Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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herrliche Gedicht wurde laut bejubelt. Nun gab es noch einen Streit, wer den Vers an den Straßenecken durch die große Tüte ausrufen sollte.

      »Ich muß es tun«, meinte Eva Graumann. »Die Tüte bringe ich mit. Meine Schwester hat sie zum Schulanfang bekommen. Sie ist rot und mit bunten Bildern bemalt.«

      »Meinetwegen«, entschied Pommerle. »Zuerst blase ich kräftig auf der Mundharmonika, damit die Leute aufpassen, dann mußt du losschreien.«

      »Und ich?« fragte Lotte Mürsel weinerlich.

      »Du setzt dich im rosa Kleid auf den Maulesel. – Das wird fein, und viele Leute kommen zu uns!«

      Während die Angelegenheit weiter beraten wurde, waren sich die Knaben über die Darbietungen des Zirkus einig geworden. Man brauchte die Mädchen gar nicht. Eine sollte an der Kasse sitzen, die zweite die Eintrittskarten abreißen und Plätze anweisen. Eine mußte beim Ankleiden helfen, und die beiden anderen sollten Erfrischungen umhertragen. Man würde der Mutter Himbeersaft abbetteln, vielleicht auch eine Zitrone, dann konnte man Getränke für teures Geld verkaufen.

      »Ihr anderen zwei verkauft die Lose. Ihr sollt mal sehen, was das für 'ne Sache wird!«

      Alle Anwesenden waren begeistert. Auf der großen Wiese, die zum Besitz des Sägemüllers Graumann gehörte, ließ sich der Zirkus prächtig errichten. Bretter gab es dort genug, die man auf Holzklötze legte. Das waren die Sitzgelegenheiten für die Zuschauer. Eva meinte, der Vater werde ihnen genügend Bretter geben. Zwischen den Bäumen ließ sich das Zelt spannen, in dem die Vorführungen stattfanden. Für den morgigen Tag war es freilich unmöglich, weil noch zu viele Vorbereitungen notwendig waren.

      »Wir bauen das Zelt über unserem Barren auf. Dort machen wir Handstand und anderes.«

      »Es wird immer großartiger«, meinte Pommerle strahlend, »und den Maulesel müssen wir auch kriegen.«

      »Ich bringe auch unseren Bernhardiner mit«, rief eins der Mädchen, und schon war eine neue großartige Nummer ausgedacht.

      Schließlich wurden Plakate entworfen. Leider konnte keines der Kinder zeichnen, sonst wären wohl gar zahlreiche unglaubliche Akrobatenkunststücke zu Papier gebracht worden. Doch die Kinder fanden, daß ihre Plakate trotzdem wunderbar wären.

      »Zu schade«, meinte Pommerle, »daß wir von unserem Wohltun den Eltern nichts erzählen dürfen. Doch Mutti meinte, man muß ganz still dabei sein.«

      »Nu freilich! Wenn wir vor unserem Hause stehen, mußt du ganz besonders laut schreien, Eva.«

      Am Abend machte Pommerle daheim allerlei geheimnisvolle Andeutungen. Am nächsten Sonnabend werde man in Hirschberg etwas sehr Großartiges und Schönes erleben. Die eigenartigsten Wünsche richtete die Kleine an die Eltern. Eine lange bunte Schleife, eine Zitrone, einen großen Hut, einen Sattel um darauf zu reiten, goldene Armbänder, und schließlich eine Klapperbüchse.

      »Nun sage mir nur noch, wozu du alles das gebrauchst?«

      »Um ganz im Geheimen wohlzutun.«

      Da Pommerle immer wieder zu Eva lief, hielt es Frau Bender für ratsam, einmal telephonisch dort anzufragen, was für eine große Sache am Sonnabend bei Graumanns geplant sei.

      »Meine liebste Frau Bender«, antwortete Frau Graumann, »ich habe bis heute noch keine Ahnung, doch meine vier Kinder sind völlig aus dem Häuschen. Man baut bereits ein Zelt, macht Sitzplätze, anscheinend haben sich die Schulklassen einen Spaß vorgenommen. Es scheint, als wollten meine beiden Buben eine Vorstellung geben. Mir hat man auch nichts Genaues gesagt, doch lasse ich die Kinder gewähren.«

      Am Sonnabendmittag war die Erregung Pommerles bis zum Siedepunkt gestiegen. Welch Glück, daß heute schon um zwölf Uhr die Schule schloß. Es war nicht mehr auszuhalten. Für fünf Uhr war die Vorstellung geplant, um zwei begann der Umzug durch Hirschberg, an dem sich nicht nur die drei Mädchen beteiligten, wie es anfangs geplant war, sondern auch die beiden Knaben von Graumanns wollten durch Trommeln die Aufmerksamkeit der Hirschberger erregen. Der große Bernhardinerhund war vor den Sportwagen gespannt, in dem Lotte Mürsel saß. Sie hatte das Feenkleid angezogen und sich noch mit allerlei bunten Ketten behängt. Leider war der Maulesel nicht geliehen worden. Als Ersatz diente ein Schaukelpferd, das man auf einen Wagen, der von zwei Knaben gezogen wurde, gestellt hatte. Auf diesem Schaukelpferd thronte, im Kostüm eines Indianers, einer der Mitwirkenden.

      Punkt zwei Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Man war zu dem Entschluß gekommen, vor den drei großen Papierfabriken zu blasen und tüchtig zu trommeln. Ebenso wollte man hinaus zur Kammgarnweberei ziehen, schließlich noch einige Villenstraßen aufsuchen, um dort die heutige Vorstellung anzukünden. Ins Innere der Stadt trauten sich die Kinder nicht. Es würde sich schon herumsprechen, und um fünf Uhr würde sicherlich zahlreiches Publikum zum Zirkus der Wohltätigkeit geströmt kommen.

      Die Leute auf den Straßen blieben stehen, als sie den Aufzug sahen. Voran zwei Knaben mit ihren Trommeln, es folgte der Hund mit dem Sportwagen, rechts davon das blasende Pommerle, links die tutende Eva. Nun wurde haltgemacht, denn die Kammgarnspinnerei Stadlers war erreicht. Aus Leibeskräften trommelten die Knaben, Pommerle blies so kräftig, daß es krebsrote Bäckchen bekam, und als man an den Fenstern die Gesichter der Arbeiter sah, die neugierig hinausschauten, erhob Eva Graumann ihre Stimme:

      »Ihr Leute kommt in Haufen,

       Zu uns gelaufen.

       Wir machen große Sachen,

       Es ist ganz toll zum Lachen,

       Damit die Leute Arbeit kriegen,

       Und Kranke sollen im Krankenhaus liegen!«

      Noch ehe sich der kleine Zug wieder in Bewegung setzte, stand Fabrikbesitzer Stadler vor ihnen. Er war mit Professor Bender eng befreundet und hatte Pommerle sofort erkannt.

      »Onkel Stadler, du mußt auch kommen«, rief Pommerle und blies ihm einen Tusch so heftig in die Ohren, daß Stadler hastig den Kopf umwandte. Die Kinder umringten ihn, schrien auf ihn ein, er möge seine Arbeiter zu ihnen schicken.

      »Wenn alle kommen, ist es billiger«, rief Fritz, »wir geben Ermäßigung.«

      »Wofür braucht ihr das Geld?«

      »Eva, sag noch mal den Vers.«

      Pommerle hob sich auf die Zehenspitzen und flüsterte in das Ohr des Fabrikbesitzers:

      »Man darf es ja nicht sagen, denn die rechte Hand soll nichts von der linken wissen. Wir sind der Zirkus für die Wohltätigkeit, weil es viele gibt, die hungern. Da wollen wir eine Lotterie machen und Zirkus spielen. Dann schaffen wir die Not aus der Welt, und es geht allen Leuten in Hirschberg wieder gut.«

      »Dann muß ich freilich kommen. Was kostet es?«

      Über den Preis hatte man noch gar nicht gesprochen.

      »Jeder recht viel«, meinte Pommerle. »Man muß so geben, daß man merkt, daß es ein Opfer ist. Sonst ist es nicht das Richtige. – Also komm, Onkel Stadler, und opfere. Doch nun müssen wir weiter.«

      Lachend schaute der Fabrikbesitzer dem eigenartigen Zuge nach. Professor Bender würde ein merkwürdiges Gesicht machen, wenn er seine Kleine im Schlapphut, geschmückt mit einer großen Schleife, sehen würde. Die Idee stammte sicherlich von diesem gutherzigen Kinde, das so gerne helfen wollte.

      An den Papierfabriken wurde wiederum haltgemacht. Wieder schauten viele neugierige Augen und lachende Gesichter auf die kleine Gesellschaft.

      »Ihr müßt alle kommen«, schrie Fritz, »keiner darf fehlen. Kommt in Massen, denn es geht um's Ganze!«

      Dann bog der Zug in die Villenvorstadt ein. Man kam aus den Häusern gelaufen, stand in den Vorgärten, lachte und lächelte über diesen sonderbaren Zug. Man hörte den Vers, und die Frau des Landgerichtsrat Wartenburg, die heute nachmittag einen Ausflug mit mehreren Damen geplant hatte, beschloß, anstatt nach dem Kreuzberg in den Zirkus zu gehen und die anderen Damen mitzubringen.

      So kam man auch ans Haus Benders.

      »Nu