Adharanand Finn

Ekiden


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Süßigkeiten kleiner als in anderen Ländern. Dazu kommt, dass salzige Snacks nicht aus Chips oder Wurstsemmeln bestehen, sondern aus Reisbällchen, die mit fermentierten Pflaumen oder Fisch gefüllt und in Seetang oder Tofu eingewickelt sind.

      Ich habe einmal den angesehenen Ernährungswissenschaftler Tim Noakes dazu befragt, was er von der japanischen Kost hält und ob diese Ernährungsweise der Verbesserung der sportlichen Leistung dienen könnte. Seine Antwort war, dass sich diese Ernährung „großartig“ anhört.

      Dr. Kevin Currell, der Leiter der Abteilung für Performance Nutrition am English Institute of Sport, stimmt dem zu: „Es ist eine exzellente Kombination aus Nahrungsmitteln für jeden Athleten. Die richtige Mixtur aus Kohlenhydraten, Proteinen und Gemüse – und am wichtigsten ist, dass das Essen von guter Qualität und frisch zubereitet ist, denke ich. Das ist die Ernährungsweise, die wir unseren Athleten empfehlen würden.“

      Nach meinen sechs Monaten in Japan, in denen ich mich größtenteils von der traditionellen japanischen Küche ernährte – außer zum Frühstück, wenn ich Toast und Porridge aß, weil mein Gaumen am Morgen so sehr an Süßes gewöhnt ist –, wog ich weniger als jemals zuvor in meinem Erwachsenenleben (67 Kilo – als wir von England losfuhren, hatte ich 73 Kilo). Obwohl ich einen großen Teil dieser sechs Monate mit Laufen verbrachte, trainierte ich aber nicht härter als in den letzten beiden Jahren zuvor in England. Selbst als ich für den London Marathon trainierte und wirklich viel lief, wog ich nie unter 71 Kilo.

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      Nach dem Abendessen ziehen sich die Athleten auf ihre Zimmer zurück. Max und ich haben ein Zimmer, das wir uns teilen. Es ist im typisch japanischen Stil gehalten und besteht aus einem Boden mit Tatamimatten und einem Schrank mit Bettzeug. Für Max und mich ist es noch zu früh, schlafen zu gehen, und so erkunden wir in unseren Hausschuhen ein wenig das Haus.

      Unten wurde ein Behandlungsraum eingerichtet. Die Tür steht offen, und ich stecke meinen Kopf hinein. Auf dem Tisch wird gerade einer der Läufer von einem Trainer massiert. Eine Assistentin, eine Studentin, massiert einen anderen Läufer, der am Boden liegt. Ein gedrungener Student mit Brille untersucht derweilen sein Knie mit einem Ultraschallgerät, während der Rest derer, die sich in dem Raum befinden, rundherum am Boden sitzen und sich unterhalten. Kenji sitzt auch am Boden. Sein Laptop steht geöffnet vor ihm, und er gibt die gestoppten Zeiten von heute in eine Tabelle ein.

      „Komm rein“, sagen sie und machen ein wenig Platz. Meine Anwesenheit sorgt für ein kurzes Schweigen im Raum. Ich kann förmlich sehen, wie der eine oder andere versucht, sich einige Worte auf Englisch zu überlegen.

      „Itai?“, frage ich den Läufer mit dem Ultraschallgerät. Tut es weh?

      Alle beginnen zu lachen. Ich bin unsicher, ob dies an meinem Versuch, Japanisch zu sprechen, liegt, oder an der Idee, dass das Gerät Schmerzen bereiten könnte. Vielleicht liegt es auch nur an der generellen Verlegenheit.

      Glücklicherweise erscheint kurz darauf Max. Alle sind erleichtert, da dies die Kommunikation deutlich erleichtert, und es wird wieder gelacht und geblödelt. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen. Man entspannt zusammen und genießt das Beieinandersein.

      Die Späßchen, die entspannte Atmosphäre sind Teil des Mannschaftsgeistes, den Kenji zu fördern versucht. Andere Coaches seien viel ernster, sagt er, viel strikter. Ich frage ihn, ob er in seiner aktiven Zeit gerne an diesen Laufcamps teilnahm. Da weiten sich seine Augen.

      „Nein“, sagt er und schüttelt dabei den Kopf. „Es war immer sehr, sehr ernst. Kein Spaß.“

      Dann sagt er etwas zu Max. Er will, dass wir uns ein Video auf seinem Computer ansehen. Wir setzen uns um seinen Laptop, und er zeigt uns eine alte, verschwommene Aufnahme eines Bahnrennens. Es ist das 10.000-Meter-Finale bei den Asienspielen von 1998. Man sieht einen jungen Japaner mit einer Halskette am Start stehen. In seinem Gesicht ist die Anspannung bemerkbar, als er seine Backen aufbläst. Es ist Kenji.

      Ungeduldig spult er die erste Hälfte des Rennens vor, in der sich eine Gruppe von sechs Läufern, einschließlich Kenji, vom Rest des Feldes absetzt.

      „Okay“, sagt er und lehnt sich etwas zurück, als die Läufer auf dem Bildschirm die Hälfte des Rennens hinter sich haben. Bei der 5000-Meter-Marke setzt sich Kenji an die Spitze der Gruppe und verschärft das Tempo, dabei bewegen sich seine Schultern im Takt vor und zurück. Aber das Rennen dauert noch lange.

      Wir drängen uns um den Laptop. Wir sehen, wie Kenji das Tempo weiter erhöht, bis ihm nur mehr ein Läufer folgen kann. Es ist ein hochgewachsener Läufer aus Katar.

      „Rivale“, sagt Kenji und deutet auf den Mann.

      Während man dem jungen Kenji die Anstrengung und Nervosität ansieht und sich seine Arme wie die Kolben eines Motors auf und ab bewegen, sieht der Läufer aus Katar selbstsicher und entspannt aus und wartet geduldig auf den richtigen Moment. Ein Szenario, das wir schon unzählige Male gesehen haben. Fast immer gewinnt der Läufer, der an zweiter Stelle liegt.

      Mit noch einer Runde zu laufen, liegt der Mann aus Katar nun gleichauf mit Kenji, der allerdings noch einmal das Tempo steigert. Nach der letzten Kurve starten beide ihren Endspurt. Sie fliegen nur so dahin, der Katarer neben Kenji. Doch Kenji lässt ihn nicht vorbei. Es sieht fast so aus, als wäre da eine unsichtbare Hand, die Kenji ausstreckt, um seinen Konkurrenten zurückzuhalten. Beide sind am Ende ihrer Kräfte, als sie die Zielgerade Seite an Seite und vorbei an überrundeten Läufern entlangsprinten. Noch immer sieht es so aus, als würde der Katarer jede Sekunde vorbeigehen. Doch Kenji findet noch ein letztes Mal die Kraft für einen kurzen Antritt und überquert mit erhobenen Armen als Erster die Ziellinie. Die japanischen Kommentatoren applaudieren nur. Sie sprechen kein Wort. Es war ein unglaubliches Rennen.

      Es scheint, als ob die anderen Anwesenden das Video bereits kennen, denn sie sagen eigentlich kaum etwas dazu und wenden sich wieder anderen Dingen zu.

      „Großartiges Rennen“, sage ich zu Kenji. „Ich dachte wirklich, dass er dich am Ende noch überholt.“

      „Ich habe wegen dem Ekiden-Training gewonnen“, sagt er. „Beim Ekiden lässt du niemanden an dir vorbei.“

      3 In jenem Jahr, 2013, kamen 13 der Top 20 Marathonläufer der Welt aus Kenia. Die anderen sieben waren Äthiopier, die ebenfalls weicheren Boden im Training bevorzugen.

      4 Die dickste Nation der Welt war Mexiko mit 32,8 Prozent an Übergewichtigen, gefolgt von den USA mit 31,8 Prozent.

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