Lorenz Wenger

Mehr Mut, Mensch!


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geht nicht darum, die berühmte rosarote Brille aufzusetzen und so zu tun, als wäre nichts. Wenn es da etwas gibt, das uns von unseren Träumen, unseren Zielen, Visionen und Sehnsüchten zurückhält, dann sollten wir diesem »Etwas« immer auf den Grund gehen. Auch wenn es schmerzen könnte. Unsere größten Potenziale finden sich oft genau dort, wo unsere größten Zweifel, Schwächen und Ängste liegen. Sie ahnen ja gar nicht, welche bislang unentdeckten Schätze und Potenziale in Ihnen schlummern können. Sind Sie bereit, genau dort hinzusehen, wo es pieksen könnte? Ganz bewusst möchte ich in diesem Buch nicht auf pathologische Ängste, Zwänge, Störungen und therapierbare Phobien eingehen. Gerne überlasse ich dieses Feld den berufenen Therapeuten, Psychologen und Psychiatern unter uns. Mein Anliegen ist es, dass wir unseren alltäglichen Ängsten, wie sie auch jeder gesunde und als psychologisch stabil geltende Mensch hat, auf den Grund gehen, sofern sie uns in unserer beruflichen Entwicklung und in unserem persönlichen Wachstum einschränken. Ich möchte Sie mit diesem Buch ermutigen, Ihren vielfältigen noch versteckten Möglichkeiten, schlummernden Schätzen und Potenzialen auf den Grund zu gehen!

      Zweifel, Ängste, Unsicherheiten und hemmende, zurückhaltende Gedanken gehören genauso zu unserem Alltag wie wohltuende, antreibende Ideen. Sie zu ignorieren, kann kurzfristig gelingen. Langfristig holen uns diese Ängste jedoch immer wieder ein und haben die listige und lästige Eigenschaft, über die Jahre immer größer und größer zu werden, wenn wir uns ihnen verschließen. Daher ist die rosarote Brille keine langfristige Strategie zur Erzielung erfolgreicher Resultate! Wenn Sie aber den Schritt unter die Oberfläche ihrer dunkelsten Gedanken wagen, dann werden Sie neue Klarheit finden, um mit geschärfter Sicht Ihre Ziele in Angriff zu nehmen und Ihre Zukunft mutvoll bei den Hörnern zu packen.

      Mut.Fragen

       Denken Sie darüber nach, ob und wo Sie selbst schon einmal solchen Scheinriesen der Angst begegnet sind wie Jim und Lukas in der Wüste? Wie haben Sie sich gefühlt und woran haben Sie erkannt, dass die Bedrohung gar nicht so immens groß war wie im ersten Moment befürchtet?

      So unterschiedlich wir als Menschen sind, so sind es auch unsere Ängste. Das macht es auch so ungeheuerlich kompliziert. Eine genau gleiche Situation wird von unterschiedlichen Menschen daher völlig unterschiedlich interpretiert und wahrgenommen. So kann ein Kurzflug von Berlin nach Zürich für jemanden mit Flugangst zur Tortur werden, während sein Sitznachbar jedes Luftloch in 10 000 Metern Flughöhe sichtlich genießt. Selbst die Flugangst kann unterschiedliche Ausprägungen haben: Verlustangst (weg von Zuhause, weg von Schatzi, weg vom geliebten Haustier), über Kontrollverlust (»ausgeliefert sein«), schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit (turbulenter Horrorflug mit Blitzeinschlag, Durchstarten bei der Landung) bis hin zur ausführlichen Überlieferung von schlechten Erfahrungen durch Dritte oder auch die klassische Angst vor der tatsächlichen, statistisch verschwindend kleinen Möglichkeit eines Absturzes.

      Klar ist die gemeinsame Ursache dieser drei Ängste die Existenz des Virus. Doch die Form, wie sich diese Angst emotional breitmacht und die Steuerung über unsere Gedanken, Entscheidungen und Handlungen übernimmt, ist höchst individuell. Welche Angst ist nun realer? Wer ist Realist? Wer hat Recht? Wer ist ein Angsthase? Stellen Sie sich vor, wie zwei Menschen miteinander sprechen, die total unterschiedliche Ängste vor dieser Pandemie haben. Solange sie ihre Ängste und Motive nicht selbst kennen und schon gar nicht aussprechen, werden sie sich kaum verstehen. Sie sprechen aneinander vorbei. Doch oft wissen wir selber nicht, was genau nun unsere Angst ist, wo sie herrührt und wie und wo sie ihren Anfang nahm. Daher lohnt es sich in jeder neuen als bedrohlich wahrgenommenen Situation, genauer hinzusehen, einzutauchen und die tatsächlichen Schmerzpunkte zu identifizieren.