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Hospiz ist Haltung


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durch die aktive Unterstützung von zwei Persönlichkeiten aus zwei großen Krankenkassen möglich gewesen war. Die Politik, besser gesagt das Bundesministerium, hatte sich zunächst dagegen gesperrt mit der Begründung, die Krankenkassen würden nicht mitziehen. Durch die Vor- und Zuarbeit der Kassenfachleute konnte der Vorbehalt im Ministerium ausgeräumt werden.

      Noch vor meinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2005 waren es organisationsinterne Aktivitäten, die ich dann noch im Vollzug, schon als Mitglied des Vorstands, weiter begleiten konnte.

       Von der BAG zum DHPV

      Dazu zählen die Namensänderung und die Verlegung des Sitzes nach Berlin, wo ich die Anliegen von Frau Graf in meiner Beratungsfunktion unterstützen konnte. Bei der Namensänderung war meine Intention nicht so sehr die Hervorhebung des Begriffs „Palliativ“. Für mich war wichtig, dass die unverbindliche Struktur „Arbeitsgemeinschaft“ durch „Verband“ ersetzt wird, um erfolgreicher und klarer die Vertretung der Hospizarbeit in Berlin wahrnehmen zu können. Genauso wichtig war es mir, den Begriff „Deutscher …“ in den neuen Namen aufzunehmen.

      Eine weitere Aktivität galt den Finanzen. In der größten Not der BAG habe ich in der Mitgliederversammlung in Würzburg zwei Anträge eingebracht. Der erste betraf eine Kollekte bei allen Einrichtungen, die der BAG immerhin eine beachtliche Summe einbrachten. Der zweite Antrag war die Aufforderung an den Vorstand, eine eigene Stiftung zu gründen, um mittel- und langfristig die Bundesarbeit finanzieren zu können. Ein Thema, das jetzt 2009 in meiner Funktion als Stellvertretender Vorsitzender abgeschlossen werden konnte.

      Durch meine vielfältigen, sehr gepflegten und langjährigen Kontakte konnte ich 2008, noch mehr 2009, die Gesetzgebungsverfahren mitprägen. Ein neues Erlebnisfeld tat sich auf, in dem ich nun selbst als „Lobbyist“ der Hospizbewegung erfolgreich arbeite. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man sein Können und Wissen aus zwei Bereichen für ein Ziel einbringen kann.

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       Prof. Dr. Marie-Luise Bödiker,

       Forscherin auf dem Gebiet

       Forschungsschwerpunkt: Umgang mit Verlusterfahrung (Sterben, Tod und Trauer). In den 70er Jahren durch Sterbe- u. Trauerbegleitung zur Hospizarbeit gekommen. In den 90er Jahren lag der Schwerpunkt auf Supervision, Aus- und Fortbildung sowie Trauergruppenarbeit. Sie möchte die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen dazu ermutigen, sich aktiv an der Entwicklung und Gestaltung von Hospizen und palliativen Einrichtungen in Deutschland zu beteiligen. Es ist ihr ein Anliegen, den Selbstwert, das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein der Ehrenamtlichen zu stärken.

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      1.6Entwicklung stützend begleiten

       Stoßseufzer einer alten, im Hospizdienst ergrauten, ehrenamtlichen Mitarbeiterin1

      An der Hospizbasis ist es unruhig. Es gibt Spannungen. Unzufriedenheit, Unmut, ja Ärger breitet sich aus. Viele HospizmitarbeiterInnen fühlen sich und die Ziele, für die sie einmal angetreten sind, schlecht vertreten, eingespannt für bestimmte Interessengruppen.

      Seitdem es Geld gibt – so hört frau landauf, landab – geht es mit der Hospizarbeit bergab.

      Der Wind ist rauer geworden.

      Palliative Vertreter registrieren eine mindestens unterschwellige Animosität von Seiten der HospizmitarbeiterInnen und empfinden diese zunehmend als „lästig“.

      Auf der anderen Seite gibt es die Ehrenamtlichen, die das „sich Breitmachen“ sowie die Ignoranz gegenüber hospizlichen Haltungen verunsichert; sie beklagen sich und natürlich sind sie auch empört und verletzt über den Versuch ihrer Abwertung und Marginalisierung innerhalb der Hospizbewegung.

       Die derzeitige Lage

      Ein Blick auf die Lage:

      1Die Situation sterbender Menschen und ihrer Angehörigen hat sich verbessert. Das hat zweifelsohne mit einer veränderten Einstellung gegenüber dem Umgang mit Sterben und Tod – aber auch mit Geld zu tun. Geld weckt jedoch Begehrlichkeiten und Konkurrenz.

      2Es hat auch mit Ansehen und Achtung gegenüber gesellschaftlichem Engagement und dem Ansehen bestimmter Berufsgruppen zu tun. Und die Arbeit von Ehrenamtlichen (im Hospiz) hat in der Bevölkerung ein hohes Ansehen, höher als das der Ärzte und PflegerInnen – ob berechtigt, sei dahingestellt.

      3Die Umstrukturierung der BAG zum DHPV hat Veränderungen bezüglich der Ziele und Schwerpunkte gebracht, die sicher nicht von allen bis zur letzten Konsequenz bedacht wurden, z. B. die Betonung der politischen und der palliativen Schiene. Pflegebedürftigkeit am Lebensende bedeutet nicht unbedingt Palliativversorgung. Palliativmedizin und -pflege brauchen sehr großzügig geschätzt ca. 5 % der sterbenden Menschen.

      Somit ist die Schnittmenge zwischen Palliativ- und Hospizversorgung relativ gering.2 Wenn wir aber Raumvolumen, Sprechzeiten und Zeichenzahl betrachten, kann man / frau sich des Gefühls nicht erwehren, dass es hier nicht um 5 % sondern um 95 % geht.

      Offensichtlich haben sich Schwerpunkte verändert. Werte kommen ins Wanken, die betoniert schienen, und die herablassende Sicht, dass die Alten den neuen Zeiten nicht gewachsen sind und keine ausreichende Professionalität besitzen, um diese Entwicklung stützend zu begleiten, ist wenig geeignet, Wogen zu glätten.

      Auf Seiten der HospizmitarbeiterInnen wird zu Recht beklagt, dass über sie in der Regel nur von anderen geschrieben oder gesprochen wird, sie selbst praktisch aber keine Stimme haben.

       Hospizarbeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit

      Darum jetzt auch stellvertretend diese Stoßseufzer – in Ausschnitten:

      ¤„Ach, könnte das schön sein...“

      ¤Wenn Palliativmediziner ihre Themen in „berufsständischen Kreisen“ diskutierten und fortentwickelten.

      ¤Wenn manche Ärzte ihre Rollendiffusion – bedingt durch Mehrfachbesetzung (Palliativmediziner, LAG- und / oder Hospiz-Vorsitz, niedergelassener Arzt... alles in einer Person) nicht zu Lasten der Hospizbewegung ausleben würden. Was gut für Palliativ-Ärzte ist, ist noch lange nicht gut für sterbende Menschen und auch nicht unbedingt für ein Hospiz /eine Hospizgruppe.

      ¤Wenn Ärzte und Pflegende sich als Dienstleister medizinischer Heil- und Pflegeberufe sehen könnten, diese Rollen auch leben würden entsprechend den Erwartungen sterbender Menschen und betroffener Angehöriger.

      ¤Wenn Hauptamtliche die Werte Partizipation und Transparenz in der Begleitung sterbender Menschen nicht nur kennen, sondern auch leben würden.

      ¤Wenn Sterbende in Ruhe sterben dürften und Pflegende akzeptieren könnten, dass sie sich nicht an sterbenden Menschen „abzuarbeiten“ brauchen, da diese weniger Pflege benötigen und auch wollen, aber versorgungsfreie Räume bräuchten, um nach innen wachsen zu können.

      ¤Wenn Sterbende und Angehörige nicht mit der Haltung konfrontiert würden, sie sollten sich den Medizinern überlassen, das gehöre zum Loslassen und das wiederum zum guten Sterben – compliance hat nun wirklich nichts mit „gutem Sterben“ zu tun.

      ¤Wenn Palliativpflege und andere sich nicht so sehr für die Qualifikation der ehrenamtlichen Hospiz-MitarbeiterInnen und Qualität der Hospiz-Arbeit interessieren würden (denn Palliativmedizin und Palliativpflege umfassen nur einen kleinen Teil von Hospizarbeit). Wir sind sehr wohl fähig und auch willens, das selbst zu tun, in der Hoffnung, dass sich die palliativen Ausbildungen wenigstens mit den Mindeststandards hospizlicher Werte auseinandersetzen, bevor sie „unser Pferd reiten“.

      ¤Wenn hauptamtliche MitarbeiterInnen dafür Sorge tragen könnten, dass mit den sterbenden Menschen und ihren Angehörigen gesprochen wird und nicht über sie.

      ¤Wenn Themen