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Pragmatikerwerb und Kinderliteratur


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with autism. In: Horst, Jessica S./Houston-Price, Carmen (Hg.): An Open Book: What and How Young Children Learn from Picture and Story Books. Lausanne: Frontiers Media.

      Vogt, Swetlana/Indefrey, Peter (2017). Metaphernerwerb: eine empirische Studie bei Kindern im Alter von sechs bis vierzehn Jahren. Metaphorik.de 27, 71–106.

      von Lehmden, Friederike/Kauffeldt, Johanna/Belke, Eva/Rohlfing, Katharina (2013). Das Vorlesen von Kinderbüchern als implizites Mittel zur Sprachförderung im Bereich Grammatik. Praxis Sprache 58, 18–27.

      Wasik, Barbara A./Bond, Mary Alice (2001). Beyond the Pages of a Book: Interactive Book Reading and Language Development in Preschool Classrooms. Journal of Educational Psychology 93 (2), 243–250.

      Whitehurst, G.J./Falco, L.F./Lonigan, J.C./Janet Fischel, Janet/Debaryshe, Barbara/Valdez-Menchaca, C.M./Caulfield, Marie (1988). Accelerating language development through picture book reading. Developmental Psychology 24 (4), 552–558.

      Walsh, Sue (2003). „Irony? – But Children Don’t Get It, Do They?“: The Idea of Appropriate Language in Narratives for Children. Children’s Literature Association Quarterly 28 (1), 26–36.

      Walsh, Sue (2016). Gender and irony: children’s literature and its criticism. Asian Women 32 (2), 91–110.

      Wieler, Petra (1997). Vorlesen in der Familie. Fallstudien zur literarisch-kulturellen Sozialisation von Vierjährigen. Weinheim, München: Juventa.

      Zufferey, Sandrine (2015). Acquiring Pragmatics. Social and cognitive perspectives. London, New York: Routledge.

      Implikaturenerwerb und die Interpretation herausfordernder Bilderbücher

      Bettina Kümmerling-Meibauer & Jörg Meibauer

      Abstract: In the course of language acquisition, the acquisition of conversational implicature is a major challenge for the child. This contribution argues that so-called challenging picturebooks may constitute an important input in this regard, since they show marked patterns on the level of texts, pictures, and text-picture-combinations. Thus, the maxim of manner or a principle of markedness may be acquired with the help of this input and/or is functional in the interpretation of the respective aesthetic phenomena.

      Keywords: challenging picturebooks, conversational implicatures, markedness, maxim of manner, pragmatic acquisition

      1 Einleitung

      Die Theorie der konversationellen Implikaturen gehört zu den Grundpfeilern der linguistischen Pragmatik (Grice 1989). Die moderne Abgrenzung zwischen Semantik und Pragmatik stützt sich wesentlich auf die Grice’sche Unterscheidung zwischen dem Gesagten (‚what is said‘) und dem Implikatierten (‚what is implicated‘); beides zusammen macht die Sprecherbedeutung (‚speaker meaning‘) aus. Im Spracherwerb lernen Kinder nicht nur, das Gesagte zu interpretieren und zu produzieren, sondern auch das Implikatierte. Viele empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass pragmatische Prozesse des Spracherwerbs früh beginnen, aber lang andauern. Dies gilt auch für den Bereich der konversationellen Implikaturen, zum Beispiel Metapher, Ironie und skalare Implikaturen (Zufferey 2015: 97–156).

      Das gemeinsame Betrachten von Bilderbüchern etwa ab dem Alter von 12 Monaten kann als ein spezifischer pragmatischer Input im Spracherwerb aufgefasst werden. Dies betrifft nicht nur die externe Pragmatik, also pragmatische Prozesse zwischen dem Kind und einer älteren Vermittlungsperson (z. B. Geschwister, Freunde, Eltern, Großeltern, Erzieher), sondern auch die interne Pragmatik, also solche pragmatischen Prozesse, die im Bilderbuch dargestellt werden. Praktisch alle narratologischen Dimensionen (z. B. Dialog, Redewiedergabe, Perspektive, Emotion und Empathie) haben auch eine pragmatische Seite, so dass die Annahme, dass gemeinsames Lesen von Bilderbüchern schon früh eine Quelle des pragmatischen Lernens, aber auch des Literaturerwerbs ist, nicht unplausibel ist.

      Die literarische Pragmatik untersucht unter anderem, wie ästhetische Effekte mit Grice’schen Maximen oder Prinzipien zusammenhängen (Warner 2013). Geht man davon aus, dass literarische Kommunikation zwischen einem Autor/Erzähler und einem Leser grundsätzlich den allgemeinen Kommunikationsprinzipien unterworfen ist, ist die Anwendung der Grice’schen Theorie auf die Produktion und Interpretation von Literatur nur konsequent. Angesichts des Umstands, dass einerseits Fiktionalität auch eine Eigenschaft von gesprochener Alltagssprache sein kann, anderseits literarische Texte auch faktional sein können, sollte der spezielle kognitive Status der Literatur kein Hindernis für die Anwendbarkeit der Grice’schen Theorie auf literarische Kommunikation sein (Weidacher 2017). Im Gegenteil kann man hoffen, dass auf diese Weise eine präzisere Rekonstruktion einiger ästhetischer Phänomene möglich ist (Chapman 2014, Dynel 2018).

      Grice (1989) nimmt vier Maximen an, nämlich die Maximen der Quantität, Qualität, Relation und der Art und Weise, die dem Kooperationsprinzip zugeordnet sind. Diese Maximen spielen eine zentrale Rolle in der rationalen Rekonstruktion des mit einer Äußerung in einer bestimmten Sprechsituation Gemeinten (Meibauer 2018). In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf die Maxime der Art und Weise (‚maxim of Manner‘) bzw. das M-Prinzip (Grice 1989, Levinson 2000). Man kann diese Maxime als stilistische Maxime begreifen, weil sie sich nicht wie die anderen Maximen auf den Inhalt des Gesagten, sondern die Art und Weise, wie etwas gesagt wird, bezieht. Der Begriff der Markiertheit ist hier einschlägig: Wenn ein Ausdruck markiert ist im Vergleich mit alternativen Ausdrücken, muss eine spezielle Bedeutung vom Leser abgeleitet werden.

      Solche markierten Bedeutungen tauchen schon früh in Bilderbüchern für Kinder auf. Das ist erstaunlich, denn die Ableitung anderer implikaturbasierter Bedeutungen, zum Beispiel bei skalaren Implikaturen (Maxime der Quantität/Q-Prinzip), ist nicht einfach zu erwerben und bedarf langjähriger sprachlicher Erfahrung. Bei den folgenden Überlegungen konzentrieren wir uns auf eine Gruppe von Bilderbüchern, die man in den letzten Jahren als herausfordernde Bilderbücher (‚challenging picturebooks‘) bezeichnet hat (Evans 2015a). Mit „Herausforderung“ ist zunächst einmal gemeint, dass diese Bücher – anders als man es von gewöhnlichen Bilderbüchern erwarten würde – Themen wie Tod, Sexualität oder psychische Krankheiten wie Depression aufgreifen und dazu auch ästhetisch herausfordernde künstlerische Strategien verwenden. Nach Evans (2015b: 5–6) sind dies Bilderbücher, die man als seltsam, ungewöhnlich, kontrovers, beunruhigend, schockierend, störend, merkwürdig, anspruchsvoll oder philosophisch charakterisieren kann. Man kann auch sagen, dass es sich um Bilderbücher handelt, die ‚normale‘ Erwartungen (von erwachsenen Gatekeepern) verletzen und deshalb markiert sind.

      Wir möchten aber vor allem fragen, in welchen kognitiven Hinsichten ein herausforderndes Bilderbuch eine Herausforderung für ein Kind in einem bestimmten Entwicklungsstadium ist und welche besonderen Lernmöglichkeiten sich aus einem entsprechenden Bilderbuch ergeben mögen (Kümmerling-Meibauer/Meibauer 2013, Kümmerling-Meibauer et al. 2015).

      Wir werden im Folgenden Markiertheit auf den Ebenen des Texts, des Bildes und der markierten Kombination beider Ebenen analysieren. Unsere wesentliche These ist, dass die künstlerische Konstruktion der „Herausforderung“ einerseits Fähigkeiten der Interpretation von Markiertheit voraussetzt, andererseits aber diese auch unterstützt und begünstigt, so dass sich Effekte des literarischen Lernens ergeben können. Damit ist auch ein Anschluss an eine kognitive begründete Theorie des Literaturerwerbs gegeben.

      Im nächsten Abschnitt gehen wir genauer auf die Maxime der Art und Weise und das M-Prinzip ein. In Abschnitt 3 stellen wir exemplarisch einige Fälle vor, in denen (a) Markiertheit auf der Textebene, (b) Markiertheit auf der Bildebene und (c) Markiertheit bei Text-Bild-Kombinationen vorliegen. In Abschnitt 4 kommen wir auf den Maximenerwerb zurück und überlegen, inwiefern Kinderliteratur dafür ein literarischer Input sein kann. Überlegungen zu einer möglichen experimentellen Überprüfung runden den Beitrag ab.

      2 Die Grice’sche Maxime der Art und Weise

      Grice (1989: 27) schlägt die folgende Formulierung der Maxime der Art und Weise vor und illustriert Ausbeutungen dieser Maximen mithilfe einer Reihe von Beispielen (Grice 1989: 35–37). Zum Beispiel