Julia Buchebner

Innen wachsen – außen wirken


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und Not ist und in der alles Leben gedeihen kann. Eine Welt, die frei von Furcht und Gewalt ist. Eine Welt, in der alle Menschen lesen und schreiben können. Eine Welt mit gleichem Zugang zu hochwertiger Bildung, zu Gesundheitsversorgung und Sozialschutz. Eine Welt, in der das körperliche, geistige und soziale Wohlergehen gewährleistet ist. Eine Welt, in der wir unser Bekenntnis zum Menschenrecht auf einwandfreies Trinkwasser und Sanitärversorgung bekräftigen und in der erschwingliche und nährstoffreiche Nahrungsmittel in Fülle und für jeden vorhanden sind. Eine Welt, in der die menschlichen Lebensräume sicher, widerstandsfähig und nachhaltig sind und in der alle Menschen Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher und nachhaltiger Energie haben.«26 Diese Zeilen sind keineswegs nur das Wunschdenken von ein paar weltfremden Träumern. Nein. Sie finden sich etwa in der Präambel der wegweisenden Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN).

      Deshalb möchten wir dich fragen: Ist es denn nicht dieses »gute Leben für alle«, nach dem wir Menschen uns eigentlich sehnen? Wollen wir denn nicht alle in einer Welt leben, in der auch unsere Kinder noch die unschätzbare Schönheit des Planeten mit eigenen Augen sehen und erfahren können? Wünschen wir uns denn nicht alle dieses Leben aus dem Herzen, das uns friedfertig, liebevoll und mitfühlend mit unserer Mitwelt sein lässt? Wollen wir denn nicht alle diese großzügigen Menschen sein, die lieber schenken als gierig horten? Wollen wir nicht viel lieber eine Wirtschaft in Richtung Gemeinschaftlichkeit und Kooperation aufbauen, als weiterhin auf Profit und Konkurrenz zu setzen? Und ist es nicht unser tiefster und sehnlichster Wunsch, die unbändige Liebe, die tief in jedem von uns verborgen liegt, zu verschenken und auszudehnen, auf alles, was lebt? Wir Autoren sagen Ja!

      Was wir als Gesellschaft daher brauchen, ist eine grundlegende Neuausrichtung all unserer Handlungen, wie es übrigens schon im Jahr 2000 in der visionären Erd-Chartaa geschrieben steht.27 Dieser Wandel muss sowohl breite strukturelle und systemische Alternativen hervorbringen, als auch die destruktiven Paradigmen in unseren Köpfen in lebensdienliche Welt- und Wertebilder überführen. Die ökologischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen, ethischen und spirituellen Probleme und Hoffnungen der Menschheit sind eng miteinander verbunden, sie können nicht voneinander getrennt betrachtet werden.28 Dementsprechend können sie auch nicht einzeln gelöst werden. Weshalb es erforderlich ist, einen umfassenden Blick auf das Ganze zu entwickeln.

      In einer so vernetzten und komplexen Welt wie der unsrigen hängen beispielsweise Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden eng zusammen mit dem Schutz der Natur und dem wirtschaftlichen Wohlergehen. Viel zu lange haben wir die Welt in kleine Stückchen, in einzelne Disziplinen geteilt und uns gegen den Blick über den Tellerrand gewehrt. Nun aber ruft die Welt nach globaler Partnerschaft und Zusammenarbeit, um umfassende Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden und realisieren zu können.

      Wenn wir als Menschheit auf diesem Planeten also noch lange weiterbestehen wollen, so müssen wir erkennen, dass wir trotz aller Vielfalt an Kulturen und Lebensformen letztlich eine Familie sind. Eine globale Gemeinschaft, die einer gemeinsamen Herausforderung gegenübersteht. Da wir alle denselben Planeten bewohnen, teilen wir »die Sorge um das gemeinsame Haus«, meint etwa Papst Franziskus in seiner berühmten, 2015 veröffentlichten Enzyklika »Laudato si«29.Wir müssen also zusammenarbeiten, um jene Gesellschaft zu erschaffen, die wir uns im Grunde alle wünschen. Eine Gesellschaft, in der die Natur und die Menschenrechte, die soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit und eine Kultur des Friedens gewahrt werden.

      Um diese Wünsche zu verwirklichen, müssen wir eine neue Wahl treffen und uns mit der ganzen Weltgemeinschaft und mit allem Lebendigen genauso verbinden wie mit unseren lokalen Gemeinschaften vor Ort. Wir sind Bewohner verschiedener Nationen und gleichzeitig der einen Welt. Und so sind wir als Weltbürger mitverantwortlich für das gegenwärtige und künftige Leben auf der Erde, und es ist unabdingbar, dass wir als Bevölkerung der Erde gemeinsam Verantwortung übernehmen. Und zwar für uns selbst, füreinander, für die größere Gemeinschaft allen Lebens und auch für künftige Generationen. Denn eine Welt, in der die negativen Auswirkungen unseres Lebensstils und unserer Wirtschaftsweisen alle betreffen, erfordert einen globalen Masterplan. Einen Masterplan, der aus einer globalen Perspektive der Gerechtigkeit heraus entworfen und umgesetzt wird.

      Einen vielversprechenden Ansatz dazu liefern etwa die Sustainable Development Goals, die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, kurz SDGs genannt. Diese wurden 2015 von den Vereinten Nationen in ihrer »Agenda 2030« verabschiedet. Anhand von 17 Zielen und 169 Subzielen beschreiben sie, wie die »Transformation unserer Welt« aussehen kann, in der »people, planet and profit« – also Mensch, Natur und Wirtschaft – im Einklang miteinander stehen. Dabei werden neben sozialen Themen wie Armut, Bildung und Gleichstellung auch ökonomische Fragen, wie nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, und ökologische Themen, wie der Schutz und die Regeneration der Ökosysteme, behandelt. – Ein wichtiger Meilenstein, wie wir finden! Alle 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen haben die Agenda unterzeichnet und bekennen sich damit zur Umsetzung der Ziele auf nationaler wie internationaler Ebene.30

       Mut zur eigenen Vision

      Auf globaler Ebene gibt es sie also bereits, die Vision einer besseren und nachhaltigeren Welt. Wie aber sieht es auf der individuellen Ebene aus? Welche Zukunftsbilder tragen wir Menschen in uns? Kann die Utopie einer regenerativen Gesellschaft überhaupt funktionieren, oder sind wir als Individuen viel zu verschieden, um uns auf eine gemeinsame Zukunftsvision einzulassen? Diese Frage lässt sich wohl nicht vollständig beantworten. Mit dem folgenden Erlebnisbericht möchten wir dir jedoch Mut machen und zeigen, dass viel mehr möglich ist, als wir uns oft vorstellen können.

      Im September 2020 hatte ich, Julia, die große Freude, beim Zukunftsdialog im Rahmen des Projekts »Tales of Tomorrow«b 23 Jungpolitiker und Jugendvertreter, Männer wie Frauen, aus den verschiedenen politischen Lagern mit einer meditativen Visionsreise ins Jahr 2035 zu entführen. Auf den Flügeln unserer Vorstellungskraft reisten wir in die Zukunft, öffneten uns für unsere eigenen Träume und Visionen und teilten diese den anderen im Anschluss mit.

      Zugegeben war ich im Vorfeld schon unsicher, ob sich die Teilnehmer für diese unkonventionelle Methode öffnen würden und die Visionsreise in diesem kurzen Rahmen denn überhaupt funktionierte. Meine Bedenken waren schnell verflogen, denn die Ergebnisse waren wirklich verblüffend. Nicht nur, dass sich der Großteil der Teilnehmer gut einlassen konnte, sie alle hatten auch sehr ähnliche Visionen und Vorstellungen.

      Ich dachte, wie kann es sein, dass Menschen aus so unterschiedlichen politischen Lagern, mit so verschiedenen ideologischen Hintergründen, von ein und derselben Zukunft träumen? Wie kann es sein, dass eine so bunt gemischte Gruppe von Menschen die gleichen Bilder über die Zukunft empfängt? Meine Erklärung dafür ist, dass wir Menschen uns im Herzen oft viel näher sind, als es der Verstand je vermuten würde. Der Verstand zieht ideologische Grenzen, unterscheidet zwischen »wir« und den »anderen«, teilt die Welt und die Menschen sozusagen in Schubladen ein.

      Die tiefere Weisheit in uns kennt diese Trennungen allerdings nicht. Wir alle sehnen uns nach einer lebenswerten und liebevollen Zukunft. Nach einem Leben im Einklang mit uns selbst und der Natur. Nach einer Welt voller Wertschätzung und Miteinander. Nach Sinn und Freude im täglichen Tun. Leider sprechen wir viel zu selten über diese Träume. Dabei würden wir darin so viel Verbindendes finden! Wir würden sehen, dass wir viel mehr gemeinsam haben, als wir denken. Wir würden viel motivierter an einem Strang ziehen – jeder mit anderen Zugängen und Methoden, aber alle fokussiert auf das gemeinsame Ziel. Genauso, wie wir es damals beim Zukunftsdialog erleben durften.

      Für einen Einblick in die Ergebnisse dieser Visionsreise habe ich die Erlaubnis eingeholt, einige Auszüge aus der gemeinsamen, parteiübergreifenden Vision zu teilen, die die Jungpolitiker und Jugendvertreter an besagtem September-Wochenende geschmiedet haben. Die Vision ist aus der Sicht des Jahres 2035 formuliert. Möge sie auch deine inneren Bilder beflügeln und dir ein Gefühl vermitteln, wie eine nachhaltige Zukunft aussehen könnte.31

       Das Jahr 2035:

       Unsere Städte sind überall von Grün bedeckt: auf den Dächern, an den Fassaden, zwischen den Häusern und auf öffentlichen Plätzen. Die Stadt ist zu