Lorenz Wenger

Mehr Mut, Mensch!


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Kinos zu: Es kam der Ton dazu, die Farbe, heute sogar die 3D-Brille, spürbare Bewegungen der Kinosessel, Luftböen und Wassertropfen im Gesicht und wahrnehmbare Gerüche.

      Am Anfang meiner Selbstständigkeit begleitete ich ein größeres Projekt für eine Non-Profit-Organisation im Sehbehindertenbereich. Während dieser Zeit gewann ich einen Einblick in die tägliche Arbeit und Schulung von und mit sehbehinderten und blinden Menschen. Durch die starke Beeinträchtigung ihres visuellen Sinneskanals sind diese Menschen darauf angewiesen, ihre gesunden Sinneskanäle zu schulen und zu kompensieren, um so nicht nur in ihrem Alltag, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt bestmögliche Chancen zu erlangen. Eines Tages durfte ich einem erblindeten Ausbilder dieser Institution über die Schultern schauen, als er an seinem PC etwas vorbereitete. Aus den neben ihm stehenden Lautsprechern erklang eine für mich unverständliche, synthetische Roboter-Stimme. Nicht einmal die Sprache dieser Stimme konnte ich identifizieren. Es stellte sich heraus, dass der Ausbilder sein Bildschirmlesegerät auf ein Tempo von mehr als 400 Wörtern je Minute eingestellt hatte! Für mich war das natürlich viel zu schnell, ich verstand kein Wort, während der Ausbilder täglich in diesem Tempo Dokumente in Excel, Word & Co. hört, versteht und damit arbeitet. Ich war fasziniert und von größtem Respekt erfüllt! Ich fragte ihn, wie lange es dauern würde, das Bildschirmlesegerät in diesem Tempo zu verstehen. Er meinte, dass ein Anfänger mit ca. 150 Wörtern in der Minute startet und er als geübter Ausbilder einfache Texte bis auf 500 Wörter und mehr in der Minute verstehen kann. Dieses Beispiel zeigt beeindruckend auf, wie wir unsere Sinnes-Fähigkeiten gezielt trainieren und ausbauen können.

      »Life is a dive« – Die gewünschte Veränderung liegt oft unter uns

      In ca. 30 Minuten erreichen wir Ras Mohammed, dahinter befindet sich die Bucht von Marsa Bareika. Möglicherweise ist es dort ruhiger und windgeschützter als hier draußen auf offenem Meer. Am Eingang der Bucht liegt der Tauchplatz Ras Za'atar. Ich bin mir sicher, dass die Wellen unter Wasser kaum zu spüren sein werden. Wir werden unseren dritten Tauchgang hier und jetzt in dieser Bucht absolvieren! Der Captain schließt sich meiner Meinung an. Nun gilt es nur noch, meinen seekranken Gästen diesen Plan schmackhaft zu machen! Im Rhythmus der schaukelnden Wellen hangle ich mich also von Gästegruppe zu Gästegruppe, bis ich alle sechzehn Tauchgäste erreicht und meine »Verkaufsargumente« für diesen Tauchgang platziert habe. Ich stoße auf Unglauben und tiefe Ablehnung. Ein Gast ruft »einfach nur weg hier, runter von diesem schaukelnden Boot«. Die meisten stimmen ihm zu. »Genau das ist ja die Idee, wir verlassen das Boot!«, bestätige ich mit strengem Blick und pointiertem Zeigefinger.