Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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Gold, wenn ich es will. Behalte den Stein zum Andenken.«

      »Wird er auch Gold?«

      »Wenn du sehr artig bist, wird er zu Gold.«

      Pommerle betrachtete prüfend den Stein. Dann sah es den vermeintlichen Rübezahl ein wenig mißtrauisch an. »Bist du auch wirklich der Rübezahl?«

      Jule war mit langen Sätzen davongesprungen. Ihm war es in der Nähe des Berggeistes unbehaglich. So sah sich Pommerle allein und wurde ein wenig von der Angst erfaßt.

      »Mutti, – Mutti, – Jule, – – Ida!«

      »Hab mal keine Angst«, sagte der Berggeist, »ich tu' dir nichts. Nun mach, daß du fortkommst, ich will hinauf zum Kynast. Morgen muß ich auch wieder an der Arbeit sein.«

      Pommerle machte dem Berggeist einen artigen Knicks, dann lief es eiligst den Vorausgehenden nach. Im Herzen hatte es freilich die größten Zweifel über den Berggeist, auch über den Stein, der zu Gold werden sollte. So recht glaubte es nicht daran, zumal die Eltern immer wieder davon gesprochen hatten, daß der Rübezahl ja nur eine Sage sei. Und eine Sage sah nicht aus wie ein Mensch.

      Ganz anders der Jule. Der war seit dem Zusammentreffen mit dem harmlosen Touristen, der aus Lähn herübergekommen war, um dem Kynast einen Besuch abzustatten, gänzlich verstört. Er glaubte felsenfest daran, daß es Rübezahl gewesen war, daß er von dem Stein, den er erhalten hatte, noch manche unangenehme Stunde zu erwarten haben würde. Häufig rutschte ihm eine Unwahrheit über die Lippen. Wenn dann jedesmal der Stein geflogen kam, – – das konnte eine nette Geschichte werden.

      Pommerle berichtete von dem Rübezahl, von dem Geschenk, wurde aber von der Mutter und dem Ehepaar, das sich ihnen angeschlossen hatte, ausgelacht. Der Jule grollte. Wie konnte man über den Berggeist lachen; die Strafe würde nicht ausbleiben.

      »Das alles ist ja Quatsch, Jule. Wir wollen es mal versuchen. Wir schwindeln dem Rudolf was vor.«

      »Nein, Pommerle, beileibe nicht«, rief der Jule und hielt sich die Hand vor die Nase. »Du bist kein Schlesier, du bist ein Pommer, du kennst eben den Berggeist nicht. Ich aber kenne ihn genau!«

      Doch das kleine Mädchen war neugierig und schwindelte noch am gleichen Abend ein wenig.

      »Siehst du, Jule«, rief es triumphierend, »dein Stein fliegt mir nicht an die Nase. Dein Rübezahl ist eben doch nur eine Sage!«

      Bei der Rast, die man machte, um das Abendessen einzunehmen, saß der Jule mit leeren Händen da. Pommerle erzählte, daß der Jule sein Abendbrot dem Rübezahl gegeben habe und nun hungern müsse.

      »Mutti, das Reich hat doch gesagt, es soll keiner mehr hungern, auch der liebe Jule nicht. Wir müssen ihm was abgeben.«

      »Das hast du von deiner Torheit, mein Junge. Jener junge Mann, ich habe ihn auch gesehen, ist irgendein harmloser Handwerker oder Angestellter gewesen, der mit wenig Geld einen Sonntagsausflug machte. Da hat er sich den Spaß gemacht, dir dein Abendbrot abzuschwatzen. Dem schmeckt es jetzt gewiß, und du mußt leer ausgehen.«

      »Es war doch der Rübezahl«, grollte Jule.

      »Du müßtest mit deinen sechzehn Jahren schon klüger sein. Die Sage von Rübezahl ist gewiß etwas sehr Hübsches. Fast in jeder Gegend gibt es etwas Ähnliches. Doch der Rübezahl erscheint keinem Menschen. Wenn du diesen Aberglauben nicht ablegst, Jule, wirst du noch manchen Schaden erleiden. In Zukunft behalte dein Abendbrot und glaube nicht jedem, der sich einen Spaß mit dir macht und die Rolle des Rübezahl spielt.«

      Jule schwieg dazu. Er war nun einmal nicht davon zu überzeugen, daß der mächtige Berggeist nur in der Erzählung lebte. Es würde einmal der Tag kommen, an dem er allen Zweiflern beweisen würde, daß es wirklich einen Rübezahl gäbe.

      Auf der Ruine Kynast saß ein junger Wanderbursche; der packte mit strahlendem Gesicht die beiden Pakete mit den Butterbroten aus. Geld, um sich solch leckeres Abendessen zu kaufen, hatte der angehende Klempner nicht. Die Liebe zu den Bergen hatte ihn an diesem Sonntag hinausgetrieben.

      »Hab Dank, mächtiger Berggeist, der du meinem knurrenden Magen geholfen hast. Es schmeckt mir prächtig!« Herzhaft biß er in die Brote hinein.

      Kapitel 8.

       Sei treu und wahr

       Inhaltsverzeichnis

      Mit Tränen in den Augen betrachtete Pommerle die schöne Puppe. Schrecklich sah sie aus! Das weiße Kleid beschmutzt, die Haare zerrauft, sogar der eine Arm war ausgerissen. Gerade dieses Puppenkind hatte Pommerle stets mit besonderer Liebe gehütet. Weder Ida noch Karoline gingen schonend mit den Spielsachen um. Manches Stück war von den ungeschickten Händen der beiden Mädchen zerbrochen worden, und oft genug hatte Pommerle den Kindern Vorwürfe darüber gemacht. Heute morgen wurde es von Ida gebeten, die schöne große Puppe in den Garten zu bringen. Es war geschehen, dann war Pommerle von der Mutter abberufen worden und fand bei der Rückkehr diese Verwüstung vor.

      Weder von Ida noch von Karoline war etwas zu sehen. Die beiden waren anscheinend davongelaufen, hatten die Puppe achtlos ins nasse Gras geworfen, nachdem sie ihr den einen Arm ausgerissen hatten. Der erste Gedanke des kleinen Mädchens war, die Mutter aufzusuchen, um ihr von dem Unglück zu erzählen. Aber der Plan wurde nicht ausgeführt. Die Mutti hatte erst ganz kürzlich der klagenden Tochter gesagt, daß es nicht richtig sei, wenn Pommerle jede Untugend seiner kleinen Gäste berichte. Es solle die Kinder selber zur Ordnung anhalten und auf die Spielsachen achthaben.

      »Da soll ich nun achtgeben«, schluchzte Pommerle vor sich hin, »und soll Nachsicht üben, und was holen soll ich auch noch. – Ich gebe meine Puppe nicht mehr. Sie können mit Steinen spielen, denen können sie den Arm nicht ausreißen. – Du armes, liebes Kindchen, nun bist du krank, mußt zum Puppendoktor. Aber durchhauen will ich sie, wenn sie wiederkommen. – Die Ida macht alles kaputt!«

      Einen kleinen Tröster hatte Pommerle in seinem Leid, das war Schnapp, der Hund, den Pommerle eines Tages heimgebracht hatte, weil man das Tierchen wegen seiner Häßlichkeit ertränken wollte. Nun war Schnapp durch die gute Pflege im Benderschen Hause gar nicht mehr so struppig, sein Fell glänzte, denn Pommerle bürstete den geliebten Schnapp alltäglich.

      »Siehst du, Schnapp, du hast Prügel gekriegt, wenn du was kaputt machtest, nun bist du erzogen. Aber die Ida und die Karoline sind nicht erzogen. Sie sind ungezogen. Sieh doch, lieber kleiner Schnapp, unser Kindchen ist krank.«

      Schnapp rieb seine Schnauze an dem Puppenkind, er schien Pommerles Jammer zu verstehen. Mit seinen guten treuen Augen blickte er zu dem Kinde auf, und als Pommerle noch immer schalt, bellte Schnapp kräftig mit.

      Eine halbe Stunde später kamen Ida und Karoline in den Garten zurück. Sie waren erhitzt vom raschen Laufen. Unordentlich hingen beiden die Haare um den Kopf. Idas Kleid wies außerdem einen langen Riß auf.

      »Der Schnapp, der Schnapp!« rief Ida, brach von einem Strauch einen langen Zweig ab und ging damit neckend auf den Hund los. Zunächst knurrte das Tier nur unwillig, als aber Ida dem Schnapp immer wieder mit dem Zweig einen Schlag versetzte, kläffte sie der Hund ungnädig an.

      »Du freches Vieh!«

      Pommerle kam aus der Laube, noch war sein Gesichtchen zornig gerötet. Es hielt Ida die Puppe hin.

      »Was hast du mit meinem Kinde gemacht?«

      »Ich? – Gar nichts!«

      »Du hast meine Flora ins nasse Gras geworfen und ihr dann noch einen Arm ausgerissen. Du hast auch mein Schiff zerbrochen und den Kaufladen. Ich gebe dir nie wieder meine Puppe.«

      »Ich hab' gar nichts gemacht!«

      »Wer hat ihr denn dann den Arm ausgerissen?«

      »Das wird wohl der Hund gewesen sein.«

      Pommerle stutzte. Fragend richtete es die Blicke auf Schnapp. Hatte der Hund nun verstanden, daß man etwas