sie zu ihrem eigenen Schutz im Unwissen zu lassen. Wir entfernen uns auf diese Weise immer weiter weg von unserem Überraschungs-Tauchgast und steigen schließlich zusammen auf. Wir sind in Sicherheit. Diese erste Unterrichtsstunde in Sachen Tauchen ist zu Ende. In diesem Fall beängstigender für mich als für meine Schüler!
Ich gebe zu, mein Vorgehen stellte eine gewisse Bevormundung dar, entsprach aber in diesem Moment meiner Aufgabe, für unsere Sicherheit zu sorgen. Ich war derjenige, der die Situation verantwortungsvoll einschätzen konnte, und genau das tat ich. Dazu brauchte es Fokus, klaren Verstand und ein gutes Stück Instinkt. Sehr oft stehen aber gerade diese Attribute in einer schwierigen Lage nicht zur Verfügung, und wir müssen mehr oder weniger im Blindflug und von Angst geschüttelt entscheiden, wenn alle unsere Schmerzpunkte gerade voll und ganz gertriggert werden.
Und genau darum geht es in dem folgenden Kapitel, in dem wir uns damit beschäftigen, die schon erwähnten tiefsitzenden Schmerzpunkte zu identifizieren und zu erkennen, wo genau diese sitzen. Ja, das ist unangenehm und kann auch ziemlich weh tun, aber es sind nun einmal unabdingbare Schritte, um in Richtung eines mutvolleren Lebens aufzubrechen. Kommen Sie mit?
Mut-Momentum:
Stoppen Sie Ihr Kopfkino! Das Ausmalen negativer Szenarien, die höchstwahrscheinlich sowieso nie eintreten werden, vernebelt Ihre Sicht auf mögliche Lösungen, Möglichkeiten und Chancen. | |
Lernen Sie, Ihre Amygdala zu zügeln, damit diese nicht zu oft Alarm schlägt. | |
Welche Ängste könnten in Ihrem Unternehmen kursieren? | |
Gibt es Barrakudas in Ihrer Sichtweite, die Sie zum Wohlbefinden anderer Menschen besser zu blinden Flecken deklarieren? | |
Treffen Sie eine klare Entscheidung, bevor Sie Ihrem Team die anwesenden Barrakudas zeigen. Es kann zum Besten aller sein! |
Anmerkung
1 1 Lungenautomat = Atemgerät und Verbindung zwischen dem Mundstück im Mund und dem Lufttank auf dem Rücken
2 Wo sitzt die Angst? – Schmerzpunkte identifizieren
Ängste präsentieren sich oft auf diffuse und unpräzise Art und Weise. Als irgendwie unangenehmes Gefühl, seltsames Unwohlsein in bestimmten Situationen oder rund um spezifische Gedanken. Wie angesichts der dunklen Gewässer eines tiefen Ozeans erkennen wir meist nicht sofort, was sich unter der nebulösen Oberfläche dieser Gefühle tatsächlich befindet. Wir spüren nur, dass dunkle und ängstliche Gedanken uns im Alltag mehr und mehr hemmen und lähmen, ohne diese Ängste wirklich erfassen zu können. Solange wir uns allerdings gedanklich im Kreis drehen und diese Ängste nicht identifizieren, führen sie uns an der Nase herum. Sie nehmen dann nämlich sehr viel mehr Einfluss auf unsere Entscheidungen, unsere Resultate und auch auf unsere Zukunft, als uns lieb ist. Daher lohnt es sich immer, dem Ursprung und der Quelle von Ängsten auf den Grund zu gehen. Nur die direkte Konfrontation mit unseren ureigenen Zweifeln, Unsicherheiten und Ängsten schafft Klarheit! Genau dort, wo wir den größten Schmerz erwarten, sollten wir besonders tief eintauchen. Und ja, dafür braucht es nebst großer Neugierde auch Mut! Sind Sie dazu bereit? Wagen Sie es, präzise dort in Ihre Gedanken und Ängste einzutauchen, wo Sie sich am verletzlichsten fühlen?
Das Wagnis des tiefen Eintauchens
In meinen Einzelcoachings vergleiche ich diesen Prozess des Eintauchens mit einem Splitter, der in einem Finger steckt. Manchmal bohren sich diese kleinen, unerwünschten Fremdkörper unbemerkt in unsere Haut. Erst Stunden oder Tage später bemerken wir, dass sich da ein kleiner Eindringling eingenistet hat. Mit Pinzette, Nadel und in extremen Fällen sogar mit Hilfe einer Lupe befreien wir den Splitter aus unserem Finger. Diese Dinger sitzen teilweise so tief in unserer Hautschicht, dass wir sie regelrecht »herausoperieren« müssen. Das kann unangenehm schmerzen. Trotzdem ist es notwendig, um eine Entzündung oder gar Blutvergiftung zu vermeiden. Nach diesem Befreiungsakt kann Blut fließen, und wir packen ein Pflaster auf die Wunde. Diese heilt, und nach spätestens drei Tagen haben wir den lästigen Splitter vergessen. Genau das gilt auch für unsere tiefsitzenden Ängste: Erst wenn wir tapfer in unsere empfindlichsten Bereiche eintauchen, diese verstehen, akzeptieren und sie wie den Splitter freisetzen und an die Oberfläche bringen, ist es möglich, die dahinterliegende Angst im ersten Schritt einmal zu erkennen. Ja, dieser Prozess des Eintauchens und Erkennens wird kurzfristig intensive Schmerzen verursachen. Aber er ist unbedingt erforderlich, um zu verstehen, wo Ihre Angst sitzt, und um ihr entschlossen zu begegnen.
Es geht dabei wirklich darum, tief einzuatmen und – wie beim Tauchgang – in das Geflecht der Angst sehr bewusst einzutauchen. Denn wir sind ja im Grunde alle Meister darin, unsere Ängste zu verdrängen und – unbewusst – diverse Kompensationsstrategien zu entwickeln. Das kann funktionieren und in gewissen Fällen sogar die richtige Lösung darstellen. Kritisch wird es jedoch, wenn uns unsere Ängste massiv dabei im Weg stehen, unseren Zielen, Träumen und Sehnsüchten nachzugehen und diese zu erfüllen. Ein Architektur-Fotograf mit Höhenangst ist in seinem Tun und Wirken stark eingeschränkt. Eine Unternehmerin, die oft unterwegs ist und jährlich über 100 Nächte in Hotels verbringt, ist ihrer Angst, alleine zu sein, nahezu »ausgeliefert«. Ein Friseur mit Angst vor Haaren hat nicht die optimale Voraussetzung für eine internationale Hairstyling-Karriere mit Buchungen bei der New Yorker Fashionweek. Eine Fernbeziehung nachhaltig zu pflegen kann mit atemberaubender Flugangst anstrengender werden als es ohne Flugangst der Fall wäre. Erst wenn es so richtig unangenehm und unbequem wird, versuchen die Betroffenen aktiv, ihre Ängste zu mindern oder gar loszuwerden. Aber solange wir uns durch unsere Angst nicht stark eingeschränkt fühlen und unsere Ängste uns meist »in Ruhe« lassen, treten bequeme Vermeidungs- und Kompensationsstrategien auf, die uns »helfen«, weiterhin relativ unbehelligt unseren Weg zu gehen. Dabei stellt sich jedoch eine wichtige Frage: Was wäre, wenn? Was wäre nicht alles möglich, wenn wir gegenüber unseren Ängsten, auch wenn sie uns gerade nicht direkt beeinträchtigen, nicht mehr den Kopf in den Sand steckten und ihnen erlaubten, an die Oberfläche zu driften? Wenn die Selbstzweifel, Unsicherheiten, Ängste und schweren Gedanken, die uns unterschwellig schon lange begleiten, endlich weichen könnten?
Mut.Fragen
Welche Zweifel, Selbstzweifel, Unsicherheiten oder sogar Ängste halten Sie noch davor zurück, im Leben das zu tun, was Sie wirklich wollen? Wie wäre es für Sie, wenn diese Gedanken nicht mehr existierten? Was alles könnte entstehen, wenn Sie nichts, aber auch wirklich nichts, zurückhalten würde?